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Ich komme wieder"

Die Lauscher auf Empfang

von Harald Fietz und Robert Miklos

Frankfurt Chess Classic 2000


   „The show must go on" dröhnt es aus den Lautsprechern in den Pausen bei den Frankfurt Chess Classic, wenn Zuschauer, Spieler und Organisatoren durch die Räume des Taunus-Tagungszentrums in Bad Soden wuseln. Jeder versucht kurz seinem Vergnügen oder seinen Aufgaben nachzukommen, bevor der nächste Höhepunkt ansteht. Im Stundenrhythmus ist die Aufmerksamkeit gefordert, wenn die zehn besten Spieler der Welt die Puppen tanzen lassen. Aber ein Schachfestival lebt nicht nur von der Qualität der Partien, sondern auch vom Ambiente und Fluidum drumherum. Dies zu ermitteln ist ein schwieriges Geschäft. Ein völlig willkürlich ermitteltes Stimmungsbarometer kann dies bisweilen besser einfangen als die beste wissenschaftliche Repräsentativumfrage. Der deftige Kommentar enthält oft mehr Wahrheit als die konkrete Prozentzahl. Daher soll hier subjektiv in die Zuschauerreihen gehört werden.

   Wie es scheint, ist der Schachfan Wiederholungstäter. Viele sind nicht das erste Mal in Frankfurt zu Besuch und die Wenigsten kommen nur einmal vorbei. Der Mainzer Oberbürgermeister Jens Beutel beispielsweise hat am Montag dem Weltmeister im Simultan ein Remis abgeknöpft und ward auch beim Hauptevent mehrfach mit Familie gesehen. Aber nicht nur auf das nähere Einzugsgebiet hat die Veranstaltung Ausstrahlung. Ob Kanada oder Berlin, ob Karlsruhe oder Norddeutschland, keiner hat es bereut, gekommen zu sein. „Die ganz bekannten Spieler frei herumlaufen zu sehen", das gefällt den meisten Gästen. Die Emotionen der Spieler faszinieren das Publikum, ganz gleich ob es sich um die psychologischen Mienenspiele des 'arroganten' Kasparow handelt, das stoische Heranpirschen eines Michael Adams, die Entrücktheit eines Wassili Iwantschuk oder die coolen Kreativromantiker Schirow und Morosewitsch. Honoriert wird das Engagement, viel in die Attraktivität der Partien zu investieren: „Atemberaubend, was er aus einer solch öden Stellung noch macht", lautete der Kommentar zu Schirows Kneten in der ersten Partie gegen Wladimir Kramnik. Welchen Leistungsstand die besten Spieler abrufen können, bringt die Beobachter immer wieder zum Staunen: „Erst normale Eröffnungen - und dann fliegen die Fetzen. Da merkt man, wie gut die Spieler wirklich sind."

   Gut, toll, großartig und außergewöhnlich sind die Adjektive, mit denen die Besucher das Fujitsu Siemens Giants und all die anderen Wettbewerbe honorieren, da werden auch die „teueren" Bewirtungskosten des Hotels in Kauf genommen. Der Spielsaal und die Besetzung wird von der Mehrzahl der Schachliebhaber besser als in den vergangenen Jahren beurteilt, doch auch Verbesserungsvorschläge und Wünsche wurden geäußert:

· Man sollte der Jugend im Masters eine Chance geben, z.B. dem Berliner Bunzmann;

· Eine Frau wie Judit Polgar wäre - wie 1999 - eine Zier für das Turnier;

· Eine Zuschauerabstimmung zur Partie des Tages wäre toll;

· Der Saal könnte abgedunkelt werden, um eine spannende Theateratmosphäre zu erzeugen;

· Es sollten auch Kommentatoren für Spielklassen zwischen 1200 und 1900 DWZ geben;

· Eine Verteilung auf mehrere Spielorte ist nicht so gut.

   Nicht wenige sind allerdings mit dem erreichten Qualitätsstandard zufrieden: „Was top ist muß nicht jedes Jahr getoppt werden", äußerte der Berliner Rainer Albrecht vom SK Kreuzberg, der seit drei Jahren Stammgast ist. Mit seiner Schlussbemerkung wird er sicher nicht alleine dastehen: „Ich komme nächstes Jahr wieder." Da wird sich der Organisator mit Leib und Seele, Hans-Walter Schmitt, aber freuen.


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