Startseite Rochade Kuppenheim

"Märchenonkel" der 64 Felder wird selbst 64

Beliebter Kommentator Pfleger feiert besonderen Geburtstag für Schachspieler

von FM Hartmut Metz, 07. August 2007

 

 

   Er ist der König der deutschen Schachspalten: Dr. Helmut Pfleger. Seine wöchentliche Kolumne ist seit 1981 ein fester und beliebter Bestandteil der "Zeit". Durch seine TV-Sendungen brachte der Münchner Prominente wie Fußballtrainer Felix Magath zum Spiel auf den 64 Feldern. Der ehemalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker gehörte ebenfalls zu seinen regelmäßigen Gästen bei "Schach der Großmeister". Die Absetzung im WDR vor zwei Jahren schmerzte den früheren Nationalspieler - jedenfalls mehr als seinen am Montag anstehenden 64. Geburtstag. Lachend gesteht der emsige Buchautor, der auch zahlreiche Telekolleg-Sendungen im Dritten über Chemie und Biologie moderiert hat, ein: "Bei der Zahl 64 denke ich wirklich in erster Linie ans Schachbrett! Es ist daher ein besonderer Geburtstag für mich durch die 64. Schach zieht sich durch mein ganzes Leben, deshalb bedeutet mir die Zahl viel."

   Als praktizierender Psychotherapeut kennt Pfleger die Unterschiede zwischen Leben und Spiel, das viele gefangen nimmt, nur zu gut. "Schach stellt einen abgeschlossenen Kosmos dar mit einer begrenzten Zahl von Möglichkeiten, auch wenn diese schier ins Unendliche gehen. Das Leben ist aber doch mehr. Der englische Großmeister und Mathematiker John Nunn sagte einmal vor vielen Jahren, im Leben sei alles unsicher. Schach erweise sich dagegen als überschaubar und folge festen Regeln - das Leben jedoch nicht. Den Vorteil sehen manche gegenüber dem regellosen Leben, ich empfinde es umgekehrt. Ich kann die Schachspieler aber verstehen: Man hat festen Boden unter den Füßen. Das ist für viele ganz, ganz wichtig. Schach stellt einen Bereich dar, in dem sie sich sicher fühlen", führt Pfleger, der regelmäßig Yoga macht und meditiert, aus.

   Neider versuchten den eloquenten Kommentator oft als "Märchenonkel" abzuqualifizieren. Der Großmeister entgegnet: "Natürlich mochte nicht jeder meine etwas anekdotische Art oder meinen Ansatz, alles möglichst einfach aufzubereiten. So glitt ich ein bisschen in die Rolle des Märchenonkels, das mag sein. Ich will da keine Schwäche von mir leugnen. Ich glaube allerdings, dass man damit insgesamt mehr Leute erreichen konnte. Als wir eine Million TV-Zuschauer hatten, hieß das: Neun von zehn Zuschauern müssen mehr oder minder Laien gewesen sein bei nur etwa rund 100 000 Vereinsspielern in Deutschland. Viele schauten also zu, weil sie sich durch diese Art angesprochen fühlten, ohne viel vom Schach verstehen zu müssen."

   Seine enorme Spielstärke demonstrierte Pfleger vor allem als 21-Jähriger 1964 bei der Schach-Olympiade in Tel Aviv. Mit 12,5:2,5 Punkten trug er maßgeblich zum Gewinn der deutschen Bronzemedaille bei. In der Final-Gruppe schlug der Münchner unter anderem den Israeli Zadok Domnitz sehenswert.











Pfleger (2545) - Domnitz
Tel Aviv Olympiade, Final-Gruppe A Tel Aviv, 1964

1.d4 Sf6 2.c4 g6 3.Sc3 Lg7 4.e4 d6 5.Le2 e5?! Dieser an sich typische schwarze Vorstoß kommt etwas zu früh. Stattdessen ist zunächst die Rochade angebracht, um den König aus der Schusslinie zu nehmen. 6.dxe5 dxe5 7.Dxd8+ Kxd8 8.f4! Konsequent versucht Weiß die Stellung aufzureißen, um eher dem herumirrenden feindlichen König zu Leibe rücken zu können. 8...Sfd7? Der Zug blockiert nur die Entwicklung. Da das Nehmen auf e5 keine ernste Gefahr bedeutet, ist zum Beispiel [ 8...Le6 9.Sf3 ( 9.fxe5 Sg4 10.Sf3 Sxe5 11.Sg5 Sbd7 ) 9...exf4 10.Lxf4 Sh5 11.0-0-0+ Kc8 12.Ld2 h6 besser, auch wenn Weiß überlegen steht.] 9.Sf3 c6 10.0-0 Plötzlich entpuppt sich f7 als wunder Punkt. 10...exf4 11.Lxf4 f6? [ 11...Te8 12.Sg5 ( 12.e5 Sxe5 13.Sxe5 Lxe5 14.Lxe5 Txe5 15.Txf7 Te7 ist nicht stärker.) 12...Ld4+ 13.Kh1 f6 14.Sf7+ Ke7 15.Sd6 Tf8 16.Tad1 Le5 17.Lg4 Lxf4 18.Txf4 h5 hält Schwarz noch im Spiel.] 12.Tad1 Ke8 13.e5! fxe5 14.Lg3 Nachdem die Flucht des schwarzen Monarchen auch auf der f-Linie vereitelt ist, bleibt es ungemütlich für ihn. 14...Sc5 [ 14...Tf8 15.Se4 Kf7 16.Sfg5+ Kg8 scheitert an 17.Lg4! h6 18.Le6+ Kh8 19.Sf7+ Kh7 20.Sfd6 und der Nachziehende kann Figurenverlust auf c8 oder d7 nicht mehr abwenden.] 15.Lxe5 Lxe5 16.Sxe5 Le6 17.b4 Scd7 18.Sf3 Ke7 19.Sg5 Sf8 [ 19...h6 verhindert die Niederlage auch nicht: 20.Sxe6 Kxe6 21.Lg4+ Ke7 22.Tde1+ Kd8 23.Tf7 Te8 24.Se4! Te5 25.Th7 h5 26.Lxd7 Sxd7 27.Th8+ Te8 28.Txe8+ Kxe8 29.Sc5+ Kd8 30.Td1 mit Figurengewinn.] 20.Sxe6 Sxe6 21.Lg4 Sd7 [ 21...h5 22.Lxe6 Kxe6 23.Tde1+ Kd7 24.Tf7+ Kc8 25.Tee7 erweist sich ebenso als unersprießlich. 25...b6 26.Se4 nebst folgendem Matt.] 22.Tde1 Sdf8 23.Se4 Der Springer droht über c5 oder g5 die Fesselung erfolgreich abzuschließen. 23...Sd8 24.Sc5+ Kd6 25.Tf6+ Kc7 26.Te7+ Kb8 Hat der König endlich ein ruhiges Plätzchen gefunden? Ja, denn nach 27.Txb7+!! wird er sogleich zu Grabe getragen! [ 27.Txb7+!! Sxb7 28.Sa6# ] 1-0



   Teil II folgt nächste Woche.

Helmut Pfleger

Dauergast als Kommentator in Dortmund:
Helmut Pfleger (rechts) vor der letzten Runde am Brett von Peter Leko


Meko 2007
Meko-Übersicht
Startseite