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Hastings

Jubiläum


Rochade Express, Nr. 57, Seite 21f, "Uwe und die Engländerinnen"
von Uwe Gantner

   Über den Jahreswechsel machte ich mich mit Torsten Kükelheim, Hartmut Metz, Ralf Wendelgaß und Frank Westermann auf den Weg noch Hastings, um dort am "68th Hastings International Chess Congress" teilzunehmen. Die Zugfahrt begann bereits um 3.54 Uhr in Rastatt und führte uns weiter über Karlsruhe, Heidelberg, Köln, Ostende, Dover (Überfahrt mit Jetfoil) nach Hastings. Hungrig und übermüdet erreichten wir den dortigen Bahnhof. Unter der fachkundigen Führung von Hartmut irrten wir über eine halbe Stunde ziellos mit unseren schweren Koffern herum. Auf Drängen von Torsten, der des Kofferschleppens überdrüssig war, nahmen wir ein Taxi, das uns, eine Nebenstraße weiter, zum Waldorf Hotel brachte. Dort angekommen erhielten wir unsere Zimmer. Hartmut bekam das Einzelzimmer, da er, im Gegensatz zu uns, immer erst am Nachmittag seine Spiele auszutragen hatte. Das Hotel (mit Meeresblick) umfasste 12 Zimmer. Alle Zimmer waren mit Fernseher ausgestattet, so dass man täglich die neuesten News verfolgen konnte. Leider enthielten die Doppelzimmer keine Dusche (nur bei Hartmut) und so kam es morgens zu Völkerwanderungen. In den ersten Tagen hatte ich meistens das Pech (oder war es Unvermögen?!), dass der Warmwasservorrat entweder schon verbraucht war oder der Boiler nicht funktionierte. Doch diese Schwierigkeiten bekamen wir in der darauffolgenden Tagen immer besser in den Griff. Beim Frühstück konnte man von verschiedenen Gerichten auswählen. Bis auf Ralfs Lieblingsspeise "Beans an Toast" (schon vom Anschauen wurde mir schlecht!), waren alle anderen Gerichte sehr reichhaltig und schmeckten vorzüglich. Zum Essen wäre zu sagen, dass wir uns überwiegend von gewohnter Kost - Italienisch - ernährten und erst in den letzten Tagen auf die chinesische und englische Küche umstiegen. Die hier verbreitete Meinung, dass man das englische Essen nicht genießen könnte, konnten wir nicht teilen und so bildeten wir auch beim Engländer den Abschluß. Abends analysierten wir zusammen mit Dietmar Kolbus (I. Brett Oberliga, Trier) unsere Partien. Das Skatspiel begleitete uns die ganze Zeit, doch es lief irgendwie an mir vorbei. Torsten lief hier zur Höchstform auf und war bester Zocker im Quartett. Leider kann man das nicht auf sein Schach beziehen, da er oftmals anderen Beschäftigungen (Peggy Sue) nachging.

   Nach der langen Vorrede nun zum Schach. Unter dem Vorsatz "in England ungeschlagen zu bleiben", spielte ich beim Christmas Turnier mit, das nach der Spielstärke in 5 Gruppen eingeteilt wurde. Da mich Hartmut mit Ingo 125 (tatsächliche Ingo: 136) anmeldete, wurde ich vom Veranstalter in die Gruppe B gesteckt, in der ich den 16. Platz von 24 Teilnehmern innehatte. Bei ordnungsgemäßer Anmeldung wäre ich zusammen mit Rolf in der Gruppe C gelandet. Wie mir Ralf aber glaubhaft versicherte, war dies für ihn die schlechtest mögliche Gruppe, da keine Engländerinnen das Teilnehmerfeld (in meiner Gruppe immerhin drei Engländerinnen) zierten.

   Doch nun zu meinem Schachspiel: In der 1. Runde bekam ich Eric Bramley aus Windsor vorgesetzt. Es entwickelte sich aus der CaroKann-Partie schnell eine remisige Stellung, so dass wir uns nach 20 Zügen darauf einigten. In der 2. Runde musste ich gegen Emilia Holland aus Waterlooville antreten. Um meine zugrundegelegten Strategie (mit Weiß gewinnen, mit Schwarz nicht verlieren) treu zu bleiben, musste ich mit den weißen Figuren auf Sieg spielen. Wir kamen in meine geliebte Drachenvariante, die ich schon zig Mal mit Ralf erprobt hatte. Während ich auf dem Königsflügel angriff, versuchte meine Gegnerin am Damenflügel ihr Glück. Mit ihrem 16. Zug wich sie von der Theorie ab und ermöglichte mir das entscheidende Mehrtempo. Ich forcierte nun meinen Angriff, um mit einem Springeropfer den Sieg einheimsen zu können. Sie nahm das Opfer aber nicht an und ich konnte nach wenigen Zügen den vollen Punkt auf meiner Seite verbuchen. Wie sich später allerdings in der Analyse mit Hartmut herausstellte, hätte sie das Opfer getrost annehmen können. Anmerkung am Rande: Angetan von meiner Partie (oder vielleicht von meiner Gegnerin), verzichtete Ralf auf die Drachenvariante und nahm Caro-Kann in sein Reportoire auf. Leider musste ich beim Verbandsspiel gegen Sasbach II mitansehen, dass er wieder auf diese Eröffnung zurückkam. Das muss Hartmut auf seine Kappe nehmen, da er gegen die Drachenvariante ziemlich böse einging. In der nächsten Runde bekam ich mit Stephen Blewett die Nr. 3 zugelost. Im angenommen Damengambit kannte ich bis zum 8. Zug die Theorie von Alex, kam aber nicht weiter und bot nach 19 Zügen Remis an. Mein Gegner lehnte jedoch ab, kam aber zunehmends in Zeifnot. ich verwickelte die Stellung und konnte zwangsläufig einen Bauern erobern. Diesen Vorteil ließ ich mir nicht mehr nehmen und gewann das Endspiel leicht. Mit 2,5/3 musste ich am Neujahrtstag am 1. Brett unserer Gruppe spielen. Überrascht stellt ich fest, dass mein Gegner Russel Goodfellow aus Tonbridge (am Ende Erster) die weißen Steine führte. Da er der laut Setzliste nur die Nr. 9 war (bisher gegen Nr. 6, 4, 3), machte ich mir berechtigte Hoffnungen, auch diese Partie schadlos zu überstehen. Ich geriet jedoch schnell in eine Spezialvariante (1.e4 c6 2.d4 d5 3.f3?! de4: 4.fe4: e5 5.Sf3 ed4: 6.Lc4) von ihm und hatte nach 17 Zügen schon Haus und Hof verloren, so dass ich meine Titelhoffnungen begraben konnte.

   In der vorletzten Runde kam mir dann Brian Milner aus Lichfield gerade recht. Doch weit gefehlt. In meinem geliebten Königsgambit zog ich voreilig e5, das auf den ersten Blick vielversprechend aussah. Mein Gegner fand jedoch den einzig möglichen Zug und nach einer weiteren Ungenauigkeit von mir, patzte ich auch noch eine Figur ein. Daraufhin war es Zeit, meine Kräfte für das letzte Match zu schonen, um wenigstens noch 50 % zu erreichen. Im letzten Match wurde mir Susan Scott aus Tonbridge zugelost. Am Vorabend bereitete ich mich mit Hartmut auf Skandinavisch vor, da sie in den vorangegangenen Runden diese Eröffnung spielte. Hartmut meinte noch, dass die Engländer meistens das System 1.e4 d5 2.ed5: Sf6 3.c4 e6!? spielen würden und so entwickelte sich auch die Partie. Aufgrund der vorbereiteten Variante behielt ich den Mehrbauern bis ins Mittelspiel. Leider verpasste ich den Vorstoß d4, das mir bequem die Überleitung in ein gewonnenes Endspiel ermöglicht hatte. Durch zwei ungenaue Züge meinerseits gelang es ihr, den verlorenen Bauern wieder zurückzuerobern und wir einigten uns schließlich auf Remis. So blieb mir wenigstens die Genugtuung, gegen Engländerinnen ungeschlagen gebliebern zu sein. In der Endabrechnung belegte ich mit indiskutablen 3/6 den enttäuschenden 10. Platz. Aufgrund des guten Starts hatte ich mir mehr ausgerechnet. Dass es aber im neuen Jahr nicht mehr so recht laufen wollte, lag nicht an der starken Gruppe (jede(r) Gegner(in) hatte eine bessere Wertungszahl als ich), sondern an meiner unkonzentrierten Spielweise. Meinem Vorsatz "in England ungeschlagen zu bleiben" konnte ich nur im alten Jahr gerecht werden.

   Da Hartmut noch im Turnierstress war, beauftragte er mich, beim zeitgleich stattfindenden "Premier Tournament" einige Schachgrößen wie Judit Polgar, Evgeny Bareev, John Nunn und John Speelman zu fotografieren. Dabei wurde auch ein neuer Leitspruch geprägt: "Raaaannn, immer raaaannn!!!" Wir anderen genossen nun die restlichen Tage und unternahmen noch einige Ausflüge. Einer davon führte uns nach London, bei dem die Besuche bei Madame Tussaud's, Hand Rock Cafe und die Besichtigung des Big Ben auf dem Programm standen. Fazit: Wenn es meine beruflichen Pläne zulassen (evtl. Überlaubssperre über Neujahr), wird es nicht das letzte Turnier in Hastings gewesen sein. Allerdings werde ich nur noch mit dem Flugzeug nach England fliegen, da bei der Rückfahrt unser Zug kurzerhand gestrichen wurde und wir nur mit sehr viel Glück den Jetfoil nach Ostende noch erreichten.


Rochade Express, Nr. 57, Seite 23ff, "Das Leid mit den Frauen"
von Hartmut Metz

   Fünf Mann hoch nahmen wir am traditionellen Schachkongress in Hastings teil. Wir, das waren über Neujahr Uwe Gantner, Torsten Kükelheim, Ralf Wendelgaß, Frank Westermann sowie der Autor dieser Zeilen. Falls es wirklich wahr werden sollte, finden Sie in diesem Heft auch Turnierberichte all jener, die aus Kuppenheim auf den Spuren Wilhelm des Eroberers wandelten. Derzeit hege ich allerdings Zweifel daran.

   Doch zum Schach: Ich versuchte mich nach 1988/89 erneut im Challengers, das mit rund 100 ELO-Trägern ganz gut besetzt war. Wie es der Zufall so wollte, weilte auch diesmal Judit Polgar im englischen Seebad. Bei meinem ersten Auftritt vor vier Jahren siegte die damals Zwölfjährige in meinem Turnier. Diesmal stahl die Nummer eins der Frauen den Cracks im Premier die Show: Zusammen mit dem Weltranglistensiebten, Ewgeni Barejew, gewann die Ungarin mit 9/14 das Turnier! Von der 16jährigen darf man sicher in Zukunft einiges erwarten. Unter den Großmeistern grassiert bereits der Witz, einer müsse sich opfern und sie heiraten, um die männliche Dominanz im Schach zu verteidigen. Allerdings kann von "opfern" keine Rede sein, da Judit neben ihrem hervorragenden Schach ebenso andere Vorzüge auf sich vereint - was auch für ihre Schwester Zsofia genauso gilt. Doch davon nachher mehr.

   Ein geteilter 38. Platz unter 140 Teilnehmern mit 6/11 hört sich ganz gut an, zumal ich mit meiner kläglichen ELO kaum zu den Topfavoriten zählte. Trotzdem möchte ich mein Spiel als grauenhaft bezeichnen. Dass ich nichts Besonderes bot, erkennt man schon an meiner in etwa gleichbleibenden Ingo und ELO. Dabei ließ sich die erste Runde ganz gut an (siehe Partie): Ich bezwang den englischen IM Andrew Martin (ELO 2 440), der damit als mein bisher größter Skalp in mein Wigwam einzieht. Nach dieser sehr interessanten Partie wäre ich am besten mit zehn (aufgerundet) ELO- Punkten und drei Ingo meines Weges gezogen beziehungsweise hätte die nächstbeste Fähre aufs Festland nehmen sollen! Gleichwohl die nächste Paarung nicht ohne Reiz war: Zsofia aus dem Schach-Clan der drei Polgar-Schwestern wartete auf mich. Rendezvous, Paddington 14.50 a.m. - denkste! Schlag 14 Uhr mussten wir uns auf einige Plastikfigürchen konzentrieren und deren bis dahin seit Stunden herrschende Symmetrie stören.

   Ich hatte Weiß und einigen Respekt: Zum einen konnte ich erst gegen eine Frau gewinnen, zum anderen ist sie ja eine Polgar. Zunächst lief noch alles nach Plan, ich stellte nichts ein. Als ich mir dann nach einer Unachtsamkeit Zsofias auch eine zu Schulden kommen ließ, landete ich in einem etwas schlechteren Endspiel, das jedoch durchaus Verteidigungschancen bot. Mit einem simplen Zwischenzug, den ich erst sah, nachdem ich eine andere Figur in den Pfoten hielt, hätte ich mir die besseren Aussichten und mindestens ein Remis sichern können. So erfasste mich im Endspiel die Blödheit, ich verschenkte durch einen Königsmarsch rund zehn Tempi und unterlag folgerichtig. Wie sich bei der späteren Analyse mit Ex-Juniorenweltmeister Ilya Gurevich (USA) und Judit Polgar - zwischendurch lugte auch noch Barejew hinein - herausstellte: Ein Remis wäre immer noch drin gewesen. Zumindest schafften es die Koryphäen in der Analyse nicht, mich über den Tisch zu ziehen. Das Unglück machte auch in diesen Momenten nicht halt vor mir: Torsten schoß eifrig Fotos von mir, den Polgar-Schönen samt Barejew - und die Dinger wurden nichts! Oh schnöde Welt!

   Kein Wunder also, wenn ich tags darauf die Formkrise fortsetzte. Einzig mein Psychokniff griff: In lausiger Stellung offerierte ich meinem Kontrahenten ein Remis, was dieser ablehnte und eine Figur für drei Bauern opferte - wie erhofft. In einer wahren Verteidigungsschlacht - die Kämpfe 1066 in Hastings wirken dagegen wohl lächerlich - holte ich noch den ganzen Punkt. Meine Wiedergenesung verhinderte ein junger Engländer, der partout nicht verlieren wollte. Erst spielte er Schrott in der Eröffnung. Als ich dies auszunutzen gedachte, revanchierte ich mich und stand platt. So opferte ich drei Bauern (!), um noch etwas "herumzufuddeln". Meine Zeitnöte überbot mein Kontrahent und es blieben ihm lediglich rund 60 Sekunden für zehn Züge. Trotzdem nahm ich seine Remisofferte an: Drei Bauern und in etwa gleich schlechte Zeit schienen mir Grund genug. Ach ja: Ich hatte nicht einmal den geringsten billigen Trick mehr auf Lager, da alles im feindlichen Lager unter Kontrolle war - sonst hätte ich natürlich weitergespielt!

   Serben-IM Drazic machte in Runde fünf kurzen Prozeß mit mir. Einen Schottenrock trug Jonathan Grant nicht, dennoch geizte der Schotte zunächst mit dem Material. Nachdem ich die Eröffnung in gewohnter Weise mißhandelt hatte, griff wieder ein simpler Trick, mit dem ich zwei Figuren für einen Turm gewann. Dennoch nichts zu machen: Remis, nachdem die Angebote fünfmal hin und her wanderten und jeweils in Zeitnot obgelehnt wurden.

   Ein kleiner Nachwuchs-Engländer meinte es besser mit mir und überließ mir vor lauter Aufregung in Zeitnot den Punkt. Ein Remis hätte der bereits sehr starke Spieler erobern können. Mir hätte es nicht geschadet, da ich ohnehin in Runde acht auf schreckliche Art und Weise von FM Parker demontiert wurde. Es passte gut ins Bild, anschließend nach einem Bauerneinpatzer gegen Roy Sogall "ins Match zurückzukehren" (0-Ton Boris Becker), nur um danach in Zeitnot einen durch einen Springer schnöde angegriffenen Turm einfach an seiner Stelle zu belassen. 4:5 Punkte - was jetzt, Herr Metz?

   VVirginie Mora harrte der Dinge, die auf sie zukamen. Jawohl, sie! Keine Bange, werter Leser. Es gibt eine Ausnahme des ehernen Gesetzes, dass ich allen Frauen im Schach (Betonung liegt auf "im Schach") unterliege: Französinnen liegen mir. Das sind eben noch Damen von Welt, die mit Sitte und Charme verlieren. Vive la France! Obwohl sich die Gute meines Erachtens der Hilfe ihres Landsmannes Gilles Andruet, seines Zeichens IM bediente, gewann ich ziemlich glücklich. Gerade im rechten Moment hatte ich die beiden gebeten, auf weitere Dialoge während der Partie zu verzichten. Der Erfolg wurde dennoch getrübt: Ingo-Sachbearbeiter Gerhard Gorges rechnete leider nur die ELO von Virginie an, mir schien jedoch die Andruets angemessener ...

   In der letzten Runde bot ich endlich wieder eine ansprechende Leistung. Während die Fans mich die ganze Zeit platt wähnten - mein schottischer Gegner Shaw erhielt scheinbar starken Angriff für einen Bauern - verteidigte ich mich ausnahmsweise sehr umsichtig. In Zeitnot war es dann um den Schotten geschehen. 6/11 - "nothing special", wie der Engländer zu sagen pflegt. Auch im Skat blieb mein Score mit "+2" bescheiden. Den Rahm schöpfte Torsten Kükelheim, der seine Erfolgserlebnisse mehr im Kartenspiel und den englischen Frauen (im Prinzip eigentlich eine) denn im Schach feierte. Unsereins hat sich hingegen ja auch als "Schachprofi" mehr auf seinen Broterwerb zu konzentrieren. Dabei assistierte mir Uwe Gantner ganz gut, in dem er während des gleichzeitig laufenden "Premiers" die Fotos für mich schoss. Am Anfang ging Uwe noch nicht richtig "rrraaaan" (Phonetischer Hinweis: Die "r" müssen gurgelnd kommen, das "a" wird langezogen) an die Motive, aber er ist durchaus lernfähig!

   Es kam wie befürchtet: Bis zum Redaktionsschluss traf nur ein Bericht von Uwe Gantner beim Rochade Express ein. Für Ralf Wendelgaß, Frank Westermann und Torsten Kükelheim war ein Vierteljahr Zeit für einen Text wohl doch zu wenig. Während man das bei Torsten noch verstehen kann - er spielte mehr als kläglich und belegte mit 2/6 nur einen hinteren Rang im Christmas D- Turnier -, wundert es doch etwas bei den anderen zwei. Wann konnte Ralf denn schon einmal über einen Turniersieg berichten? Mit 5/6 zeigte er sich in Hochform und gewann das Christmas C-Turnierl 100 Pfund (umgerechnet 240 Mark) heimste er dafür ein. Frank Westermann sammelte 3,5/6 im Christmas E, was ihm ein Ingo-Plus von rund 30 bescherte!!

   Eine psychologisch sehr interessante Partie spielte ich in der ersten Runde gegen den englischen IM Andrew Martin (ELO 2440). Normalerweise trägt die Rochade einen defensiven Charakter - doch das ändert sich hie und da durchaus. Bei einem taktischen Schlag bedachte Martin meine Rochade zunächst nicht. Es sollte aber noch besser kommen.











Martin - Metz
Hastings 1993

1.Sf3 c6 2.g3 d5 3.Lg2 Sf6 4.c4 Lf5 5.0-0 e6 6.d3 Gestattet eine erste Entlastung, die ich angesichts des höher einzuschätzenden Gegners gerne ergreife. 6...dxc4 7.dxc4 [ Eine interessante Alternative für Weiß stellt 7.e4 Lg6 8.e5 Sg4 9.h3! ( 9.dxc4?! Dxd1 10.Txd1 Sd7 11.Lf4 Lc5 ) 9...Sh6 10.Lxh6 gxh6 11.dxc4 Dxd1 12.Txd1 Sd7 13.Sc3 Lg7 14.Sd4 dar.] 7...Dxd1 8.Txd1 Sbd7 9.Sc3 Se4 10.Sxe4 [ 10.Txd7 führt zu nichts, da 10...Sxc3 besser ist als Kxd7.] 10...Lxe4 11.Txd7! Lxf3! 12.Tc7 Ein exzellenter Zug, den Martin nach halbstündigem brüten fand. Die einzige Alternative, die e2 deckt, Td2, brächte Schwarz gut ins Spiel. Diese Antwort hatte wiederum ich glatt übersehen. Nun geht die Rochade tatsächlich nicht, weshalb sich der Läufer entscheiden muss. Erst jetzt war dem Engländer die Gefahr bewusst, denn eigentlich hatte er 12.Txb7 beabsichtigt. Der Bauernraub hätte jedoch üble Konsequenzen: [ 12.Txb7 0-0-0 Durch die lange Rochade attackiert der schwarze König den Turm auf b7, gleichzeitig droht plötzlich der Turm auf dl mit Schach einzudringen. 13.Txa7 Td1+ 14.Lf1 Lxe2 15.Ta8+ Kb7 16.Tb8+ Kxb8 17.Lf4+ Kb7 beschert Schwarz ein Figurenplus. In dieser Stellung musste ich an eine meiner Partien denken, die ich 1981 als junger Hüpfer in meiner zweiten Schachsaison spielte. Ich traf in der Landesliga auf einen damals für meine Verhältnisse übermächtigen Gegner namens Wölfle, der Ingo 106 hatte. "Der spielt ziemlich stark", warnten mich meine wesentlich erfahreneren Mitstreiter. Doch die Partie entwikkelte sich jedoch sehr bald in meinem Sinne: Wölfle - Metz, Vimbuch 1981 ] 12...Lxe2 [ Wenig verlockend erscheint 12...Lxg2 13.Kxg2 b6 Deckt den Bauern indirekt, ( während hingegen bei 13...Tb8 14.Lf4 schon Txc6 droht.) 14.Lf4 und Td1.] 13.Lf4! Nun muss Schwarz bereits auf 14.Txc6 bxc6 15.Lxc6+ nebst Lxa8 achten. [ Bloß nicht 13.Txb7 0-0-0 ] 13...Lc5! 14.Te1 Lxc4! [ 14...Lh5 15.Txb7 gefiel mir noch weniger.] 15.Tc1 Lb6 16.Txb7 [ 16.Txc4 Lxc7 17.Lxc7 sollte Schwarz mit Turm und zwei Bauern gegen zwei Läufer ein Remis verbürgen.] 16...Ld5 17.Ld6?? [ Richtig ist 17.Lxd5 cxd5 18.Ld6 Ld8 , wonach Weiß dank des Bauernsturms am Damenflügel Vorteile genießt. Schwarz könnte sich nur mit h5, h4, hxg3 sowie Th5 befreien. Aussichtsreiche Chancen gewährt ebenso 17.Txc6.] 17...0-0-0! Diese Kleinigkeit hatte Martin inzwischen wieder vergessen. Mir ging es kaum besser: Erst nach über fünf Minuten kam ich auf die gewinnbringende Idee. Zuvor beschäftigte ich mit allerlei Verteidigungsideen, die allerdings nicht fruchteten. Die Partie bestätigt die These, dass es vielen Schachspielern unheimlich schwer fällt, die Rochade als Angriffszug mit in die Kalkulationen einzubeziehen. In der entstandenen Position kann Weiß nur noch in ein miserables Endspiel einlenken. 18.Tb8+ Kd7 19.Txd8+ Txd8 20.Lf4 Ld4 21.b4 e5 22.Ld2 Kd6 23.a4 Lxg2 24.Kxg2 Tb8 25.Tc2 Kd5 26.Kf3 a5! Die entscheidende Pointe, die leichten Sieg verheißt. Der Anziehende muss nehmen, wonach die agilen schwarzen Figuren und Bauern Weiß entscheidend einengen. 27.bxa5 Tb3+ 28.Ke2 Ta3 29.f4 e4 30.Le1 Txa4 31.h4 f5 32.h5 c5 33.Tc1 Möchte den Turm über b1 endlich ins Spiel bringen, jedoch: 33...Ta2+ 0-1




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