Startseite Rochade Kuppenheim

Die letzte Goldmedaille per Postkarte

Deutschland sichert sich vorzeitig den Sieg bei der 13. Fernschach-Olympiade

von FM Hartmut Metz, 26. Juli 2008

 

Fernschach zählt selbst unter Schachspielern nicht mehr zu den beliebtesten Beschäftigungen. Auf rund 3 000 Mitglieder ist der Deutsche Fernschachbund (BdF) zusammengeschrumpft. Damit gilt der BdF zwar noch immer als größter nationaler Fernschachverband der Welt, aber mittlerweile frönen nur noch etwas mehr als drei Prozent der Vereinsspieler diesem Hobby. Computer und das Internet haben die "längste Sportart der Welt" kaputt gemacht. Grübelte man früher zu Hause oft tagelang am besten Zug, übernehmen das heute die Schachprogramme. So unterlaufen selbst Patzern mit Computerkenntnissen keine sonderlichen Fehler mehr. Der Austausch der Züge per Postkarte büßte seinen Reiz ein, weil nur noch zwei Rechner gegeneinander antreten, denen Menschen die grobe Richtung durch die endgültige Zugwahl vorgeben.

Der Charme der jahrelangen Duelle geht mit der 13. Weltmeisterschaft wohl endgültig verloren. Die ewigen Postlaufzeiten besonders in den ehemaligen Ostblock sorgten dafür, dass das Gros der Fernschachspieler auf die Zugübermittlung per E-Mail umstellte. "Beruflich bin ich viel unterwegs und kann fast gar nicht per Post spielen, weil ich nicht dort bin, wo der Briefkasten ist", erklärte Robert von Weizsäcker auf der Webseite Chessbase.de. Der Sohn des ehemaligen Bundespräsidenten trug seit November 2004 dazu bei, dass Deutschland wohl die letzte Olympiade-Goldmedaille per Postkarte gewann. Das Team mit dem ehemaligen Weltmeister Fritz Baumbach, Siegfried Kluve, Martin Kreuzer, dem Präsidenten des Deutschen Schachbundes (DSB) von Weizsäcker, Roland Pfretzschner und Matthias Kribben steht vorzeitig als Gewinner der Mannschafts-WM fest. 23 der insgesamt 330 Partien laufen zwar noch, aber die zehn Konkurrenten können nicht mehr zu Deutschland aufschließen. Mit 37:21 Punkten und zwei ausstehenden Partien liegt die BdF-Auswahl weit vor Tschechien (33:25) und Polen (30:27). 50 Nationen waren 1999 an den Start gegangen, die elf besten hatten sich für das Finale qualifiziert.

Mit der nachstehenden Partie sicherte DSB-Vizepräsident Kribben gegen Wjatscheslaw Ljukmanow den Sieg über Russland. Nächste Woche folgt noch ein hübscher Erfolg von Spitzenspieler Baumbach.











Kribben - Ljukmanow [B33]
13. Fernschach-Olympiade

1.e4 c5 2.Sf3 Sc6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 Sf6 5.Sc3 e5 6.Sdb5 d6 7.Lg5 a6 8.Sa3 b5 9.Lxf6 gxf6 10.Sd5 Lg7 11.Ld3 Se7 12.Sxe7 Dxe7 13.c4 f5 14.0-0 0-0 15.Df3 Te8 [ 15...bxc4 16.Sxc4 f4 und; 15...Db7!? 16.exf5 ( 16.cxb5 d5 ) 16...Dxf3 17.gxf3 sind interessante Alternativen.] 16.Tfe1 b4 17.Sc2 f4 18.Sxb4 Tb8 19.Sd5! [ 19.Sc6 gewinnt keine Qualität, sondern verliert die Dame: 19...Dg5 20.Sxb8? Lg4 21.Dxg4 Dxg4 22.Sxa6 f3 23.g3 Te6 mit gewissen Angriffschancen für Schwarz.] 19...Dg5 20.Le2! Txb2 Kribben erklärt die Stellung: "Mein Gegner ist auf der b-Linie eingedrungen, doch Weiß wird sie in einigen Zügen beherrschen - und der schwarze Bauernangriff am Königsflügel ist zu langsam." 21.Da3 Td2 22.Tad1 Txd1 23.Txd1 Lf8 24.Tb1 Kh8 25.Lf3 f5 26.Tb8 Dg6 27.Dd3 Df7 28.Dd1 Da7 29.Db1 "Nach dieser kuriosen Damen-Umgruppierung hat Weiß seine optimale Aufstellung erreicht. Nach der Schaffung des notwendigen Luftlochs kann der Schlussakkord erfolgen", analysiert Kribben. 29...Df7 30.h3 a5 "Dieser Zug macht keinen großen Sinn", meint Kribben, "aber wenn man die Position genau untersucht, bemerkt man, dass sich Schwarz praktisch im Zugzwang befindet. Eine Zugzwang-Situation im Mittelspiel ist ein Phänomen, das man in Nahschach-Partien nur sehr selten antrifft. Im Fernschach jedoch kann sie durch die dort mögliche Präzision hin und wieder erreicht werden." [ 30...Le6 belegt die perspektivlose schwarze Stellung: 31.Tb7 Dg6 32.Sc7 Te7 33.Tb8 Kg8 34.Sxe6 Dxe6 35.exf5! Dxc4 36.f6 Tc7 37.Df5 Df7 38.Dg4+ Kh8 39.Ld5! mit unausweichlichem Matt.] 31.Lh5! Das Läuferopfer krönt das weiße Spiel. Danach nutzt der Anziehende konsequent die schwache Grundreihe Ljukmanows. 31...Dxh5 32.Sf6 Dg6 33.Sxe8 f3 34.g3 Dxe8 [ 34...f4 kommt zu spät. 35.Txc8 fxg3 36.Df1 g2 37.Dd1 Dh5 38.Sxd6 Dxh3 39.Txf8+ Kg7 40.Sf5+! Schwarz steht zwar bereit für das undeckbare Matt auf h1 - aber Weiß kommt früher zum Zuge. 40...Kxf8 41.Dd6+ Kf7 42.De7+ Kg6 43.Dg7+ Kh5 44.Dh6+ Kg4 45.Se3# ] 35.Db5 Der Nachziehende sah ein, dass seine Stellung kollabiert und streckte die Waffen. [ 35.Db5 Dh5 36.h4 Dg4 37.De8 Kg7 38.Txc8 Dh3 39.Dxf8+ Kg6 40.Dg8+ Kf6 41.Tf8+ Ke7 42.Df7# ] 1-0



Meko 2008
Meko-Übersicht
Startseite