Startseite Rochade Kuppenheim

Die Meistermacher

von Robert Miklos, März 2002

zu den Schachtexten

 

   Es war ein kalter Sonntag, früh morgens kurz nach acht. Während die meisten Schachspieler sich nochmals im Bett umdrehten und von schönen Mattbildern weiterträumten, überwanden vier unerschrockene Kuppenheimer den inneren Schweinehund, um sich bei den Badischen Mannschaftsblitzmeisterschaften in Oberwinden gegen die Besten Badens zu messen. Oberwinden? Liegt etwa 30 Kilometer vor Freiburg, nördlich von Unterwinden. Die Mannschaft war "ausgeglichen" besetzt: Zwei Oberliga-Spieler (Hubert Schuh, Velimir Kresovic) und zwei Landesliga-Spieler (Reinald Kloska, Robert Miklos) waren mit von der Partie. Mit dieser Aufstellung wurde im Vorfeld ein knapp einstelliger Tabellenplatz erhofft. Vor Ort stellte sich dann heraus, dass viele der besseren Mannschaften nicht dabei waren (und keine sonstigen aus Mittelbaden) - und falls doch, waren sie nicht in Bestbesetzung. Wir ja auch nicht ...

   Es fing gar nicht schlecht an: Oberliga-Konkurrent Konstanz wurde mit 3:1 besiegt, die nächsten drei Frühaufsteher mit 2,5:1,5. Einen ersten Dämpfer gab es von Slawija Karlsruhe mit Hajo Vatter an eins. Waldkirch, Walldorf und Untergrombach 1 durften jeweils einen Punkt mitnehmen. Dafür besiegten wir Ubach 2 und kamen kurz vor der Mittagspause richtig in Fahrt mit zwei 4:0-Siegen.

   Die Mittagspause: Zeit zu essen und die Einzelergebnisse zu bilanzieren. Hubert Schuh hatte schon auf der Hinfahrt die persönliche Messlatte reichlich hoch gesteckt: 80% wollte er holen! Mit neun Siegen und zwei Verlusten lag er in etwa auf Kurs. Velimir hatte für seine 5,5 Punkte nur einen lakonischen Kommentar übrig: "Oh je" ... Reinald hatte auch 5,5 und war gleichfalls eher nicht zufrieden, Robert mit 8,5 hingegen schon.

   Das angebotene Essen (Schnitzel mit Spätzle oder Brot zum akzeptablen Preis) war in Ordnung, unsere Leistungen danach nicht. Die Gegner waren nicht schlecht, muss man noch dazu sagen: Eppigen, mit GM Schmaltz an eins, wäre aber zu schlagen gewesen, wenn das letzte Brett seine vielfältigen Vorteile auf dem Brett und auf der Uhr ausgenutzt hätte. Hat es aber nicht, so gabs ein 1,5:2,5. Freiburg 1887 machte es genauso, Hockenheim und Dreisamtal nahmen immerhin nur einen Mannschaftspunkt mit. Ein kurzes Zwischenhoch mit 3:1 gegen Leimen und 3,5:0,5 gegen SW Freiburg wurde durch Simmersfeld jäh gestoppt: Unsere höchste Niederlage, 1:3, gegen einen Gegner, von dem keiner was gehört hatte. Vorher. Dann gab es nur noch Siege - bis auf das Spiel gegen Chaos Mannheim, die zwei Punkte mitnahmen, weil das letzte Brett eine Simultanvorstellung zuließ: Matt und Plättchenfall im gleichen Moment, beides für den Gegner. Oh je.

   Und dann war da noch das Spiel in der letzten Runde. Wir standen auf Platz sechs (eigentlich nicht schlecht, oder?) und mussten noch gegen den Tabellenersten Heidelberg- Handschuhsheim spielen. Konstanz (das waren die aus der ersten Runde, die kein Land gegen uns gesehen hatten) war punktgleich mit uns bei deutlich schlechterer Brettpunktzahl. Gegen die Oberliga-Truppe aus Heidelberg mit Solomunovic an eins rechneten wir uns kaum was aus, nach wenigen Minuten aber hatte das letzte Brett gewonnen. Es sah trotzdem sehr schlecht aus: Die ersten zwei Bretter gingen allmählich um und an drei hatte Reinald einen Turm weniger. Zum Glück waren noch Damen und Bauern dabei, so dass er mit besserer Zeit noch was probieren konnte. Und er schaffte es sogar noch zu gewinnen! Das war die Entscheidung um den Titel, Heidelberg rutschte auf Platz zwei ab und machte den ersten Platz frei für Eppingen. Herzlichen Glückwunsch!

   Die Kuppenheimer Leistung war mittelprächtig, die Einzelergebnisse extrem: Vorne und hinten wurde deutlich mehr gepunktet als in der Mitte: Hubert Schuh kam in 28 Spielen auf sehr gute 22,5 Punkte, das sind 80,36%, das Ziel wurde also knapp überschritten. Velimir Kresovic erspielte 14,5 Punkte und haderte öfter mit seiner Zeiteinteilung und mangelnden Konsequenz bei der Vorteilsumsetzung. Reinald Kloska machte es ein bisschen besser mit 15,5 Punkten, zufrieden war er nicht. Robert Miklos sammelte 20,5 Punkte, in einigen entscheidenden Spielen war mehr drin.

   Der Spielort  und die Spielbedingungen waren hervorragend. Das einzige Manko war die Luft, drinnen ein bisschen zu warm und stickig, im Vorraum deutlich zu verraucht und draußen 15 Grad zu kalt. Es war wirklich kalt und windig draußen. Und deprimierend für Schwarzspieler, da von oben sporadisch Unterstützung für den Gegner in Form kleiner weißer Figürchen runterkam. Einen Preis haben wir übrigens auch noch bekommen, wir durften uns für 30 Euro etwas vom Schachverlag Dreiländereck aussuchen. Die Wahl fiel auf ein Buch und ein Reiseschach, beide gehen an den Verein für Preise in den nächsten Vereinsturnieren.


zur Artikelübersicht