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Rochade Kuppenheim Badischer Pokalsieger
Jubiläum |
Rochade Express, Nr. 54, Seite 3f, "Rochade Kuppenheim Badischer Pokalsieger"
von Hartmut Metz
Die wohl größte Pokalsensation der vergangenen Jahrzehnte schaffte die Rochade Kuppenheim: Einen Bundesligaverein, fünf Zweitligisten und zehn Oberliga-Teams besitzt Baden, der Badische Pokal ging jedoch an den Verbandsliga-David Kuppenheim. Mit der vielleicht besten Leistung in der 13-jährigen Vereinsgeschichte demontierte die Rochade den haushohen Favoriten Freiburg 1887 mit 6:2.
Die Kuppenheimer Schachgemeinschaft hat sich durch diesen nicht für möglich gehaltenen Erfolg einen Platz im deutschen Pokal gesichert. Jetzt träumt der Verbandsligist von einem Duell gegen Rekordmeister Bayern München und deren Großmeistern, an deren Spitze der mehrfache Weltmeisterkandidat Dr. Robert Hübner. Die erste Runde des deutschen Pokals findet am 31. Oktober statt.
Schon mehrmals hatte die Rochade die Klinge mit dem Traditionsverein aus dem Breisgau gekreuzt, jedes Mal zog man den Kürzeren, zuletzt vor einigen Monaten mit 3:5. Kein Wunder also, dass sich selbst der Gastgeber in der Außenseiterrolle sah. Vor ungewohnt vielen Zuschauern begann der Mittelbadische Pokalsieger forsch, obwohl Freiburg vor allem an den Spitzenbrettern noch stärker als im Verbandsmatch auflief. Schon bald zeichneten sich leichte Vorteile an den vordersten Brettern für Alexander Hatz und Hartmut Metz ab. Auch mit der Position von Jürgen Gersinska zeigten sich die Anhänger der Rot-Weißen sehr zufrieden. Dem stand eigentlich nur eine scheinbar ungünstige Stellung Jürgen Raub's gegenüber.
Nach drei Stunden brachte Hatz den ersten Zähler in die Scheuer. An Brett zwei hatte der hoch eingeschätzte Michael Fehling diesmal wenig entgegenzusetzen. Mit einem feinen Schlusszug eroberte der Informatik-Student seinen vierten Punkt im vierten Pokalmatch. Metz musste dagegen der akkuraten Verteidigung Markus Löffler's Tribut zollen und gab im laufenden Wettbewerb seinen ersten halben Zähler ab. Da sich die Waage an einigen Brettern zugunsten Kuppenheims senkte, entschloss sich Metz gerne zu dem Remis. Ähnlich ging es auch Jochen Klumpp. Der Mittelbadische Einzelpokalsieger gab sein Duell zum 2:1 Remis.
Immer mehr machte sich Euphorie unter den Rochade-Anhängern breit: Gersinska setzte Dr. Mirko Popovic zunehmend unter Druck, den gestellten Problemen zeigte sich der Gegner in Zeitnot nicht mehr gewachsen. 3:1. Nun war klar, dass den Einheimischen ein 4:4 zum Pokalsieg reichte. Im Falle eines Unentschiedens waren Dank der Berliner Wertung die Erfolge an den Brettern zwei und fünf nicht mehr wett zu machen.
Da sie lediglich noch ein Unentschieden abgeben durften, setzten die Freiburger danach alles auf eine Karte und lehnten drei Remisangebote ab. Der scheinbar gefährdetste Kuppenheimer, Jürgen Raub, behielt in dieser Phase den kühlsten Kopf. Der 23-jährige hatte es gegen Georg Studier, den weithin bekannten Buchautor und Verfechter des Blackmar-Diemer-Gambits, gewagt, sich auf dessen Spezialvariante einzulassen. Das Experiment glückte, obwohl ihn selbst seine Kameraden abgeschrieben hatten. In einer haarsträubenden Partie setzte Raub dem vermeintlich starken Angriff Studiers eine noch konsequentere Verteidigung entgegen. Trotz Zeitnot setzte der Kuppenheimer irgendwann zum Konter an und strickte ein undurchdringliches Mattnetz für die feindliche Majestät.
Durch das 4:1 stand die Pokalsensation fest, was Toni Stückl allerdings nicht davon abhielt, in einem Zeitnotduell gegen Ralph Neininger ein Matt anzubringen. Beim 5:1 hatte Reinald Kloska mehr Lust den Sieg zu feiern, als die gewonnene Position in einem zähen Endspiel umzusetzen. So wurde die aggressive Spielweise Lukas Traberts, der im Mannschaftssinne alles versuchte, noch mit einem Unentschieden belohnt. Den Schlusspunkt setzte Ralf Gantner mit einem schwer erkämpften Remis. Faisal Khairallah hatte ein etwas besseres Läuferendspiel ziemlich lange geübt. Das 6:2 bescherte den seit einem Jahr von Sieg zu Sieg eilenden Freiburgern eine herbe Niederlage. Selbst die kühnsten Kuppenheimer Optimisten hatten nie an solch einen Kantersieg geglaubt. Die Ingo- Erwartung übertraf die Rochade im Endspiel gleich um 30 Punkte!
Die Einzelergebnisse: l. Metz - Löffler ½, 2. Hatz - Fehling 1:0, 3. Kloska - Trabert ½, 4. Stückl - Neininger 1:0, 5. Gersinska - Popovic l:0, 6. Klumpp - Fuchs ½, 7. Raub - Studier 1:0, 8. Gantner - Khairallah ½.
Stimmen zum Pokalsieg
Rochade Express, Nr. 54, Seite 4f, "Stimmen zum Pokalsieg"
Zum größten Erfolg der Rochade Kuppenheim fing der Rochade Express Stimmen einiger Vereinsmitglieder ein.
Alexander Hatz, Spieler und 2. Vorsitzender: "Das war überraschend deutlich, aber verdient. Der Badische Pokalsieg ist wohl mein bisher größter Erfolg in meiner Karriere, den ich wahrscheinlich nicht mehr übertreffen werde."
Toni Stückl, Spieler: "Was soll ich dazu sagen? Ich habe den Sieg noch nicht richtig verarbeitet. Jedenfalls hätte ich niemals daran gedacht, dass wir den Pokal gewinnen können."
Uwe Gantner, Schatzmeister: "Ich hab' damit gerechnet, deswegen habe ich gleich das Geld von der Bank für die anschließende Feier geholt - es kam dann wie befürchtet."
Dr. Günther Walz, einziger spielender Doktor im Verein: "Grandios, doch wirklich. Es hat mich sehr gefreut für die erste Mannschaft."
Kai Götzmann, Ersatzmann: "Ich kann noch nichts dazu sagen, ich muss mir erst was Blödes überlegen."
Hartmut Metz, Spieler: "Trotz meiner vielen guten Einzelresultate ist der Pokalsieg mein bisher schönster Erfolg. Ich stelle ihn auch über meinen einstigen Triumph im Badischen Einzelcup. Siege mit der Mannschaft machen eben besonders viel Spaß. Mir hat dieser wohl einmalige Traum bewiesen, dass wir auch durchaus in der Oberliga Chancen hätten."
Jochen Klumpp, Spieler: "Zufall."
Jürgen Gersinska, Spieler: "Zum Schluss war es unheimlich leicht. Ich war glücklich - hat mir gut gefallen!"
Die Pokalsensation im Detail
Rochade Express, Nr. 54, Seite 11f, "Die Pokalsensation im Detail"
Unsere acht erfolgreichen Spieler im Endspiel kommentierten ihre Partien für den Rochade Express. Genießen Sie noch einmal den Triumphzug der ersten Mannschaft! Hier nun in chronologischer Reihenfolge sämtliche Partien aus dem Endspiel um den Badischen Mannschaftspokal 1992 gegen Freiburg 1887. Ausnahme: Die beim Stand von 5:1 beendete Partie zwischen Reinald Kloska und Lukas Trabert war uns wegen der originellen Kommentierung ein Extra-Artikelchen wert und befindet sich ganz am Ende.
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Hatz - Fehling Badischer Mannschaftspokal 1992 Brett 2
1.Sf3
g6
2.g3
Lg7
3.Lg2
e5
4.e4
Eine meinerseits recht überraschende Eröffnungswahl.
4...d6
5.d4
Sd7
6.0-0
Sgf6
7.dxe5
dxe5
8.De2
0-0
9.Td1
De7
10.b3
Ein interessanter und wohl mit spielentscheidender Plan. Der Läufer will über a3 in die gegnerische Stellung leuchten.
10...b6
11.La3
Sc5
Besser war wohl c5, auch wenn ich dann mit c4, Sc3 und Sd5 einen Vorposten etablieren kann.
12.De3
Lb7
13.Lxc5
bxc5
14.Sc3
c4
Spielt mir in die Hände, denn die Öffnung der a-Linie verschafft mir nur weitere Vorteile.
15.Sd2
cxb3
16.axb3
Ich stehe schon klar besser. Im Endspiel hätte ich wohl kaum Probleme, meinen Stellungsvorteil zu verwerten. Doch so weit will Schwarz es nicht kommen lassen und unternimmt etwas am Königsflügel.
16...Sg4
17.De2
f5
18.Dc4+
Tf7
Der entscheidende Fehler. Nach Kh8 hätte Schwarz mit seiner Initiative am Königsflügel wohl noch das Gleichgewicht halten können. Doch so gewinne ich schon einen Bauern.
19.h3
Sf6
20.exf5
Lxg2
21.fxg6
hxg6
22.Kxg2
e4
Will meinen Springern das Feld e4 nicht kampflos überlassen. Offnet außerdem die lange Diagonale.
23.Ta6
Geht dem Lg7 aus der Schusslinie und droht zudem Te6. Schwarz ist schon auf verlorenem Posten.
23...Te8
24.Te1
Lh6
25.Sdxe4
Gegen die Drohung Sf6 ist kein Kraut mehr gewachsen.
25...Sd7
Hilft auch nicht.
26.Sf6+
1-0
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Löffler - Metz Badischer Mannschaftspokal 1992 Brett 1
1.e4
c6
2.d4
d5
3.Sc3
dxe4
4.Sxe4
Sf6
5.Sxf6+
gxf6
6.Se2
h5
7.Dd3
[ In einer meiner Weltpokal-Halbfinalpartien geschah 7.h4
Lg4
8.Dd3
e5
]
7...e5
Vielleicht etwas zu aggressiv. Ich ließ mich jedoch durch o. g. Fernschachpartie dazu hinreißen.
8.Le3
Sa6
9.a3!
Der beste Zug, der stärker als c3 ist. So bleibt die Dame auf d3 gedeckt, außerdem kann sie gegebenfalls nach c3 oder b3 ausweichen. Kleiner Vorteil für mich: Nach diesem Zug hatte mein Kontrahent bereits über eine Stunde seiner Bedenkzeit verbraucht.
9...Le6
10.Td1
Dc7
11.Dc3
0-0-0
Schwarz steht minimal besser. Der Anziehende muss jetzt schon genau spielen.
12.Sc1
Tg8!
Das sieht sehr dubios aus, zumal es meinem Gegner gestattet, mir einen isolierten Doppelbauern zu verpassen. Erstens hatte ich keine andere Wahl zum anderen plante ich dieses Abspiel! Die Bauernstruktur ist natürlich für alle Zeiten dahin, dafür steht der König seltsamerweise bombensicher. [ Auf 12...Sb8
gewänne 13.dxe5
Txd1+
14.Kxd1
fxe5
15.Lxa7
einen Bauern.]
13.Lxa6
bxa6
14.g3
Ld5
15.Tg1
h4
16.Se2
hxg3
17.hxg3
Tg4!
Nach langem Nachdenken gespielt. Weiß verfügt über keinen vernünftigen Plan, aber Schwarz muss auch erst einmal nachweisen, dass ihm etwas einfällt. Mit Tg4 erhöhe ich den Druck auf d4, und der Turm strebt eventuell nach c4.
18.Dd3
Kb7
19.Td2
Le7
20.Kd1
Le6
21.Dc3
c5
Die letzte Chance, Aktivität zu entwickeln.
22.dxc5
Txd2+
23.Kxd2
Tc4
24.Dd3
24.Db3+ bringt nichts, weil danach ja die Drohung Td4+ akut würde.
24...Lxc5
25.Kc1
Le7
26.Th1
Dc6
27.Th8
Ld5
28.Sc3
Le6
29.Se2
Ld5
30.Sc3
Le6
Löffler besaß nur noch wenige Minuten auf der Uhr, weshalb er sich auf Kinkerlitzchen wie Le4 nicht mehr einlassen wollte. Nach Le6 muss der Springer irgendwann wieder zurück, weil sonst Lxa3 droht. Ich gab mich mit dem Unentschieden gerne zufrieden: Nachdem Alex gewonnen hatte, war ich mir auch sicher, dass Jürgen Gersinska gewinnt. Also, weswegen noch etwas wagen, wenn es allgemein gut steht und ein 4:4 ohnehin reicht? 1/2-1/2
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Popovic - Gersinska Badischer Mannschaftspokal 1992 Brett 5
1.Sf3
g6
2.c4
Lg7
3.d4
Sf6
4.Sc3
0-0
5.g3
[ Mit 5.e4
d6
6.Le2
Lg4
, meiner Antwort auf das klassische Königsindisch, hatten mir die Freiburger in den beiden letzten Begegnungen erhebliche Probleme bereitet und 1,5 Punkte geholt. Ich war darauf vorbereitet und hatte eine Neuerung parat. Schade, dass sie nicht zum Zuge kam.]
5...d6
6.Lg2
Sc6
7.d5
Sa5
8.Sd2
c5
9.0-0
a6
10.e4
Korrekt war Dc2, um den Aufbau b3 und Lb2 zu ermöglichen. Dazu kommt Weiß jetzt nicht mehr.
10...Tb8
11.a4
Die logische Folge des Fehlers im 10. Zug. Weiß kann nicht b3 ziehen, er müsste sonst b5 zulassen.
11...Ld7
12.Te1
e5
13.Dc2
Sh5
14.Lf3
Sf6
Meiner Meinung noch steht Schwarz bereits besser. Da die weißen Figuren Lcl, Dc2, Sc3 und Tal nicht im Spiel sind, bestand mein Plan zunächst darin, eine Schwächung des weißen Königsflügels zu erreichen und dort anzugreifen.
15.Le2
Lg4
16.f3
Lh3
17.Sf1
Sh5
18.Tb1
f5
19.Le3
f4
20.Lf2
fxg3
21.hxg3
Df6
Auch Dg5 war möglich und auf Kh2 oder Le3 jeweils Sf4 spielbar. Mit Df6 plante ich jedoch Lg4, da fxg4 an Dxf2+ scheitert.
22.Sd1
Das hatte ich offengestanden übersehen.
22...Dg5
23.Sde3
Sf4
24.Sh2
Sxe2+
25.Txe2
Auf Dxe2 greift der Springer über b3, d4 in den Kampf am Königsflügel ein. Jetzt wird das Geschehen auf den Damenflügel verlagert.
25...b5
26.axb5
axb5
27.cxb5
Txb5
28.Da4
Tfb8
29.Shg4
Mein Gegner befand sich bereits in Zeitnot.
29...h5
30.Sh2
Sb3
31.Da6
Sd4
32.Td2
T5b6
33.Dc4
Df6
Die Beute wird eingefahren.
34.b4
Sxf3+
35.Sxf3
Dxf3
36.De2
Dxe4
37.Kh2
Dxb1
0-1
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Studier - Raub Badischer Mannschaftspokal 1992 Brett 7
1.d4
Sf6
2.Sc3
d5
Aha! Damenbauernspiel - Gott sei Dank habe ich mir nicht noch irgendwelche indischen Theorievarianten reingezogen. Wäre alles für die Katz' gewesen. Oder gibt es jetzt noch andere Fortsetzungen?
3.e4
Moment mal! Das ist ja jetzt ein Gambit, aber wie war doch gleich der Name der Eröffnung?
3...dxe4
4.f3
Blackmor-DiemerGambit, richtig! Da soll es sogar Bücher darüber geben, die ich aber noch nie von innen gesehen habe.
4...exf3
5.Sxf3
Lg4
6.h3
Bis dato wähnte ich mich sogar noch auf Theoriepfaden. Apropos Theorie: Wer sich für solche interessiert kann ja mal in "bewährten" Büchern von Herrn Studier aus Freiburg nachschlagen. Ich verlasse mich voll auf meinen schachlichen Instinkt.
6...Lh5?
7.g4
Lg6
8.Se5
Auweia! Das mit dem schachlichen Instinkt vergessen wir mal wieder. Von Tuten und Blasen keine Ahnung, das kann ja heiter werden.
8...Sbd7
9.Df3
c6
10.Sxg6
hxg6
11.Ld3
Schon wieder ich am Zug. Groß rochieren wäre ja eine Idee.
11...Db6
[ Das naheliegende e6 vergessen wir mal lieber, weil 11...e6
12.Tf1
De7
13.g5
folgen könnte, und ich dann unbeweglich und zusammengeschnürt wie ein Todeskandidat auf dem elektrischen Stuhl darauf warten könnte, dass mein Gegner den Schalter umlegt.]
12.g5
Sh5
13.Le3
Dxb2
Wenn schon sterben, dann mit vollem Bauch. Zumal mir Heribert Urbans Kennerblick nach diesem Zug eine vorteilhafte Stellung bescheinigte. Da unser Präsident ja schließlich immer recht hat, brauchte ich mir keine Sorgen zu machen.
14.Kd2
0-0-0
15.Tab1
Da3
16.Tb3
Da5
17.Thb1
Sb6
Das Gute an den letzten Zügen: Ich konnte nicht viel falsch machen, da alles erzwungen war. Eine kurze Stellungsbetrachtung zeigt: Weiß hat im Gegensatz zu Schwarz seine Entwicklung vollständig abgeschlossen. Auf f7 konnte man locker, falls überhaupt Bedarf sein sollte, den materiellen Nachteil ausgleichen. Eigentlich warte ich geduldig auf mein Schicksal.
18.Le4
Td7
Es drohte übrigens Lxc6 mit Mattfolge.
19.Dxf7
e5
Langsam beginne ich aufzuwachen. Darf ich auf einmal nach 19 Zügen vielleicht doch noch ein bisschen mitspielen?
20.De8+
Td8
21.De6+
Kc7
22.d5
Sg3!
Irgendwie traue ich meinen Augen nicht, so langsam wittere ich Morgenluft. Dies ist ein typischer Fall von "Wie ist die Jungfrau zum Kind gekommen?" Trotz Zeitnot meinerseits gefällt es mir zu spüren, wie sich mein Gegner immer unwohler fühlt.
23.Lxb6+
axb6
24.Lg2
e4!
Ach, schau an. Der Totgeglaubte lebt ja noch. Es liegt was in der Luft. Ja selbst die Kuppenheimer machen keinen großen Bogen mehr um mein Brett.
25.Df7+
Kc8
26.Lxe4?
Ich muss wohl träumen. Da ich sowieso keine Zeit mehr habe, nach der Pointe dieses Zuges zu suchen...
26...Sxe4+
27.Ke3
Sxc3
28.De6+
Kc7
29.De5+
Ld6
Ich entwickle soeben meinen Läufer f8! Spät kommt er, doch er kommt!
30.Dxg7+
Kc8
31.Txc3
Für alle, die es noch nicht gemerkt haben: Ich stehe auf Gewinn. Aber das Blättchen nähert sich gefährlich dem berühmten "Klick", das schon manchem Kuppenheimer Spieler zum Verhängnis wurde.
31...Tde8+
Von lauter guten Zügen schien mir dieser im Zusammenhang mit einer kleinen Königsjagd am konsequentesten.
32.Kf2
Thf8+
33.Kg1
Dxd5
Mein Gegner wollte es sich nicht mehr zeigen lassen. Schade, denn Züge wie Lh2 oder Lc5 wären mir wohl trotz Zeitnot noch eingefallen. Vielleicht kann mir aber ein Rochade Express Leser verraten, warum mein Gegner nicht gewonnen hat. Vielleicht hat er ja zuviel in seinen eigenen Büchern gelesen? 0-1
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Stückl - Neininger Badischer Mannschaftspokal 1992 Brett 4
1.c4
Sf6
2.Sc3
d5
3.cxd5
Sxd5
4.g3
c5
Eine selten gespielte Variante.
5.Lg2
Sc7
6.d3
e5
7.f4
Die Hauptvariante. Wie ich hinterher feststellte, sind an dieser Stelle die Züge 7.Db3 und Sh3 mit (!) aufgeführt.
7...exf4
8.Lxf4
Se6
Eine eigentlich schwächere Nebenvariante von Schwarz. Dies tat allerdings nichts zur Sache, da meine Theoriekenntnisse an dieser Stelle ohnehin erschöpft waren.
9.Sf3?!
30 Minuten benötigte ich für diesen in der Theorie völlig unbekannten Zug. [ Laut Theorie würde nun 9.Sh3
Le7
10.0-0
Sc6
11.Ld2
0-0
12.Sd5
a5
13.Lc3
Ld6
14.e3
Le5
15.Dh5
zu klaren Vorteilen für Weiß führen.]
9...Sc6
[ 9...Sxf4
10.Da4+
mit anschließendem Dxf4.]
10.Dd2
Le7
11.Se5
Sxe5
12.Lxe5
Lg5
13.e3
[ 13.Lf4?
Lxf4
14.gxf4
Dh4+
und Bauernverlust auf f4.]
13...f6
14.Lf4
Lxf4
[ 14...Sxf4
15.exf4
mit wichtigem Tempogewinn für Weiß.]
15.gxf4
f5!
Wichtig für Schwarz, da 16.f5 mit starker Einengung der schwarzen Stellung drohte.
16.0-0-0
0-0
17.h4
Tb8
18.h5
h6
19.Ld5
Dieser Zug erfüllt zwei Zwecke: Der Se6 wird gefesselt und die g-Linie wird für Türme und Dame geöffnet.
19...b5
20.Thg1
De7
21.Tg6
Tf6
Notwendig, da ansonsten die Turmverdopplung auf der g-Linie nicht mehr zu verhindern ist.
22.Tdg1
Txg6
23.Txg6
Tb6
[ 23...b4?
24.Sa4
und der Bc5 ist auf Dauer nicht mehr zu halten.]
24.Dg2
Kh8
25.Lc6
Sc7!
Ein sehr starker Zug, der die bedrohten Punkte b5 und d5 überdeckt und gleichzeitig den Be3 mit der Dame bedroht.
26.e4
Ld7
27.Sd5
Sxd5
28.Lxd5
Le8
29.Txb6
axb6
30.Dh3
fxe4
31.dxe4
Da es zu diesem Zeitpunkt bereits 4:1 für uns stand, bot ich meinem Gegner Remis an.
31...Ld7
Kommentarlos weitergespielt.
32.Dg3
Vor diesem Zug hatte ich noch vier Minuten Bedenkzeit. Nach Ausführung desselben noch eine Minute.
32...Df6
Aha! Mein Plan, für den ich drei Minuten opferte, schien aufzugehen.
33.Kc2
Ein Abwartezug, der die gegnerische Dame nach d4 locken soll.
33...Dd4
34.f5
Letzter Teil meines, wie sich später herausstellt, nicht 100-prozentigen Gewinnplanes.
34...Lxf5
Angesichts seiner eigenen Zeitnot - er hatte noch knapp zwei Minuten - hat mein Gegner seine letzte Remischance nicht mehr erkannt und ist auf meine Falle hereingefallen. [ Mit 34...Kh7!
35.Dg6+
Kh8
36.Dd6
( 36.Dg3
Kh7
37.Dg6+
Kh8
ist auch Remis.) 36...Df2+
hätte Schwarz Dauerschach erreichen können.]
35.Db8+
Wichtige Anmerkung: Ich hatte noch eine ganze Minute Bedenkzeit! 1-0
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Reinald und der Pokalsieg
Rochade Express, Nr. 54, Seite 11f, "Reinald und der Pokalsieg"
von Reinald Kloska
Donnerstag, 2. Juli 1992, in einem Erdgeschossschuppen in Kuppenheim. Eine verschworene Gesellschaft versammelt sich um den kantigen hölzernen Tisch. Aktion Endspiel! Ein etwas kleinerer, hagerer Typ, die anderen nennen ihn Hartmut, kristallisiert sich als Wortführer heraus. Ohne Gegenspruch verweist er auf seine Stellung innerhalb der Gruppe mit den Worten: "Ich bin eins, dann dachte ich ... ", wobei er nach links schielte, um den zu mustern, der allgemein Alex genannt wird, " ... Du machst zwei!" Gelangweilt steht auch ein überdurchschnittlich großer, noch hagererer Typ herum und hält Maulaffen feil. Ständig erweckt er durch absonderliche Zwischenrufe den Eindruck, als wolle er Hartmut ausbooten. Als jedoch Hartmut energisch wird und bemerkt "Reinald, ich dachte, Dich setzen wir an drei, denn hinten bringst Du's eh nicht!", wurde er augenblicklich still und erwiderte knapp: "Mir egal! Ob ich jemals Weiß bekomme?" Weiterhin fallen Namen und Zahlen - Toni an vier, Jürgen fünf, Jochen sechs und der andere, den sie ebenfalls Jürgen nennen, Jürgen der Blackmar-Diemer-Killer, an sieben. Für Ralf bleibt acht. Die Versammlung löst sich langsam auf, bis zum nächsten Treffen.
Sonntag, 5. Juli 1992, am selben Ort, Kuppenheim, Deutschland. Die acht sind wieder zusammen, acht andere aus Freiburg - wie sie sagen - sind ebenfalls anwesend. Der Wortführer, Hartmut, verliest Namen, darunter Trabert und Kloska. Die beiden setzen sich wortkarg an einen Tisch, zwischen ihnen nur ein Brett mit 32 weißen und 32 schwarzen Quadraten. Auf diesen Quadraten stehen 16 weiße und 16 schwarze Figuren symmetrisch aufgebaut.
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Trabert - Kloska Badischer Mannschaftspokal 1992 Brett 3
Händeschütteln, dann folgt der Druck eines Knopfes des langen, hageren und ein unaufhörliches Ticken beginnt. Gleichzeitig begegnet der, der bei den weißen Figuren sitzt, Lukas, wie später zu erfahren ist,
1.Sc3
. Grimmig schaut der andere drein.
1...d5
Jede Bewegung der Figuren wird mit einem Drücken eines Knopfes auf einem hölzernen Kasten unterstrichen. Merkwürdige Zeichen werden auf ein Blatt Papier hingewischt.
2.e4
Zack!
2...dxe4
"Oder wie sonst?" denkt sich der an den schwarzen Figuren sitzende.
3.Sxe4
e6
Zwei Figuren stehen bereits nicht mehr auf dem Brett mit den 64 Quadraten, sie sind wahllos auf den Tisch gestellt. Die anfänglich herrschende Symmetrie ist entstellt. Die Gesichtszüge der beiden erhärten.
4.d4
Le7
5.Sf3
Sf6
6.Sg3
b6
7.c3
Lb7
Schwerfällig und unendlich langsam erscheint dem Betrachter das Treiben beider, doch da! Kaum hat der, den sie Reinald nennen, seine längliche Figur auf jenes weiße, dem einen Eck des Brettes nahe Quadrat gestellt, huscht ein fast unmerkliches Lächeln über sein Gesicht, fast so, als wäre er damit zufrieden.
8.Ld3
Sbd7
9.0-0
0-0
10.Le3
c5
Mit grimmig zufriedenem Gesicht wurde diese, die kleinste der Figuren aus Plastik, weit nach vorne geschoben. Befreiung scheint man den Gesichtszügen ablesen zu können.
11.De2
Dc7
12.Tad1
Tad8
13.Sg5
Entsetzen im Gesicht! Erinnerungen an bereits Vergessenes wird wach, als Hartmut, der Wortführer, damals, nach dem vorletzten Treffen nahe der bayrischen Grenze sagte: "Hättest Du nicht h6 gezogen, stündest Du jetzt viel besser!" Innere Zerfleischung - Schauer - Angstschweiß - ein nervöses Zipfel Mensch - dann Trotz!
13...h6
14.Sh3
Tfe8
15.Kh1
e5!
Jetzt - oder es ist zu spät!
16.dxe5
Sxe5
Weitere Figuren werden von den Quadraten entfernt und wahllos über den Tisch verstreut.
17.Lb5
Sc6
18.Sf4
Txd1
19.Txd1
Td8
20.Te1
Lf8
21.Sfh5
Sxh5
22.Dxh5
De5
Entschlossene Blicke bei dem langen, hageren - aufkommende Selbstzweifel bei dem anderen? Noch mehr Figuren auf den Tisch stellen? Der hölzerne Kasten tickt - Spannung!
23.Dg4
Lc8
24.De2
Se7
25.f4
De6
Drei Stunden und zwanzig Minuten sind vergangen. Der Kasten tickt unaufhörlich. Der Hagere hat bereits zum viertenmal den Versammlungsraum verlassen. Er scheint durch Verbrennung kleiner stinkender Stäbchen schwarze Mächte für sich gewinnen zu wollen. Plötzlich, der, der Alex genannt wird, lehnt sich zurück, atmet kräftig und entspannt sich. Überall Gemurmel, es heißt "Er hat's geschafft, Alex hat's geschafft!"
26.Lc4
Dg4
27.Df2
Sf5
28.Sxf5
Dxf5
Ein Schrei! Ein Schrei aus der hinteren Ecke des Raumes. Jürgen soll zugeschlagen haben!
29.Lb3
Df6
Unbeirrt schieben die beiden an drei, wie es heißt, ihre Figuren über die Quadrate, mal auf ein schwarzes, mal auf ein weißes. Der Kasten tickt - beide wirken verkrampft und nervös - sie werden schneller in ihren Bewegungen. Kaum ein paar Sekunden sind vergangen. Figur bewegt - Knopf gedrückt! Und es tickt der Kasten!
30.Df3
Le6
31.Lxe6
Dxe6
32.b3
c4
33.f5
Dc8
34.f6
g6
Nervöses Zittern, Versammlung um den Tisch. "Packt er's?" Gemeint ist der Lange. Der andere ist auch nervös. "Remis?" quillt es dem Einen über die Lippen. Hektik, aufstehen, umschauen, panikartige Reaktionen derer, die herumstehen. Sie laufen hierhin, dahin, kommen zurück, nur um gleich wieder zu gehen. "Nein!"
35.b4
Td3
36.De4
Txc3
37.h3
Td3
Absolute Hektik, überall Stimmengewirr: "Er hat's geschafft!" "Jürgen ..., der Jürgen, den sie Blackmar-Diemer-Killer nennen, ... auch!" "Kannst Remis anbieten!" entfährt es dem, der an zwei gesetzt wurde. "Hab' ich schon!" Nur noch Sekunden bis zur Entscheidung.
38.b5
Td6
39.Dh4
Te6
40.Lf2
Txe1+
41.Lxe1
Der Kasten klickt. Der Reinald genannte wird ruhig, er steht auf, brennt vor der Tür des Versammlungsraumes ein weiteres Stübchen ab. Drinnen plötzlich ausgelassene heitere Stimmung. Reinald kommt zurück. "Remis?" "Wie steht's?" "Fünf eins." "Okay!" 1/2-1/2
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REO - Jubiläum