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Das Zwölf-Stunden-Blitzturnier 2006

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Kein Italiener stoppt Loek van Wely

Niederländer setzt sich gegen Carabinieri und Riff durch; Hattrick beim Kuppenheimer 12-Stunden-Blitz

Bericht von FM Hartmut Metz

 

   Beim 12-Stunden-Blitzturnier in Kuppenheim hat Loek van Wely erneut seine Klasse unter Beweis gestellt: Beim 18. Sparkassen-Cup lag der niederländische Meister sowohl nach den 49 Partien mit 43 Punkten vorne wie in den anschließenden Play-off-Duellen. Doch auf dem Weg zum Hattrick steckte van Wely häufiger in Schwierigkeiten, als ihm lieb sein konnte – aber weniger in den Partien. Seine schärfsten Widersacher waren einige Italiener, die den Tilburger um Mitternacht aus dem Internet-Raum des Olympischen Dorfes vertreiben wollten. Er nahm 489 Kilometer entfernt von Turin aus über den Server www.schach.de (externer Link) teil. Nichts Ungewöhnliches für ihn, hatte der ehemalige Top-Ten-Großmeister doch im Vorjahr in New York sitzend Platz eins beim Sparkassen-Cup verteidigt.

   Die zunächst hartnäckigen Gastgeber der Schach-Olympiade in Turin hielt der schlagfertige van Wely bis 3.30 Uhr bei Laune. „Die Carabinieri wollten schon schießen“, ulkte der Spaßvogel und setzte fort, „dann schauten mich die Polizisten bedenklich an, ehe sie sich unter Katzenjammer verzogen.“ Eine kleine Bestechung hilft im italienischen Sport immer: „Ich habe allen eine Einladung in die Bar versprochen, wenn ich das Turnier gewinnen sollte“, berichtete der 33-jährige Schelm. Die Einladung steht nun aus, obwohl der Mannschafts-Europameister nach zehn Stunden eine weitere kritische Situation zu überstehen hatte. Just als sich der Topfavorit mit dem Franzosen Jean-Noel Riff ein Kopf-an-Kopf-Rennen lieferte, brachen die Leitungen in der Wörtelhalle zusammen. Rund 45 Minuten dauerte es, bis van Wely wieder online spielen konnte. Dank einer längeren Pause verlor der Führende nur zwei Partien kampflos gegen Karl Muranyi und ausgerechnet Riff.

   Weil der Titelverteidiger zu diesem Zeitpunkt aber schon eine Hand voll Punkte mehr als der Fünfte auf seinem Konto verbucht hatte, fiel dies kaum ins Gewicht. Schließlich qualifizierten sich vier der 74 Teilnehmer für die Play-offs. Nach der Vorrunde (24:1 Punkte) wie nach weiteren 23 Partien in der A-Gruppe lag van Wely mit insgesamt 43:5 Zählern in Front. Riff kam auf 41,5 Punkte, dahinter folgten Yannick Gozzoli (39) aus Marseille und der Eppinger Bundesligaspieler Maximilian Meinhardt (38,5) vor den Franzosen Cyril Marzolo und Patrice Lerch (je 37,5). Platz sieben teilten sich Ahmed Wahedi und Karl Muranyi (37), die beide für Nied antraten. Überraschend chancenlos blieben die Großmeister Wladimir Gurewitsch (Bochum/35) als Neunter und Michail Iwanow (Bad Mergentheim/30,5) auf Rang zwölf.

   Im Halbfinale schaltete van Wely nach einem Remis Meinhardt mit 1,5:0,5 aus. Im Endspiel unterlag Riff trotz einer Führung mit 1:2. Zuvor hatte der französische IM gegen IM Yannick Gozzoli dreimal remisiert. Weil Riff in der Gruppe A Platz zwei belegt hatte, reichte ihm das dritte Unentschieden. In der dritten Final-Partie musste dafür Riff unbedingt ein Remis vermeiden, weil ansonsten die 1.000 Euro (inklusive eines Chessbase-Softwarepakets) an den Vorrundensieger gefallen wären. Die dritte Partie verlief jedoch einseitig zugunsten von van Wely. Erfrischt durch den Hattrick nahm er all die Aufregung mit Humor: „Etwas mehr Spannung war gut für das Kuppenheimer Blitzturnier!“

    Das fand auch Meinhardt. Der angehende IM freute sich, „dass ich mit Schwarz keine Partie gegen van Wely verlor“. Nach dem Erfolg in der A-Gruppe über den Tilburger „lief es plötzlich“ für den Eppinger, der sich auch nicht durch die „Anstrengung bei meiner ersten Teilnahme in Kuppenheim“ bremsen ließ. Ein noch größeres Hemmnis offenbarte Gozzoli, der schon nach der Vorrunde Ausschau nach einer Kopfschmerztablette gehalten hatte, aber keine auftreiben konnte. „Insofern kann ich sehr zufrieden sein“, befand der IM aus Marseille. Im Halbfinale hatte er Beißhemmungen. „Das war am schwierigsten, weil ich gegen meinen Freund und Trainingspartner antreten musste. In der dritten Blitzpartie musste ich gewinnen, aber das ging nicht mehr bei nur noch Dame, Läufer und drei Bauern. Für Jean-Noel freute mich allerdings auch der Finaleinzug! Er besaß noch mehr Energie als ich und hatte Chancen gegen Loek.“

   Der angesprochene Riff tröstete sich direkt nach der 1:2-Niederlage („So ist eben das Spiel“) mit seiner Verbesserung gegenüber 2005. „Vor einem Jahr belegte ich Platz sechs, diesmal bin ich Zweiter.“ Die Silbermedaille bescherte ihm 350 Euro. Ein wenig nagte dennoch die verpasste Gelegenheit, nachdem Riff die Führung mit einer kurz nach vorne gestoßenen Faust bejubelt hatte. In der zweiten Begegnung schien der IM aus Mulhouse mit Schwarz das Unentschieden vor Augen zu haben. „Ich hätte nur noch abwarten müssen. Loek hätte nichts mehr machen können, doch dann wollte ich das Remis forcieren“, berichtete der Franzose vom fatalen Moment, bei dem er im Endspiel die Qualität opferte.

   Die Mannschaftswertung gewann König Nied in der Besetzung Jochen Wege, Ahmed Wahedi, Oliver Uwira und Karl Muranyi souverän mit 128,5 Punkten. Auf den Plätzen kamen der elsässische Erstliga-Klub Bischwiller (107) und SV 1929 Raunheim (73) ein. Angesichts einer zweiten Teilnehmerin neben der Dortmunderin Bettina Rostek, die Stammgast in Kuppenheim ist, konnte diesmal auch ein Damenpreis ausgesetzt werden: Laurie Delorme aus dem französischen Creteil wurde mit 21,5 Punkten Siebte in der C-Gruppe. Natürlich erhielt die nur um einen halben Zähler geschlagene Rostek ebenso einen Preis!

   Bester Mittelbadener war Ansgar Vollmer. Der Vimbucher belegte in Gruppe B Platz 16. Bei dem Kopf-an-Kopf-Rennen an der Spitze setzte sich dort der Bischwillerer Etienne Mensch (35) vor dem Böblinger Thilo Kabisch (Böblingen/34) und dem badischen Urgestein Hajo Vatter (Slavija Karlsruhe/33) durch. Außerdem kam Gustavo Herrera (Luzern/31,5) als Vierter auf mehr als 30 Zähler. Herrera war zusammen mit Vladimiro Paleologu angereist. Der Luzerner hatte in der Schweiz und dem angrenzenden Italien fleißig für das 12-Stunden-Blitz geworben, so dass auch noch Gabriele Botta und die Mailänder Pedro Pace, Angelo Damia sowie Angelo Salmoiraghi den weiten Weg nicht scheuten. Damia (35) belegte in der A-Gruppe den respektablen neunten Platz mit Gurewitsch zusammen. Paleologu (28,5) überzeugte durch Rang 16.

   Mit der Teilnehmerzahl zeigte sich Rochade-Präsident Alexander Hatz unzufrieden. Einst waren bis zu 159 Spieler nach Kuppenheim gepilgert. Aus dem Bezirk war fast niemand dabei. Die an einer Hand abzuzählenden Mittelbadener müssen künftig stärker umworben werden. Der Negativrekord von 72 Startern in der Geschichte des Sparkassen-Cups wurde am Freitagabend nur dank zweier Akteure mehr vermieden, nachdem einige angekündigte Akteure doch nicht kamen. Dennoch lag der Preisfonds dank der Sponsoren Sparkasse, Chessbase und Edition Olms wieder bei fast 3.000 Euro – bei Startgeld-Einnahmen von lediglich knapp 1.300 Euro. Den Löwenanteil davon verleibte sich van Wely ein, der sich am Sonntag gut erholt von dem zwölfstündigen Marathon-Kampf am Brett und gegen die Carabinieri zeigte. Zum Auftakt der Schach-Olympiade in Turin verfolgte der niederländische Spitzenspieler das 4:0 des Europameisters über die Färöer-Inseln. Ein Italiener hatte ihn aber doch während der Blitz-Nacht kurzzeitig ausgebremst. Der befand sich aber glücklicherweise in Kuppenheim: Pedro Pace aus Mailand schlug im fünften Durchgang als einziger in der Vorrunde den Weltranglisten-52. Danach wusste allerdings van Wely, wie man sich aller Attacken der Mannen vom Stiefel erwehrt ...

 

Die Sponsoren:
 

Sponsor Sparkasse Gaggenau-Kuppenheim

 

Sponsor Chessbase

 

Sponsor Edition Olms

 

 

Loek van Wely

Dreifacher Online-Gewinner:
KingLoek Loek van Wely.

 

12-Stunden-Blitzturnier Kuppenheim

Fotos

Die Vorberichte

 

Tournament report in English

 

Endstand Gruppe A (48 Runden)

1. Loek van Wely (Niederlande) 43 Punkte, 2. Jean-Noel Riff 41,5, 3. Yannick Gozzoli (beide Frankreich) 39, 4. Maximilian Meinhardt (Eppingen) 38,5, 5. Cyril Marzolo, Patrice Lerch (beide Frankreich) je 37,5, 7. Karl Muranyi, Ahmed Wahedi (beide Nied) je 37, 9. Angelo Damia (Italien), Wladimir Gurewitsch (Bochum) je 35, 11. Josef Gheng (Böblingen) 33,5, 12. Michail Iwanow (Bad Mergentheim), Anatoli Dontschenko (Sömmerda) 30,5, 14. Jochen Wege (Nied), David Ortmann (Böblingen) je 30, 16. Vladimiro Paleologu (Schweiz) 28,5, 17. Frank Bellers (Rhede) 25,5, 18. Alain Genzling (Frankreich), Eric Lutz (Gernsbach) je 25, 20. Pedro Pace (Italien) 24, 21. Thomas Ahner (Lindenberg), Arnaud Helstroffer (Frankreich), Frank Drill (Raunheim) je 22, 24. Efim Brants (Karlsruhe) 21,5.

 

Endstand Gruppe B (47 Runden)

1. Etienne Mensch (Frankreich) 35, 2. Thilo Kabisch (Böblingen) 34, 3. Hajo Vatter (Slavija Karlsruhe) 33, 4. Gustavo Herrera (Schweiz) 31,5, 5. Jens-Uwe Schmidt (Lahr) 28,5.

 

Endstand Gruppe C (48 Runden)

1. Volker Widmann/Stefan Schork (Hockenheim/Untergrombach) 27,5, 2. Gabriele Botta (Schweiz) 27, 3. Lorenz Hartmann (Heitersheim) 26,5, 4. Frederic Bauer (Frankreich) 26, 5. Ruslan Rogatschewskij (Caissa Rastatt) 23.


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