Rochade Express, Nr. 45, Seite 20ff, "Wildbad"
Das Open in Wildbad war für mich in den vergangenen Jahren stets eine einträgliche Geldquelle. Vor zwei Jahren wurde ich geteilter Dritter und belegte 1989 trotz hervorragender Besetzung den geteilten zweiten Rang. Heuer hielten sich meine Erwartungen in Grenzen, war doch das Turnier noch stärker besetzt. In der ELO/INGO-Rangliste fand ich mich gerade auf dem 25. Platz wieder. So gesehen ist der geteilte 17. Rang mit 5,5 Zähler aus neun Partien noch akzeptabel. Leider brachte mich meine in letzter Zeit häufig auftretende Schwarz-Schwäche erneut um das Preisgeld.
Mit den weißen Steinen gewann ich alle vier Partien, während ich mit den schwarzen Klötzen gerade einmal 1,5/5 sammelte. Pech hatte ich dann auch in der Schlussrunde: Bis dahin bekam ich stets Weiß und Schwarz abwechselnd, und jetzt musste ich gegen IM Adamski unbedingt gewinnen, wollte ich noch ganz weit vorne landen - jedoch erhielt ich Schwarz und das Ergebnis fiel nach spannendem Spiel entsprechend aus.
Doch der Reihe nach: Gleich zu Beginn wurde mir mit dem Osnabrücker Bode (Ingo 72), der in der zweiten Liga am zweiten Brett spielt, ein schwerer Brocken zugelost. Nach einem Patzer meinerseits zog ich mich noch äußerst elegant aus der Affäre und heimste gar noch den ganzen Zähler ein!
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Metz - Bode Open Wildbad 1991
1.e4
c6
2.d4
d5
3.exd5
cxd5
4.c4
Sf6
5.Sc3
Sc6
6.Lg5
Le6!?
Wurde vom englischen Großmeister Miles in jüngster Zeit mehrfach erfolgreich angewandt, stärkere Spieler wie ich bevorzugen in dieser Position des Panow-Angriffs 6..Da5!
7.a3
g6
8.Lxf6
exf6
9.Sf3
Lh6
10.Le2
0-0
Der Bauer auf c4 darf natürlich nicht genommen werden, da danach 11.d5 eine Figur gewinnt. Mein Kontrahent meinte nachher, dass er zu diesem Zeitpunkt gedacht habe, es wäre ein schlechter Witz, dass ich eine ELO-Zahl besitze. Bode leidet aber wohl unter kolossaler Selbstüberschätzung, denn in dieser Position steht nur einer gut - und er ist es nicht.
11.b4
f5
12.h4??
12.b5 mit nachfolgendem c5 hätte mir die Überlegenheit am Damenflügel beschert. Ich glaubte, dass der schwarze Zug lediglich dem Vorstoß g5 dienen sollte. Mit h4 wollte ich das Gegenspiel des armen Würstchens, das meiner Ansicht danach überhaupt nichts mehr drin hatte, unterbinden. Doch das arme Würstchen hegte üblere Absichten:
12...dxc4!
Nun kann er ja plötzlich ungestraft nehmen, weil nach 13.d5 Lg7 folgt und danach der Sc3 hängt. Nach rund halbstündigem Brüten zog ich dennoch:
13.d5!
Lg7
14.Dc2
Df6
[ 14...Lxd5
15.0-0-0!
Lxc3
16.Dxc3
schien mir recht gut für mich zu sein. Schwarz muss sich um seinen Läufer kümmern und im Übrigen drohe ich recht unangenehm h5 mit Öffnung der h-Linie.] Nun war natürlich schlechter Rat billig, es droht der Spieß auf c3. Nun zählte ich eins (der König musste weg) und eins (der Turm musste von al weg) zusammen. Das Resultat war:
15.0-0-0!
Dieser Zug riss meinen schon förmlich in Gewinnlaune schwelgenden Gegner aus allen Träumen. Um meine psychologische Initiative nun noch weiter auszubauen, schob ich gleich noch ein Remisangebot nach! [ Nach 15.Tc1
Dxc3+
16.Dxc3
Lxc3+
17.Txc3
Lxd5
18.Lxc4
Lxf3
stehe ich alles andere als angenehm.]
15...Dxc3
16.Dxc3
Lxc3
17.dxe6
b5
[ Weiß besäße auch nach 17...fxe6
18.Lxc4
gute Remisaussichten.]
18.exf7+
Txf7
19.Sg5
Tf6
Deckt den durch Lf3 gefährdeten Sc6.
20.Lf3
a5?
Scheint sehr stark zu sein, da nun die Öffnung des Damenflügels droht. Tatsächlich ist der Zug mit der Aufgabe gleichzusetzen.
21.Td7!
Kümmert sich einen Kehricht um den Damenflügel und wendet das Blatt endgültig: Es droht nun recht schlicht 22.Ld5+ und Schwarz hätte die Wahl zwischen 22..Kh8 23.Txh7 Matt und 22..Kf8 23.Sxh7+ mit nachfolgendem Sxf6+.
21...Ta7
Verliert eine Figur, aber vielleicht noch die beste Ausrede.
22.Lxc6
Txd7
23.Lxd7
h6
24.Sf3
axb4
25.Lxb5
bxa3
26.Lxc4+
Kf8
27.Kc2
Lb2
28.Kb1
Tc6
29.Lb3
Tc3
30.Ka2
Der Bauer ist zuverlässig blockiert und danach wollte ich meine Figuren wieder auf den König hetzen.
30...Tc1
Tauscht den Turm, bevor er aktiv wird. Dafür ist das Endspiel nun leicht gewonnen.
31.Txc1
Lxc1
32.Kb1
Der Läufer muss sich für eine Diagonale entscheiden.
32...Lb2
33.h5!
[ 33.h5
Nach 33...gxh5
gewinnt ( Und bei 33...g5
34.Le6
f4
35.Sd2
sind die schwarzen Bauern blockiert und a3 fällt nach Sc4.) 34.Sh4
f4
35.Sg6+
Kg7
36.Sxf4
] 1-0
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In der zweiten Runde traf ich auf die englische Nachwuchshoffnung IM Matthew Sadler - leider wie immer gegen ELO-Gegner mit Schwarz. Dennoch schlug ich mich wacker, musste jedoch am Ende das Endspiel König gegen König, Springer und Läufer aufgeben. Zu dem Zeitpunkt als die Hängepartie angesetzt war, spielten wir in der Verbandsliga gegen Offenburg. Das merkte man mir in der dritten Runde an. Reichlich ideenlos operierte ich da, besaß aber das Glück, dass sich mein Kontrahent in einem remisigen Endspiel um die Früchte seiner Arbeit brachte. Erbärmlich meine Leistungen in den nächsten Runden: Mit Weiß gewann ich einmal, verlor mit den schwarzen Figuren ganz fürchterlich und lieferte einem Spieler mit Ingo 142 einen offenen Schlagabtausch, der nur mit einem Remis endete. Spaß bereitete mir dann ausnahmsweise die Partie gegen Richtarsky, die einem Spiel auf ein Tor ähnelte.
Nach dem ersten Erfolg mit Schwarz war ich mit 5,5/8 wieder bei den Leuten und gegen IM Adamski erwachte in folgender Stellung mein Killerinstinkt:
REO - Die Aera Hatz