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Liebenswerter Kauz zurück in der Erfolgsspur

Wassili Iwantschuk hortet derzeit erste Plätze

von FM Hartmut Metz, 14. Juli 2007

 

   Manchmal spielt Wassili Iwantschuk zum eigenen Verdruss wie ein Kind – und gerne spielt er auch mit Kindern. Schon oft saß der ukrainische Kauz nach einer verpatzten Partie verzweifelt bei den Kleinen im offenen Turnier und analysierte zur Ablenkung mit denen ihr noch schlechteres Spiel. Das verschafft dem zwischen Genie und Wahnsinn pendelnden Großmeister Sympathien bei den Fans jeglichen Alters.

 

Wassili Iwantschuk

Wassili Iwantschuk

 

   Derzeit erlebt der 38-Jährige aus Lemberg wieder einen Höhenflug. Iwantschuk spielt für seine Verhältnisse ungemein konstant und gewinnt fast jedes Turnier. Platz vier in der neuen Weltrangliste hinter dem Inder Viswanathan Anand, Weltmeister Wladimir Kramnik (Russland) und Wesselin Topalow (Bulgarien) ist der Lohn. Spielt „Chuky“ so weiter wie zuletzt, könnte der Europameister von 2004 sogar die nur sieben Elo besser liegenden Kramnik und Topalow überflügeln. Glanzvoll geraten seine Auftritte vor allem auf Kuba, wo der ehemalige Vizeweltmeister heuer an seine Vorjahresleistung anknüpfte und in Havanna die Konkurrenz mit 7,5:1,5 Punkten deklassierte. Im russischen Foros war Iwantschuk mit 7,5:3,5 Zählern ebenfalls nicht zu schlagen und siegte vor seinem 17-jährigen Landsmann Sergej Karjakin. Anschließend bewies der aufs königliche Spiel versessene Großmeister seine Klasse auch im Schnellschach. In Odessa blieb der Remagener Bundesligaspieler (7:4) einen halben Punkt vor der vom Russen Alexander Grischuk angeführten Weltklasse-Meute.

   Im August bei den Chess Classic Mainz (13. bis 19. August) können die deutschen Fans Iwantschuk nicht nur in Aktion erleben. In den beiden großen offenen Turnieren, dem Ordix und dem Chess960 Open, können sie sich mit ihm messen. Außerdem spielt der liebenswerte Kauz das berühmte Mainzer Simultan an 40 Brettern.

   Nachstehend Iwantschuks prächtiger Sieg in Foros über den Baden-Badener Bundesligaspieler Alexej Schirow. Die Kommentare stammen in weiten Teilen von Otto Borik, der die Partie für das August-Heft seines „Schach-Magazin 64“ ausführlich analysierte.

 










Schirow,Alexej (2699) - Iwantschuk,Wassili (2729) [C91]
Aerosvit 2007 Foros (Ukraine) (10), 28.06.2007
[Otto Borik / Hartmut Metz]

1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lb5 a6 4.La4 Sf6 5.0-0 b5 6.Lb3 Le7 7.d4 Schwarz muss nun eine Falle umschiffen: [7.d4 Sxd4? kostet nach 8.Lxf7+ Kxf7 9.Sxe5+ nebst Dxd4 einen Bauern.; 7.d4 Aber auch 7...exd4 ist nicht ratsam, diesmal wegen 8.e5 und nun 8...Se4 (Zu 8...Sg4? gibt es ein abschreckendes Beispiel aus dem Jahre 1955: Zwischen den Amateuren Wille und Redlich geschah in Remscheid 9.Ld5 Tb8 10.Te1 (droht h3 nebst Lxh6) 10...h5 11.h3 Sh6 12.e6! Sb4 (12...fxe6 13.Lxc6 dxc6 14.Se5 mit sofortigem Gewinn angesichts der Doppeldrohung 15.Dxh5+ und 15.Sxc6) 13.exf7+ Kf8 14.Se5 Sxd5 15.Sg6+ Kxf7 16.Sxh8+ Dxh8 17.Dxh5+ Kf8 18.Dxd5 ; 8...Se4 ist gerade noch spielbar. Allerdings verheißt 9.Ld5 Sc5 10.Sxd4 Lb7 11.Sf5 0-0 12.Te1 Se6 13.Sc3 Schwarz sehr beengtes Spiel.) ] 7...d6 8.c3 0-0 9.Te1 Lg4 10.Le3 exd4 11.cxd4 d5 Die bisherigen und die folgenden Züge über den 20. Zug hinaus sind fast schon Standard in den weit ausanalysierten Spanisch-Varianten. 12.e5 Se4 13.Sc3 Sxc3 14.bxc3 Dd7 15.h3 Lh5 16.g4 Lg6 17.Sd2 a5 18.f4 Setzt eine gefährliche Bauernwalze in Bewegung. Schwarz versucht sein Heil am Damenflügel. 18...a4 19.Lc2 Lxc2 20.Dxc2 f5 21.exf6 Lxf6 22.Sf3 Tae8 23.Lf2 [23.Se5 Lxe5 24.fxe5 verspricht Schirow nichts. Iwantschuk hat alle wichtigen weißen Felder gut unter Kontrolle.] 23...h5 24.Dg6 Te4! Dieser unerwartete Konter stürzt Weiß in gewisse Verlegenheit. 25.Txe4 [25.Dxh5 Txf4 26.Te3 b4 27.Td1 b3 überlässt dem Nachziehenden einen gefährlichen Freibauern.] 25...dxe4 26.Sh2? Entpuppt sich unerwartet als Fehler! [Richtig ist allein 26.Sg5! Lxg5 27.Dxg5 hxg4 28.hxg4 und Schirow bleibt im Spiel.; 26.Dxe4 hxg4 27.hxg4 Dxg4+ 28.Kf1 Se7 macht angesichts der offenen weißen Königsstellung nur dem Gegner Freude.] 26...Sxd4!! Ein überraschender Einschlag, der Material einstreicht. 27.cxd4 [27.Lxd4? Lxd4+ 28.cxd4 Dxd4+ 29.Kg2 Dxa1 erweist sich als hoffnungslos.; 27.Te1 Sf3+ 28.Sxf3 exf3 29.gxh5 Lxc3 sieht angesichts der Freibauern am Damenflügel kaum besser aus.] 27...Lxd4 28.Tb1 Was sonst? [Sofort verlieren die Züge 28.Tf1? wegen 28...e3 sowie ; 28.Td1 Lxf2+ 29.Kxf2 Dxd1 oder schließlich ; 28.Tc1 Lxf2+ 29.Kxf2 Dd2+ ; Nach 28.Te1 fällt die Entscheidung etwas komplizierter mittels 28...Lxf2+ 29.Kxf2 Dd2+ 30.Te2 Txf4+ 31.Kg3 h4+ 32.Kxh4 Dxe2 33.De6+ Tf7 34.De8+ Tf8 35.De6+ Kh8 und Weiß gehen die Schachs aus.] 28...e3 29.Lg3 h4! Ein schöner Ablenkungszug, der den Turm aktiviert. 30.Lxh4 [Als Iwantschuk seine Kombination konzipierte, musste er den Gegenangriff 30.Sf3 hxg3 31.Sg5 mit ins Kalkül einbezogen haben: 31...Txf4! 32.Dh7+ Kf8 33.Dh8+ Ke7 und wieder hat sich der schwarze Monarch in Sicherheit gebracht.] 30...Txf4 31.Dd3 [Oder 31.Le1 e2+ 32.Kg2 Dd5+ 33.Kg3 Le5! 34.Kh4 Dd8+ 35.Kh5 Tf6 36.Lh4 (36.Dg5 führt nach 36...Kf7! zum Matt.) 36...Txg6 37.Lxd8 Th6+ 38.Kg5 Lxh2 39.Te1 Te6 40.Kh4 Ld6 und gegen Lb4 ist kein Kraut mehr gewachsen. Der e-Bauer entscheidet den Tag.] 31...Dd5 32.Sf1 [Nach 32.De2 erobert 32...Tf2! 33.Lxf2 exf2+ die Dame oder setzt matt durch 34.Kf1 Dh1# ] 32...Tf2! 33.Sxe3 [33.Lxf2 exf2+ 34.Kh2 Le5+ 35.Dg3 Lxg3+ 36.Sxg3 Dxa2 lässt keinen Zweifel am Ausgang der Partie aufkommen.] 33...Tg2+ 34.Kh1 [34.Kf1 Df3+ 35.Ke1 Lc3+! 36.Dxc3 De2# ] 34...Df3! Ein letzter hübscher Kniff. 35.Sxg2 Dxd3 und angesichts der Doppeldrohung 36...Dxh3 matt und 36...Dxb1 gab Weiß auf. 0-1


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