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Indische Galavorstellung mit dem PC

Schnellschach-WM in Mainz: Anand düpiert bei seinem elften Sieg Jungstar Carlsen

von FM Hartmut Metz, 9. August 2008

 

Bei den Chess Classic Mainz (CCM) hat Viswanathan Anand Selbstvertrauen für sein nächstes Gastspiel in Deutschland getankt. Im Oktober verteidigt der 38-Jährige den WM-Titel gegen seinen russischen Vorgänger Wladimir Kramnik. Ein 6:6 und den Gang in den Schnellschach- Tiebreak muss der Weltranglistenerste dabei offensichtlich nicht fürchten - dies beweist seine Galavorstellung in Mainz: Anand gewann vergangenen Sonntag zum elften Mal die CCM, womit sich vor allem die rheinland-pfälzische Landeshauptstadt als ideales Pflaster für den Inder erweist. Seit dem Umzug der Chess Classic von Frankfurt in die Rheingoldhalle trat Anand achtmal dort an - und wurde zum achten Mal Weltmeister im Schnellschach.

Diesmal war sich der Abonnementssieger aber alles andere als sicher, dass seine "Erfolgsserie hält". Anand äußerte gehörigen Respekt vor dem Weltranglistenzweiten Alexander Morosewitsch, der stets wild gegen ihn kämpfenden Ungarin Judit Polgar und vor allem Nachwuchsstar Magnus Carlsen. Der 17-jährige Norweger überstand auch tatsächlich als Zweiter die Vorrunde mit einem Sieg und fünf Remis, nachdem die drei Männer vor der letzten Partie alle gleichauf mit 3:2 Punkten gelegen hatten. Lediglich Judit Polgar (1,5:4,5) hatte nichts mit dem Finaleinzug der beiden Besten zu tun. Morosewitsch fiel durch die abschließende Niederlage gegen Anand auf Rang drei zurück. Den verteidigte der Russe dann immerhin glücklich im Spiel um Platz drei durch das 2,5:1,5 über Polgar.

Nachdem Anand in der Vorrunde zweimal nicht über Remis gegen Carlsen hinausgekommen war, erteilte er seinem Kronprinzen im Endspiel zwei Lektionen. Die erste Partie entschied der Inder durch eine prächtige Eröffnungsvorbereitung mit dem Computer. Dadurch war der Grundstein für einen leichten 3:1-Sieg gelegt.











Anand (2798) - Carlsen (2775) [B78]
Schnellschach-WM, Finale Mainz, 03.08.2008

1.e4 c5 2.Sf3 d6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 Sf6 5.Sc3 g6 6.Le3 Lg7 7.f3 Sc6 8.Dd2 0-0 9.Lc4 Ld7 10.Lb3 Tc8 11.0-0-0 Se5 12.Kb1 [ 12.g4?! b5!<=> ist spielbar für Schwarz, wie auch die Vorrundenpartie in Mainz zwischen Judit Polgar und Magnus Carlsen zeigte: 13.g5 b4!? 14.Sce2 Sh5 15.f4N ( 15.Sg3 a5 ) 15...Sc4 16.Lxc4 Txc4 17.b3 Tc7 18.Sg3 Tc3 19.Sxh5 gxh5 20.Kb1 Da5 21.f5 Tfc8 22.f6 e5 23.Sf5?? ( Bei 23.fxg7 exd4 24.Dxd4 Txc2 25.Dxa7 De5 26.Dd4 bleibt die Partie offen.) 23...Lxf5 24.exf5 Txc2 25.Dxc2 Txc2 26.Kxc2 Dxa2+ 27.Kd3 Lf8 28.Tc1 d5 29.Thd1 Db2 30.Ld2 Dxb3+ 31.Ke2 e4 32.Le3 Db2+ 33.Ke1 Dxh2 34.Txd5 Db8! Dieser für die Kiebitze unglaublich umsichtige Zug, der die Grundreihe deckt und den b-Bauern rasch mobilisiert, entscheidet die Partie endgültig. 35.Tcd1 b3 36.Td8 Db4+ 37.Kf2 b2 38.Tb1 Da5 39.Ta8 Dxf5+ 40.Ke1 Da5+ 41.Kf2 Dc7 42.Td1 Dh2+ 43.Ke1 Dh1+ 44.Ke2 Dxd1+ 0:1.] 12...a6 [ 12...Te8 wurde von Carlsen auch schon versucht und ist beliebter als die Partiefortsetzung. Mit dem Turmzug vermeidet Schwarz den Läuferabtausch nach Lh6, wonach Lh8 folgt.] 13.h4 h5 14.g4 [ In der Vorrunde vertraute Anand noch auf 14.Lh6 Sc4 15.Lxc4 Txc4 16.Lxg7 Kxg7 17.The1 Te8N 18.Sde2 Da5 19.Sf4 Tec8 20.Scd5 Dxd2 21.Txd2 Sxd5 22.Sxd5 Te8[] 23.Sb6 Tc7 24.e5 Le6 25.exd6 Tc6! und Schwarz hatte keine Probleme im Endspiel.] 14...hxg4 15.h5 Sxh5 16.Tdg1!N [ Diese Verbesserung bereitete Anand vor, nachdem der Kubaner Leinier Dominguez vier Tage zuvor noch 16.Lh6 gegen Carlsen gezogen hatte. "Ich habe diesen Zug bei meiner Analyse der Partie nicht bedacht, aber Magnus, der diese Variante dreimal in der Woche spielt, sollte mehr Motivation haben, diesen Zug zu finden", scherzte der ukrainische Großmeister Michail Golubew in der Online-Schachzeitung "Chess Today".] 16...Da5 17.Lh6 Txc3? Das verliert umgehend. [ 17...Lf6!? ist eine Alternative. 18.fxg4 ( 18.Lxf8 Kxf8 19.fxg4 Lxg4 20.Dh6+ Lg7 21.De3 verspricht Weiß nicht viel.) 18...Lxg4 19.Df2 Txc3!? 20.Ld2 Tfc8 mit unklarer Stellung, weil 21.Lxc3? wegen des zweiten Qualitätsopfers 21...Txc3! 22.bxc3 Dxc3 verliert. Der schwarzfeldrige Läufer auf f6 beherrscht das Geschehen in Verbindung mit der Dame, die ein Matt auf b2 latent in der Luft hängen lässt.] 18.Lxg7!+- Kxg7 19.Txh5! Der K.o.-Schlag, der die Königsstellung öffnet. 19...Txb3 [ 19...gxh5? 20.Dg5+ Kh7 ( 20...Sg6 21.Dxa5 ) 21.Dxh5+ Kg7 22.Dg5+ Kh7 23.Th1# ] 20.Dxa5? Anand lässt sich vom Damengewinn blenden. Schneller gewinnt [ 20.Dh6+! Kf6 21.Dg5+ Kg7 22.Sxb3 Dd8 23.Tgh1 Tg8 24.Th7+ Kf8 25.Dh6+ Ke8 26.Th8 Txh8 27.Dxh8# ] 20...Txb2+! 21.Ka1 [ 21.Kxb2 Sc4+ 22.Kb1 Sxa5 23.Txa5 e5 erweist sich wegen der schwarzen Bauernmasse als schwächer, auch wenn Weiß einen Turm mehr hat.] 21...gxh5 22.f4 Le6 23.Sxe6+ fxe6 24.fxe5 Tb5 Der erfindungsreiche Carlsen hält die Stellung trotz der Dame weniger am Leben. 25.Dc7 Txe5 26.Dxe7+ Tf7 27.Dxd6 Txe4 28.Th1! Anand muss energisch spielen. Erlaubt sich Weiß Nachlässigkeiten, baut Schwarz womöglich eine Festung mit den Türmen und den Bauern auf - oder noch schlimmer: g- und h-Bauer marschieren nach vorne und drohen sich umzuwandeln. 28...Tf5 29.De7+ Kg6 30.De8+ Kg7?! Ein unverständlicher Zug, den Carlsen sofort aus dem Handgelenk spielte. Nach [ 30...Kh6 wirkt der weiße Gewinnplan noch nicht ganz so offensichtlich. 31.Dh8+ Kg6 32.Dg8+ Kf6 33.Dh7 Tee5 34.Dxb7 a5 ] 31.Td1? [ Gegen 31.Txh5 spricht nichts.] 31...Td5? [ 31...Tf7 erweist sich als zäher.] 32.Txd5 exd5 33.Dxh5 b5 34.Dg5+ Kh7 35.Dxd5 Ta4 36.Dg5 Tc4 37.Kb2 Tb4+ 38.Kc1 Ta4 Obwohl die Partie schon fast 25 Züge lang verloren ist, zögert Carlsen das Ende weiter hinaus! Für eine Festung müsste der schwarze Monarch jedoch nach b6 gelangen. Dann hätte sich der Traum vom Remis verwirklichen lassen. 39.a3 Tc4 [ 39...Txa3?? 40.De7+ Kg6 41.Dxa3 ] 40.Kd2 Td4+ 41.Ke1 Ta4 42.Kf1 Tc4 43.Kg1 Tc6 44.Dd5 Tg6 45.a4! bxa4 46.Dd7+ Kh6 47.Dxa4 Kg5 48.c4 Kf5 49.c5 Ke5 50.Dd7 Der c-Bauer marschiert durch, weshalb Carlsen die Waffen streckte. 1-0



Carlsen-Anand
Das Unglück im Drachen nimmt für Magnus Carlsen (links) gegen Viswanathan Anand seinen Lauf

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