Rochade Express, Nr. 42, Seite 4ff, "Aufstieg ohne Aufstieg"
Ich hatte es also geschafft: Ohne einmal regulär bei einem Badischen Schachkongress aufzusteigen - sieht man einmal von meinem einzigartigen Triumph in dem Allgemeinen Turnier 1982 ab - stand ich nun ganz oben: in der Badischen Meisterschaft. Als Dritter stieg ich 1982 ins Hauptturnier auf. Dort wollte mir der Aufstieg nie gelingen. Die Konkurrenz war zu stark und mehr als ein vierter Rang sprang nicht heraus. So blieb mir keine andere Möglichkeit, als 1985 mittelbadischer Meister zu werden. Drei Jahre lang hielt ich mich mehr recht als schlecht im Meister B. Dank meiner INGO-Zahl spülte es mich 1989 in Kehl wieder eine Klasse höher. Doch als Vierter schrammte ich haarscharf am Aufstieg vorbei. Dennoch berechtigte mich diese Platzierung zusammen mit dem Badischen Pokalsieg wieder eine Kategorie nach oben zu kommen. Nach achtjähriger Leidenszeit war der vorläufige Gipfel des Aufstiegs ohne Aufstieg erklommen.
In dem zehnköpfigen Elitefeld, das vornehmlich aus Zweitligaspielern bestand, kannte ich nur ein Ziel: den Klassenerhalt. Glaubte man den vermeintlichen Experten, waren Claus Fohler vom Landesligisten Forst, Harald Doderer (SK Durlach, Verbandsliga) und ich sicher zum Abstieg verdammt. Davon spürten aber Claus und ich zu Beginn recht wenig. Munter mischten wir in der Spitzengruppe mit! Claus noch mehr als ich.
In der ersten Partie traf ich gleich auf den damals amtierenden Badischen Meister Eugen Kurz - ein brisantes Duell, war ich doch zu diesem Zeitpunkt doch noch Badischer Pokalsieger. Nach anfänglichen Schwächen, ich hatte zu viel Respekt vor meinem Kontrahenten, spielte ich plötzlich munter mit und erarbeitete mir eine gute Position. Im Endspiel vergeigte ich diese umgehend. Kurz, der schon einige Schachbücher herausgegeben hat und für das ZDF über die nächste Schach-Weltmeisterschaft berichtet, ließ sich danach auch nicht lumpen und revanchierte sich mit einem Fehler, der zum Remis führte.
In der zweiten Runde traf ich auf den Theorie-Experten Christoph Herbrechtsmeier. Der Zähringer verliert nur selten. Sein Manko ist es aber, dass er selten gewinnt. Da ich Christoph von mehreren Blitzduellen her kannte, wusste ich, dass er die Schallopp-Verteidigung gegen mein Königsgambit wählen würde. So konnte ich mich auf ihn vorbereiten.
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Metz - Herbrechtsmeier Badischer Schachkongress 1990
1.e4
e5
2.f4
exf4
3.Sf3
Sf6
4.e5
Sh5
5.Le2
g5
6.0-0
Angenehm ist es, wenn man sich vorbereiten kann und die Theorie kennt. Mein Gegner überlegte schon 29 Minuten - 29 mehr als ich.
6...Sg7!?
Das brachte mich ins Grübeln, wich mein Kontrahent doch von der Hauptvarinante ab.
7.d4
d5
8.c4
c6
9.Sc3
[ Möglich ist auch 9.cxd5
cxd5
10.Sc3
und 10...Lb4
scheitert an 11.Sxg5!
Dxg5
12.Sxd5
La5?!
13.Sf6+
und auf 13...Kf8
gewinnt 14.Dc2
sofort.]
9...Lb4
10.cxd5
Lxc3
11.bxc3
cxd5
12.La3
Mir fehlte ein geeigneter Plan und so bot ich aus Respekt die Punkteteilung an, die Herbrechtsmeier sofort akzeptierte. Wie mein Gegner in heimischer Analyse heraus fand, stand ich ausgezeichnet. 12..Sc6 13.Tb1 h6 14.Lb5 Ld7 15.Lxc6! Lxc6 16.e6! fxe6 17.Se5 und es droht ganz schlicht g3. Schwarz besitzt zwar zwei Mehrbauern, kann sich aber kaum rühren.
1/2-1/2
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Aus diesem verschenkten halben Punkt zog ich keine Schlüsse: Bedingungslos spielte ich gegen meine "übermächtigen Gegner" auf ein Unentschieden. Gegen Christoph Pfrommer (Karlsruhe) fiel mir dies leicht. Er wählte eine der wenigen Varianten, die ich auswendig weiß.
Ungewöhnliches tat sich in meiner Partie gegen Peter Zuse, der in der Bundesliga für den Heidelberger SK die Klötzchen schwingt. Mein obligatorisches Remisangebot lehnte er ab. Danach wartete ich darauf, bis einige Fans aus Kuppenheim zur Stelle waren, ehe ich
Zuse mit einem Damenopfer erledigte.
Nach dieser feinen Partie lag ich urplötzlich an dritter Stelle hinter Titelverteidiger Kurz und dem "sicheren Absteiger" Fohler. In der fünften Runde versäumte ich es, mich endgültig nach oben abzusetzen - allerdings beließ ich meinem Viernheimer Kontrahenten ebenso einige Gewinnchancen ...
Mit einem weiteren Remis in der Partie gegen den Karlsruher Lothar Arnold - ich hatte einmal wieder keinen Mumm und gab mich in unklarer Stellung mit einem halben Zähler zufrieden - hielt ich Tuchfühlung zu den beiden Führenden.
Meinen Abgesang bezüglich des Badischen Meistertitels lieferte ich gegen den Untergrombacher Bernd Schneider. Nach streckenweise gutem Spiel zog ich einmal zu schnell - ich wollte Bedenkzeit sparen - und ging um:
Gegen Claus Fohler, der inzwischen nicht mehr absteigen konnte und sogar das Feld anführte, spielte ich eine meiner schlechtesten Partien meines Lebens. Fehler an Fehler reihte sich in diesem Match. Claus nutzte die Chance und schraubte mich rasch auseinander. So leicht hat er wohl selten gewonnen! Da ich mich an diesem Tag ziemlich elend fühlte, wäre ich besser daheim im Bett geblieben.
Mit einem Sieg im letzten Umgang - ich traf auf den vermeintlichen Punktelieferanten Harald Doderer (SK Durlach) - wollte ich wenigstens die 50%-Marke erreichen. Schließlich musste in den Jahren zuvor niemand wegen der schlechteren Sonneborn-Berger-Wertung (für Nicht-Insider: etwas ähnliches wie die Buchholz-Wertung) absteigen und so hoffte ich noch bei entsprechender Punktzahl auf den Klassenverbleib. Übrigens war dies die einzige Partie, in der ich kein Unentschieden anbot!
Der sichere Absteiger Fohler wurde - nach einer spannungsgeladenen und großartigen Partie, die er gegen den wie einen Löwen kämpfenden Titelverteidiger Kurz remis hielt, Badischer Meister! Mich erwischte es in Sachen Abstieg doch noch. Da sich nur fünf Spieler für die nächste Badische Meisterschaft qualifizierten, stieg ich ab! Ich bin damit der erste Spieler, der wegen der Feinwertung eine Klasse tiefer muss. Bedauerlich aber wahr. Eine neuerliche "Lex Kuppenheim". Wohl aus blankem Hohn erhielt ich noch einen Sachpreis! Mit meiner Leistung war ich dennoch nicht unzufrieden. Beim nächsten Mal bin ich wesentlich besser gewappnet und eins habe ich gelernt: Kein Gegner ist so stark, als dass ich ihn nicht bezwingen könnte ...
REO - Die Aera Hatz