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Favoriten legen hohes Tempo vor

Masters entwickelt sich zum Duell Iwantschuk kontra Adams

von Harald Fietz

Frankfurt Chess Classic 2000


   Halbzeit beim Frankfurt Chess Masters: Der unaufhaltsam vorwärts stürmende Wassili Iwantschuk hat momentan nur noch einen ernsthaften Verfolger. Kurz vor dem Abpfiff des ersten Umlaufs verlor nämlich Jewgeni Barejew den Anschluß an die Spitze. Nur Michael Adams kann heuer auf eine seiner besten Tugenden, Zähigkeit, bauen und hält mit dem Ukrainer Schritt. Mit 2,5 Punkten aus drei Partien spielten die beiden Favoriten nicht nur erfolgreich, sondern produzierten zugleich souveränes Schach, welches sich durch gute Vorbereitung, Abgeklärtheit in kritischen Phasen und einen gleich hohen Qualitätsstandard über die gesamte Partie auszeichnet. Einziger Schönheitsfehler war, dass der Engländer in der ersten Freitagsrunde Artur Jussupow mit Mehrfiguren und Zeitnot auf eine Remisschaukel springen ließ. Die deutsche Nummer eins schöpfte hieraus neuen Mut und fuhr anschließend noch zwei volle Punkte gegen Loek van Wely und Barejew ein. Nach einem miserablen Vortag hievte sich der stets freundliche Schachlehrer ins Mittelfeld. Hier befindet er sich in guter Gesellschaft, doch Wesselin Topalow und Sergej Rublewski werden das wohl anders sehen. Beiden gelang in den Runden fünf bis sieben wenig. Zwar hielt der Weltranglistenzehnte in einem hochklassigen Duell gegen Iwantschuk stand, doch gegen Michael Adams kämpfte er bereits ab dem 20. Zug mit dem Rücken zur Wand und Robert Rabiega entließ ihn gnädig in ein Unentschieden. Mit seiner ehrlichen Antwort: "Ich habe einigen Respekt vor meinem Gegner", hatte der Berliner in der Pressekonferenz die Lacher auf seiner Seite, aber den elegant gekleideten Bulgaren konnte er damit wenig trösten. Dennoch entfloh dieser nicht vom Ort des Geschehens, sondern verfolgte mit seinem Sekundanten intensiv die Begegnungen der Giants.

   Auch Sergej Rublewski bekam am zweiten Tag die raue Luft im Masters zu spüren. Der Ordix Open-Sieger biss sich am bislang unglücklich agierenden Oranje-Vertreter die Zähne aus, wickelte gegen seinen Landsmann Barejew ein Damenendspiel in ein verlorenes Bauernendspiel ab und stellte gegen den Tabellenführer Iwantschuk eine Figur ein, gerade als er dachte, er hätte gutes Spiel erhalten, weil der König des Ukrainers in der Mitte hängen blieb. Nach dem stolzen Siegerpreis von 7.500 DM für den Qualifikationssieg wird er wohl nicht mehr so viel harte Währung einstreichen. Oder wird uns der Mann aus Kazan Lügen strafen und die schreibende Zunft beglücken, die schon leuchtende Überschriften über Herrn "Rubel-ewski" parat hat.

   Tröstende Zeilen müssen für den Vorjahrssieger des Ordix Open, Loek van Wely, und den deutschen Schnellschach-Meister Robert Rabiega formuliert werden. Sieglos suchen sie noch ihr wahres Leistungsniveau zu erreichen, aber nach einem halben Pünktchen Tagesbilanz geht es jetzt nur noch um die goldene Ananas. Vielleicht würde ein voller Zähler in den vier Samstagsrunden neue Motivation bescheren. Der Berliner legte sich beim Frühstück gut gelaunt und sicher unbewusst vier kleine Würstchen zu Bacon und Eggs!

   Der dritte Tag verspricht also wieder kämpferisch zu werden, denn alle haben noch etwas zu beweisen und der einhellige Tenor ist, dass die Spieler - animiert vom großen Zuschauerzuspruch - gewillt sind, weiterhin attraktives Schach zu zeigen.

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