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Badischer Schachkongress aus Sicht von Wolfgang Gerstner

REO - 10 Jahre Rochade


Rochade Express, Nr. 36, Seite 17f, "Badischer Schachkongress"

   Auf Grund des ungünstigen Termins fanden sich gerade zehn Schachrecken, die die Meisterschaft von Baden unter sich ausmachen woll-ten1und von diesen waren auch nur fünf regelgerecht qualifiziert. So wurden als Favoriten Schuh und der enorm verbesserte Kurz gehandelt, wahrend man Pfrommer, Herbrechtsmeier und mir gute Chancen einräumte.

   Beflügelt durch meinen Turniersieg eine Woche zuvor in Bargteheide rechnete ich mir auch einiges aus1und so trat ich Herbrechtsmeier optimistisch entgegen. Mit einem feinen Qualitätsopfer zerstörte ich auch bald seinen Angriff und ergriff die Initiative. Doch eine Ungenauigkeit ließ ihn ins Remis entkommen.

   Eigentlich war das schon die psychologische Vorentscheidung, denn ich kotete es nicht verwinden, dass ich eine Stellung, die ich eine Woche zuvor sicher gewonnen hätte, auf einmal vergurkte, und anstatt jetzt ruhig meine Chancen abzuarten, wollte ich die Entscheidungen sofort herbeiführen. Darunter litten insbesondere meine Rechengenauigkeit und objektive Stellungsbeurteilung.

   So spielte ich zunächst miserabel gegen Beikert, dem ich mit viel Glück ins Remis entkam. Gegen Schneider spielte ich in besserer Position Vabanque und hatte Glück, dass er einen Zwischenzug übersah, der mir die Qualität und in der Folge die Partie sicherte.

   Ganz schlecht behandelte ich meine Stellung gegen Villing, nämlich völlig planlos, und sah mich bald einem vehementen Angriff ausgesetzt. Doch Villing übersah die Gewinnfortsetzung und ließ mich in ein Dauerschach entkommen.

   Gegen Kurz schien ich mich gefangen zu haben, denn problemlos erreichte ich mit Schwarz gutes Spiel. Kurz versuchte ein Bauernopfer, das verfehlt war1aber von mir korrekt gemacht wurde. So fuhr ich statt eines vollen Punktes eine Null ein.

   Verärgert setzte ich nun gegen Pfrommer alles auf eine Karte und inszenierte einen Angriff, der nur ein Strohfeuer war. Pfrommer jedoch war beeindruckt und wickelte schnell ins Remis ab, anstatt zu gewinnen.

   Auch in der nächsten Runde blieb mir wenigstens das Glück treu, ja es wurde sogar unverschämt, denn dank meiner miserablen Verteidigung besaß Schlenker die Möglichkeit mich dreizügig zu mattieren, aber er wickelte in ein verlorenes Endspiel ab. Zu allem Überfluss fiel mein Blättchen zwei Sekunden nach der Zeitkontrolle.

   Stelzer rannte dann blind in eine Falle, die mir einen satten Mehrbauern brachte. Doch mir gelang es, mich diesmal die Partie zu verderben, aber Stelzer gab das Kompliment zurück, Einem sicheren Remis zog er den Verlust vor.

   Aber wer geglaubt hatte, dass dies die Krönung war, sah sich getäuscht denn gegen Schuh stand ich genau so lange auf Gewinn, bis ich ein primitives Läuferopfer auf h2 zuließ, das noch jeder Kreisligaspieler gesehen hätte.

   Und das Fazit? Obwohl ich so schlecht wie schon lang nicht mehr die Klötzchen über die 64 Felder schob, wurde ich Vierter der badischen Meisterschaft. Eigentlich eine Unverschämtheit, aber die anderen sollen nicht schlechter gepatzt haben. Insgesamt betrachtet war es die niveauschwächste Meisterschaft seit langer Zeit, und ich tat leider meinen Teil dazu.

Was wäre Baden ohne seinen Saffran?

   Als ich zu Beginn des Badischen Schachkongresses im Turniersaal eintraf, stand auf der Namensliste der Meisterschaft von Baden: Wolfgang Gerstner, SG Baden-Baden, Ingo ca. 70. Ewas überrascht lenkte ich meine Schritte zum Standort des Turnierleiters, wo ich Informationen bezüglich dieser eigenartigen Meldung einholen wollte.

Ich: Herr Saffran, haben Sie schon einmal die Namensliste betrachtet?
Saffran: Wieso, was steht denn da?
Ich: Wolfgang Gerstner, SG Baden-Baden, Ingo ca. 70.
Saffran: Und, stimmt daran etwas nicht?
Ich: Außer meinen Namen nichts. Wie kommen Sie denn auf meine seltsame Ingozahl?
Saffran: Ganz einfach, im alten Ingospiegel wird sie mit 81 angegeben, im neuen mit 59. Das schien mir doch zu wenig und so habe ich beide Zahlen gemittelt.
Ich: Aha, aber wieso spiele ich denn für Baden-Baden? Mit denen habe ich noch nie etwas zu tun gehabt.
Saffran: Eh! (kurze Pause) Ach ja, du spielst doch für die Rochade Kuppenheim.

   Nachdem ich den armen Mann über seinen geringfügigen Fehler aufgeklärt hatte, trat ich beruhigt den Rückzug an. Im Übrigen wird es niemanden überraschen, dass tags darauf auf meinem Namensschild stand: Wolfgang Gerstner, SG Baden-Baden.


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