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Glanzpartien gegen Durmersheim

Jubiläum


Rochade Express, Nr. 57, Seite 14ff, "Achter Erfolg in Serie"
von Hartmut Metz

   Die Auslosung war günstig, doch diesmal versagte die Kuppenheimer Spielkunst. Jochen Klumpp hatte schon im Viertelfinale des Bezirkspokals Schwierigkeiten gegen Patrick Kühn. Gegen den Muggensturmer kam er nicht über ein Unentschieden hinaus. Erst im Blitz setzte sich Jochen sicher durch. Im Halbfinale erwischte es dann aber überraschend den Pokalverteidiger. Trotz der weißen Steine unterlag er Bernd Sauer (Durmersheim). Damit platzte das Rochade-Traumendspiel zwischen Jochen und mir. Ich hatte zuvor Andreas Manz (Durmersheim) aus dem Weg geräumt, und im Halbfinale stellte mich Claus Reith (Vimbuch) auch nicht vor große Probleme.

   Doch bevor wir uns dem Finale zuwenden, noch ein Nachtrag: In der vergangenen Ausgabe hatten wir die vorzüglichen Resultate von Torsten Kükelheim unterschlagen. Zunächst trotzte er dem starken Gaggenauer Spaskovic ein Remis ab. Letzterer verzichtete anschließend auf ein Blitzduell. In der zweiten Runde wartete nun Kai Mailitis auf Torsten. Der Hördener ist ja ein schier übermächtiger Gegner für Torsten, doch trotzdem nahm er ihm ein Remis ab! Erst im Blitz musste Torsten die Überlegenheit von Mailitis anerkennen.

   Zum Endspiel: Dort traf ich auf Jochen-Bezwinger Bernd Sauer. Gewiss keine leichte Aufgabe, aber eine lösbare - zumal ich die weißen Steine zugelost bekommen hatte. Pech für meinen Kontrahenten, der heuer im sechsten Spiel zum sechsten Mal die schwarzen Steine erhielt. Nach einer meines Erachtens interessanten Begegnung behielt ich dank einer kleinen Kombination (siehe Partie) die Oberhand.

   Somit besteht eine phänomenale Serie weiter: Die Rochade-Mitglieder gewannen zum achten Mal in Folge den Mittelbadischen Einzelpokal! Durch den neuerlichen Triumph dürfen wir langsam auf ein Jahrzehnt ausschließlich Kuppenheimer Pokalsiege hoffen. Das wäre ein Ding. Die Erfolgsserie leitete Reinhard Kühl ein. Jochen Klumpp und Toni Stückl setzten sie fort. In den vergangenen fünf Jahren wechselte ich mich dann stets mit Jochen ab. In Sachen Rekordsieger steht es derzeit also 3:3 zwischen uns. Ich verbesserte durch den Sieg auch meine persönliche Bestleistung: Seit ich Badischer Pokalsieger wurde (1989) habe ich keine einzige Cup-Partie mehr im Bezirk und in Baden verloren. Mein erstaunliches Resultat beläuft sich mittlerweile - dies ergab eine kurze statistische Erhebung in meinen Partieheften - auf 34 Siege und acht Unentschieden in Mannschafts- und Einzelpokalspielen.











Metz - Sauer
Finale Bezirkspokal 1993

1.e4 c6 Das kostete meinen Gegner bereits erste Bedenkzeit. Noch bisher eher negativen Erfahrungen mit dieser Eröffnung gegen mich, erwog Bernd wohl andere Verteidigungen. Nun war es jedoch an mir, erstmals nachzudenken. Ich erinnerte mich an das von Ralf Großhans bevorzugte 2.d3 d5 3.Sd2, sozusagen Königsindisch im Anzug. Dann doch: 2.d4 d5 Wieder überlegte ich lange. Sollte ich 3.e5 spielen? Ich verwarf den Gedanken, weil ich annahm, dass sich Bernd damit auskennt. Schließlich spielt sein alter und unser neuer Mannschaftskollege Matthias Menge die Vorstoßvariante. Vielleicht 3.Sc3? Nein, die Stellungen sind mir zu zahm. So entschied ich mich nach mehr als zehn Minuten für den Panow- Angriff, obwohl ich in jüngster Zeit auch darauf keine Lust mehr habe. 3.exd5 cxd5 4.c4 Sf6 5.Sc3 Sc6 Wählt also dieselbe Variante, die ich zu spielen pflege. Dies birgt sowohl Vor- wie Nachteile! Zum einen kenne ich mich darin natürlich ganz gut aus, zum anderen werde ich psychologisch gehemmt, weil ich diese Variante für sehr gut für Schwarz halte. Ich musste mich nun zwischen den zwei Hauptvarianten Lg5 und Sf3 entscheiden. Da ich Bernd schon einmal vernichtend damit schlug, zog ich 6.Lg5 Da5 Grauenvoll! Mein Gegner spielt mit Schwarz, als hieße er Metz. Auch diesmal gab es wieder viele unterschiedliche Ideen. In der oben erwähnten Partie folgte übrigens 6..Lf5?, wonach ich bald gewann. 7.Lxf6 exf6 8.a3 [ Das scheinbar starke 8.cxd5 führt nach 8...Lb4! 9.dxc6 Lxc3+ 10.bxc3 Dxc3+ 11.Ke2 0-0! 12.f3 Der einzige Zug. 12...Te8+ 13.Kf2 De3+ 14.Kg3 Dg5+ zum Dauerschach.] 8...dxc4 9.Lxc4 Ld6! Zu meinem Schrecken prächtig gespielt. Eine analoge Idee verwirklichte ich im Fernschach. Schwarz fürchtet sich nicht vor dem Verlust der Rochade. [ Die Hauptvariante - Sie sehen lieber Leser, dass ich dank der von Bernd Sauer gewählten Eröffnung ausnahmsweise die Theorie kenne - verläuft folgendermaßen: 9...Le6 10.d5 0-0-0 11.b4 In Betracht kommt 11.Sge2. 11...Lxb4! 12.axb4 Dxb4 13.Db3 Lxd5! 14.Lxd5 Txd5! 15.Tb1 Sollten die schwarzen Bauern am Damenflügel jemals auf der Grundreihe anlangen, kann man seine Figur dafür geben. Am Königsflügel sind die vier gegen drei Bauern nicht zu fürchten, da sich ein Doppelbauer darunter befindet. Deshalb besteht lediglich für Schwarz Verlustgefahr.] 10.De2+ Obwohl ich die Variante bis dahin kannte, hatte ich eine halbe Stunde Bedenkzeit verbraucht. Alles zugunsten psychologischer Erwägungen. Trotzdem fühlte ich mich nicht sonderlich gut in dieser Stellung. 10...Kf8 11.Dd2 Der einzige Zug, um die Dame wieder von der offenen e-Linie zu nehmen und den d-Bauern zu decken. [ 11.Sf3? Lg4 und Schwarz stünde blendend.] 11...Lf5 12.Sge2 Te8 13.0-0 h5 14.Sg3 Lg6 [ 14...Lxg3 15.fxg3 räumt Weiß zusätzliche Chancen auf der f-Linie ein. 15...h4 verbietet sich in dieser Variante wegen 16.Df4 ] 15.Tfe1 h4 16.Txe8+ Kxe8 17.Sf1 Th5 Die Aussichten beider Parteien sind in etwa gleich. Durch den letzten Zug erlaubt Schwarz dem Anziehenden, etwas Spiel auf der e-Linie zu inszenieren. 18.Te1+ Kf8 Stünde Turm noch auf h8, hätte man Kd7 oder d8 nebst Te8 erwägen können. 19.De2 Dd8 20.Lb5! Deckt d4 indirekt: [ 20.Lb5 Sxd4? 21.De8+ mit Matt.] Leider ist jedoch aus der Stellung kein zwangsläufiger Vorteil herauszuholen. 20...Se7 21.Sd2 Ein erster greifbarer Erfolg meines Schachtrainings (ein Buch in einem Vierteljahr durchgeackert!): Figuren, die schlecht stehen, müssen auf bessere Felder. "Steht eine Figur schlecht, steht die ganze Partie schlecht" meinte Weltmeister Emanuel Lasker einmal überspitzt. Ganz so schlimm steht es nicht um Weiß, immerhin scheint es aber richtig, die passivste meiner Figuren aktiver zu plazieren. 21...a6?! Die erste Ungenauigkeit. Ohne Grund bewegt Schwarz seine Bauern nach vorne, wo sie leichter erbeutet werden können. 22.La4 b5?! 23.Lc2! Auf b3 stünde der Läufer fast wirkungslos, da kein vernünftiges Druckspiel gegen f7 zu inszenieren ist. Folgerichtig stelle ich den Läufer dem weißfeldrigen feindlichen gegenüber, um ihn gegebenenfalls abzutauschen. Danach geriete e4 leichter in meine Hand. [ 23.Lc2 ging natürlich nur, weil nach 23...Lxc2 der Th5 hängt.] 23...Sf5?! 24.Sf3 Nach einer Reihe ungenauer Züge meines Kontrahenten fühlte ich mich erstmals wohl in meiner Haut. Meine Figuren stehen alle halbwegs aktiv, während der schwarze Figurenklumpen auf der f-, g- und h-Linie keine Wirkung besitzt. Weiß steht etwas besser. 24...Lf4?! Die Stellung bietet eine interessante Fortsetzung: Auf ein eventuelles h3 von Schwarz hatte ich immer g4! mit Figurengewinn in petto. Nun könnte ich á tempo g4 durchsetzen. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass mir die Idee erst zu Hause im Bett kam, als ich die Partie noch einmal an meinem geistigen Auge vorbeiziehen ließ. Halbwegs zufrieden durfte ich feststellen, dass der Figurengewinn [ 24...Lf4 25.g3!? hxg3 26.hxg3 Sxg3 ( 26...Ld6 27.g4 Sh4 28.Lxg6+- ) 27.fxg3 Lxg3 ] nur zu einer unklaren Position führt, in der Weiß mit seinem ungeschützen König erst einmal sein Übergewicht zur Geltung bringen muss. Statt dessen wählte ich einen aus zwei Gründen idiotischen Zug: 25.Sd5?? Sieht auf den ersten Blick ganz vernünftig aus, da der Läufer anscheinend zurückweichen muss. [ Doch wie sollte ich nach 25.Sd5 Ld6 fortsetzen? Der Springer wäre wohl wieder nach c3 zurückgekehrt, da Sb6 nicht die Bohne taugt. ( Nachdem ich meinen Zug ausgeführt hatte, bemerkte ich auch bald eine noch hässlichere Idee: 25...Sxd4! 26.Sxd4 Txd5 und Weiß muß zufrieden sein, wenn er noch einen Remisweg Findet. Schwarz verwarf den Zug wegen 27.Lxg6 , wonach er fxg6 nicht spielen durfte, da sonst Se6+ die Dame gewinnt. ( Vermutlich hätte ich 27.Sc6 versuchen müssen. Doch auch dies gäbe Schwarz mehr vom Spiel.) Dummerweise wäre aber 27...Txd4 verhehrend für Weiß ausgefallen.) ] Statt dieser feinen Alternative überbot Schwarz noch mein Gepatze: 25...Lb8?? Gänzlich unverständlich. Nach Ld6 wäre zumindest 26.Sb4 unterbunden. Jetzt verliert Bernd Sauer einen Bauern. 26.Sb4 Se7?? Das kostet vollends die Partie. Es mußte wohl Ld6 mit Preisgabe des a-Bauern geschehen. [ 26...a5?? 27.Sc6 Dc8 28.Lxf5 Lxf5 29.De7+ Kg8 30.De8+ Dxe8 31.Txe8+ Kh7 32.Sxb8 ] 27.Dxe7+ Dxe7 28.Txe7 Kxe7 [ 28...Lxc2 29.Tb7 mit Figurengewinn.] 29.Lxg6 fxg6 30.Sc6+ Die Pointe der Kombination, mit der ich zwei Springer für einen Turm gewinne. 30...Kd6 31.Sxb8 Die Stellung mußte genau untersucht werden. Man kann aber einfach sehen, dass der Springer wieder über a6 und c5 herauskommt. 31...b4? Erleichtert den Sieg. [ Nach 31...a5 32.Sa6 g5 33.h3 Th8 34.Sc5 kann sich Schwarz hartnäckig wehren, auch wenn die Partie langfristig verloren ist.] 32.axb4 a5 33.Sa6 axb4 34.Sxb4 Ta5? [ Wenigstens hätte man 34...Tb5 35.Sd3 Tb3 36.Sfe1 Kd5 37.Kf1 Kxd4 38.Ke2 versuchen sollen, um den d-Bauern zu erobern.] 35.Kf1 g5 36.Ke2 Tb5 37.Sd3 Kd5 38.Ke3 Tb8 39.h3 Te8+ 40.Kd2 Kc4 41.Sc5 Ta8 42.b3+ Kd5 43.Sa4 Tb8 44.Sc3+ Kd6 45.Kc2 Tb4 46.Sd2! Deckt die d4-Kröte indirekt (Txd4? 47.Sb5+) und droht gleichzeitig mittels Sc4+ weiteres Terrain für den d-Bauern zu gewinnen. 46...f5 47.Sf3 g4 48.Sxh4 Ke6 49.hxg4 fxg4 50.d5+ Kf6 51.g3 Ke5 52.Sg6+ Kd4 53.Se7 Tb7 54.Sc6+ Kc5 55.b4+ Kd6 56.Kd3 Tf7 57.Kd4 Kc7 Muss wieder einer indirekten Deckung, diesmal Se4+, Tribut zollen. 58.Se4 Tf3 59.Se5 Tb3 60.d6+ Kd8 61.Kd5! Schwarz hatte wohl die Nase voll von den ständig im Raum schwebenden Springergabeln, falls der Turm einen Bauern fressen sollte. 1-0




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