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Lorenz,M (1887) - Mendel,M (1659) [A13]
76. Schachkongress G (8), 25.04.2003
[M. Lorenz]
Wie gewinnt man, wenn man gewinnen muss? Die Frage ist so alt wie, warum
tut sich der Spieler an Brett 8 so schwer, wo er doch den leichtesten Gegner
hat? Bis zur 6. Runde des Haupturnier 2 fand ich auf jeden Fall kein
Gewinnrezept. Da ich annahm, inzwischen weiss jeder, ich spiele Englisch,
entschloss ich mich erstmals in einer ernsthaften Partie zu
1.Sf3!
Sf6
2.c4
e6
3.b3
d5
4.Lb2
Sbd7
5.g3
c6
6.Lg2
Le7 Diesen Aufbau
pflegt auch Reinald Kloska zu spielen. Hart wie Beton, aber man ist vor schwarzen
Überraschungsangriffen für die nächsten 10-20 Züge sicher.
7.0-0
Dc7
8.Dc2
dxc4?! Der erste
Hauch von Aktivität, kein Fehler, aber ein bisschen ungenau. Die halboffene
b-Linie und der Hebel a2-a4-a5 bieten Weiss Möglichkeiten am
Damenflügel
9.bxc4
e5
10.d3
0-0
11.Sbd2
Te8
12.Lc3
b6 Der schwarze Aufbau
sieht eigentlich vernünftig aus, aber schon in ein paar Zügen
offenbaren sich die Schwächen
13.Db2
Lf8
14.a4
Tb8
15.Tfb1
Lb7
16.Dc2
c5
17.Sh4! Die wirklich
guten Positionspieler mögen mir meine Ausrufezeichen nachsehen! (und
meine Kinder mögen mir den Springer am Rand verzeihen). Nicht immer
gelingt mir so ein planvolles Spiel. Sf3-h4 ist gegen e5-e4 gerichtet, der
einzigen schwarzen Möglichkeit auf Gegenspiel, ausserdem schafft der
Abtausch der weissfeldrigen Läufer Felderschwächen im schwarzen
Lager 17...Lxg2
18.Sxg2 Der Springer
kommt nach e2-e4 und Sg2-e3-d5 wieder ins Spiel
18...g6 Markus
Mendel mochte sich nicht kampflos meinem Spiel am Damenflügel ergeben.
So klappt er doch noch das Visier herunter und legt die Lanze auf mich an.
19.a5
Sh5
20.e4
f5
21.exf5
gxf5
22.Se3
f4
23.Sd5
Dd6 Hartmut Metz
war gerade bei der Arbeit und kam an meinem Brett vorbei. Seinem breiten
Grinsen von einem Ohr zum anderen entnahm ich, dass Weiss gute Aussichten
hatte 24.axb6
axb6
25.Se4
Dg6
26.Ta7 Mit Freude
betrachtete ich die Aktivität meiner Figuren
26...fxg3
27.fxg3
Sdf6 Der erste Bauer
fällt jetzt schon aus dem schwarzen Korsett
28.Sexf6+
Sxf6
29.Txb6
Txb6
30.Sxb6
e4! Der für
mich stärkste Zug von Markus Mendel in dieser Partie, ich hatte ihn
nicht kommen sehen! Und es beschlich mich leichtes Unbehagen, zu oft hatte
ich in den Runden zuvor vorteilhafte Stellungen wieder weggeschmissen. Ich
tröstete mich mit der Zuversicht, ich werde die jetzt möglichen
Verwicklungen sicher besser analysieren als mein Gegner. Man mag sich als
Hauptturnierspieler noch so lange mit Eröffnungen oder Endspielen
beschäftigen, die meisten Partien werden durch inkorrekte
Variantenberechnung entschieden - oder wie Michael Zunker zu sagen pflegt:
"Der mit dem vorletzten Fehler gewinnt"
31.Lxf6 [ auf
31.dxe4
Txe4 wollte ich mich nicht
einlassen, ohne die Folgen genau berechnen zu können]
31...Dxf6 [ auf
31...exd3 plante ich
32.Dc3?? ( richtig
ist 32.Df2
d2
33.Dxd2
Dxf6 Shredder)
worauf Shredder nachweist, dass Weiss nach
32...Te2 verloren ist,
gegen Dg6-e4-g2 oder e3-e2 ist kein Kraut gewachsen]
32.Sd5
Dd4+
33.Df2 es droht Sf6+
oder Df7+ nebst matt
33...Dxf2+
34.Kxf2
Lg7
35.Se7+! [ Seit
30...e4! war mir die Kontrolle über das Spiel entglitten und ich dachte
lange über 35.dxe4
Txe4 und;
35.Ke2 nach, die mich
nicht zufrieden stellten, bis ich mich an Helmut Reefschlägers Anweisung
erinnerte, lieber nach Kandidaten zu suchen als lange Zeit Varianten zu berechnen
-- und ich fand ihn, den Kandidaten 35. Se7+!, bei dem mir, als ich ihn einmal
gefunden hatte, schnell klar wurde, dass er die Partie gewinnt]
35...Kf8 [
35...Kh8
36.dxe4
Lf8
37.Sd5
Txe4
38.Txh7+
Kxh7
39.Sf6++- ]
36.Sf5
Ld4+
37.Sxd4
cxd4 Jetzt hatte
ich alles im Griff. Seit mir meine Partie vom Mannschaftskampf gegen Lahr
II am Clubabend zerissen wurde (siehe "Humor" auf der Heimatseite), habe
ich keine Angst mehr vor gegnerischen Freibauern in Turmendspielen. Ich habe
gelernt: schlagen und auf vier zählen, man sehe
38.Txh7
schlägt und eins 38...exd3 39. Th8+ zwei 39... Ke7 40. Txe8+ drei
40... Kxe8 41. Ke1 vier -- und gewinnt!
38...Te6 Mendel
machte noch ein paar Züge bis wir beide sicher über der Zeitkontrolle
waren und gab dann auf
39.Ke2
Te5
40.dxe4
Txe4+
41.Kd3
Te1
42.Kxd4
Td1+
43.Kc5 In der
Schlussrunde gelang mir noch (allerdings mit dessen freundlicher
Unterstützung) ein Erfolg über den an Nr. 1 gesetzten Gisbert Dickel
von Chaos Mannheim, so dass ich mit 6 aus 9 am Ende gut bedient war. 1-0 |