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Heinz Breitling ist tot

REO - Die Aera Hatz


Rochade Express, Nr. 48, Seite 3f, "Heinz Breitling ist tot"
von Hartmut Metz

   Einer der großen alten Männer des Badischen Schachs ist tot: Der 82-jährige Heinz Breitling, der bis zuletzt für die Rochade Kuppenheim die Mannschaftsmeisterschaft bestritt, starb am 5. Juli. Der noch so rüstige Altmeister brach sich im Urlaub in der Schweiz ein Bein. Während dies bei jungen Menschen kaum Auswirkungen hat, bricht bei älteren oft das Immunsystem zusammen und der überraschende Tod durch eine Banalität ist vorgezeichnet. So erging es auch unserem vorbildlichen Schachkämpfer, der nach der Überführung im Baden-Badener Krankenhaus verstarb. Erst ein paar Tage später erfuhr Reinhard Kühl von dem Unglück und trug die traurige Nachricht weiter. Die Feuerbestattung erfolgte am 12. Juli im engsten Familienkreis, so dass keines der Rochade-Mitglieder dabei sein konnte. Dem Verein obliegt nun die Pflicht, ein alljährliches Heinz Breitling-Gedenkturnier durchzuführen.

   Über vier Jahrzehnte - von Anfang der 30er Jahre bis hinein in die 70er Jahre - zählte der Ausnahmekönner zu den besten Spielern in Baden. Insbesondere im Blitzspiel gewann das Rochade-Mitglied viele Turniere. Einmal belegte Breitling beim Badischen Schachkongress den zweiten Platz, nur Vizeweltmeister Efim Bogoljubow rangierte vor ihm. Dafür besaß Breitling die Genugtuung, den Vizeweltmeister in einer Partie schlagen zu können! Auf diesen Erfolg war Breitling besonders stolz.

   Das königliche Spiel erlernte Breitling mit acht Jahren. Während seiner Zeit auf dem Baden-Badener Gymnasium übte sich Breitling mit seinem Klassenkameraden Emil-Josef Diemer, einer anderen schillernden Koryphäe des Badischen Schachs. Liebste Trainingszeit des Duos, wie Breitling einmal bei einem Interview erzählte: Der Kunstunterricht. Später bestritten die beiden manch internationales Turnier zusammen. Breitling gewann so viele Turniere, dass er sich gar nicht mehr an alle erinnern konnte. Nur ein Blitzturnier in Gaggenau behielt er unangenehm in Erinnerung. "Der Sieger musste einen Ehrentanz absolvieren. Unglücklicherweise konnte ich überhaupt nicht tanzen! Dennoch brachte ich diese Peinlichkeit über die Bühne", erzählte er den "Rochade Express" Lesern im Interview zu seinem 80. Geburtstag ("Rochade Express" Nr. 34, März/April 1989). Nach dieser leidvollen Erfahrung habe er stets darauf geachtet, dass er nur noch an Turnieren ohne anschließenden Tanz mitgemacht habe. Selbst mit 60 kämpfte Breitling noch für die Caissa Rastatt in der Oberliga, der damals höchsten Schachklasse.

   Als sich Breitling mit 70 langsam aus der Turnierarena verabschieden wollte, begeisterte ihn unser erster Präsident Reinhard Kühl für die neu gegründete Kuppenheimer Schachgemeinschaft. Breitling, der für seine Künste immer gut bezahlt wurde, berichtete: "1981 bat mich Herr Kühl doch für die Rochade zu spielen. Gerne nahm ich das Angebot an, obwohl mir Meister Kühl schon als erstes entgegnete, "an finanzielle oder andere Zuwendungen wäre nicht zu denken, weil wir ein armer Verein sind! ". Trotzdem gefiel mir der Gedanke, bei der Rochade zu spielen - insbesondere weil mir Herr Kühl noch aus der Rastatter Zeit sehr sympathisch war. "

   Die Koryphäe trug danach maßgeblich zum rasanten Aufstieg unseres Vereins bei. Mit der jungen ersten Mannschaft blieb er Mitte der 80er Jahre über 1000 Tage ungeschlagen und führte das Team zu drei Meisterschaften in Serie. Zu dieser Zeit besaß Breitling noch eine enorme Ingo-Zahl für einen Mittsiebziger: 107!! Nach dieser Höchstleistung in hohem Alter wollte er endgültig aufhören, doch das Schach - und die Bitten der Rochade Mitglieder - ließen ihn nicht lange pausieren.

   Schon bald spielte er wieder. In der zweiten Mannschaft, die in der Bezirksklasse spielt, zählte er immer noch zu den eifrigsten Punktesammlern. Selbst mit 80 sah er in Sekundenschnelle Kombinationen, auf die andere nie gekommen wären. Ich muss sagen, dass ich auch Breitlings ausgezeichneten Theoriekenntnisse immer bewundern musste. Lustig war es auch, wenn er sah, wie seine Mannschaftskameraden gewinnen konnten und er sich danach aufregte, wenn diese den Zug nicht sahen!

   In den letzten Jahren personifizierte Breitling die These, dass Schach bis ins hohe Alter geistig frisch hält. Seine jungen Kontrahenten in der Bezirksklasse können davon ein Lied singen. In den vergangenen drei Jahren eroberte Breitling noch hervorragende elf Siege aus 16 Partien. Unentschieden kannte er nicht. Stets glaubte er an seinen Sieg. Mit seinem Stil begeisterte er selbst noch Spieler aus der ersten Mannschaft: Da er um seine Konzentrationsfähigkeit wusste - länger als drei Stunden konnte auch er sie nicht mehr behalten - blitzte Breitling seine Partien herunter. Oft hatte der Gegner seine zwei Stunden Bedenkzeit verbraucht, während das Rochade Vorbild mit 20 Minuten Bedenkzeit den Sieg davontrug.

   Sein Versprechen, das er zu seinem 80. Geburtstag vor zwei Jahren gab, hielt der noch so rege erscheinende Breitling bis zum Tod: "Solange ich gesund bleibe, spiele ich für die Rochade". Der Verein und insbesondere die zweite Mannschaft, die auch in der kommenden Saison auf ihren zuverlässigen Mann hoffte, werden Heinz Breitling schwer vermissen.

   Abschließend eine Partie des Altmeisters, der mit 82 noch eine Ingo von 131 aufwies: Zurecht, wie die aus einem Guss vorgetragene Partie Breitlings gegen den Durmersheimer Müller beweist.











Breitling - Müller

1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lb5 a6 4.La4 Sf6 5.0-0 b5 6.Lb3 Le7 7.Te1 0-0 8.c3 d6 9.h3 Bisher war alles noch Theorie. Breitling besaß ein ausgezeichnetes Gedächtnis und kannte besonders die Spanische Verteidigung in- und auswendig. 9...Lb7 10.d4 exd4 11.cxd4 Sd7 12.Sbd2 Lf6 13.Sf1 Tc8?! 14.Sg3 Während sich Breitling stellungsgerecht verhielt und nun den Springer nach f5 zu spielen droht, ließ Schwarz konsequentes Gegenspiel vermissen. 14...g6 15.Lh6 Lg7?! Te8 erscheint klüger, da nun der Nachziehende ernste schwarze Felderschwächen aufweist. 16.Lxg7 Kxg7 17.Dd2 Df6 18.Tac1 Tfe8 19.Ld5 Sd8 20.Lxb7 Sxb7 21.Tc6! Sb8 22.e5! Damit tut sich die wahre Absicht kund. Weiß hat es nicht auf den Bauern a6 abgesehen, sondern will den e-Bauern vorstoßen, um so die Schwäche f6 bloßzulegen. 22...Dd8 23.Tc2 c5 24.dxc5 dxc5 25.Df4 Tc7?! 26.Se4 Sd7 27.Sf6! Te6 [ 27...Te7? 28.Sd5 mit Qualitätsgewinn.; 27...Sxf6? 28.exf6+ und 28...Dxf6 verbietet sich wegen 29.Dxc7 ] 28.Td2 h6 Verliert mindestens eine Figur. [ Aber 28...Dc8 29.Sd5 Tcc6 30.Sg5 kostet ebenso Haus und Hof.; 28...De7 29.Sd5 ] 29.Ted1 Txf6 Ein letzter Versuch. 30.exf6+ Dxf6 31.Dxc7 Für die ganze Partie benötigte Breitling nur 20 Minuten Bedenkzeit.
1-0




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