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Naiditsch ein Glücksgriff für Baden-Baden

OSG- Rumpfteam verpasst hauchdünn den Schach-Europapokal

Von FM Hartmut Metz, 8. November 2008

 

"Leider sind wir nur Zweiter geworden, obwohl es sehr gut für uns aussah", bedauert Arkadij Naiditsch. Die OSG Baden-Baden verpasste im griechischen Kallithea hauchdünn den Sieg im Schach-Europapokal. Der deutsche Meister blieb zwar in den sieben Spielen ungeschlagen, leistete sich jedoch auf der Zielgeraden zwei 3:3. So zog Ural Swerdlowskaja noch mit 12:2 Punkten gleich und holte dank der besseren Brettpunkte vor den Baden-Badenern den Europapokal.

Dennoch ein exzellentes Ergebnis, schließlich mussten die Kurstädter außer auf Weltmeister Viswanathan Anand, der seinen Titel in Bonn gegen Wladimir Kramnik verteidigte, auch auf den 17-jährigen Weltranglistendritten Magnus Carlsen, Alexej Schirow und Sergej Mowsesjan verzichten. Das Trio trat in Kallithea für andere Klubs an. Im Schach ist das Bäumchen-wechsel-dich-Spiel statthaft, weil sich die Profis in mehreren Ligen gleichzeitig verdingen dürfen und die Gelegenheit dank der unterschiedlichen Termine auch gerne zur Aufbesserung ihres Salärs nutzen.

Zwei Großmeister sprangen in die Bresche für die Topstars: Neben dem Franzosen Etienne Bacrot ragte Arkadij Naiditsch beim Europapokal heraus. Der Dortmunder, den früher viele für ein Problemkind hielten, entpuppte sich als Glücksgriff für Baden-Baden. Nachdem der 23-Jährige kurz vor Ende der Wechselfrist 2007 anheuerte, brillierte die deutsche Nummer eins in der Bundesliga mit phänomenalen 11,5:1,5 Zählern. Naiditschs Siegesserie, die lediglich von seltenen Remis durchbrochen wird, wurde beim letzten Bundesliga-Wochenende allerdings beendet. Gerald Hertneck vom TV Tegernsee schlug den bisherigen Punktegaranten.

Beim Europapokal hatte sich Naiditsch zuvor mit 5,5:1,5 Punkten einen weiteren Zugewinn in der Elo-Weltrangliste gesichert. "Ich trainiere viel, das macht sich bezahlt", meint Naiditsch und sieht sich auf dem Weg in die Top 20. Derzeit nimmt der gebürtige Rigaer Platz 44 in der Weltrangliste ein.

Nachstehend sein grandioser Sieg über den Russen Jewgeni Najer. Dieser trug in der vierten Runde zum klaren 4:2-Erfolg der OSG gegen TPS Saransk bei.











Najer (2682) - Naiditsch (2678) [C45]
24. Europapokal Kallithea, 20.10.2008

1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.d4 exd4 4.Sxd4 Lc5 5.Le3 Df6 6.c3 Sge7 7.Lc4 Se5 8.Le2 Dg6 9.0-0 Das ist sicher stärker als das kurzfristig von Computern bevorzugte [ 9.Sb5? Lxe3 10.Sxc7+ Kd8 11.Sxa8 Dxg2 12.Tf1 Lf4 13.Da4 S7c6 14.Sd2 b6 15.Db5 Lb7 16.Sxb6 axb6 17.Dxb6+ Kc8 und Schwarz steht besser mit zwei Figuren für Turm und (noch) zwei Bauern.] 9...d6 10.f3 0-0 11.Kh1 d5 12.f4 [ Der scheinbar trickreiche Abzug 12.Sf5 erweist sich als doch nicht so nachhaltig, wie er zunächst scheint: 12...Sxf5 ( 12...Lxe3?? 13.Sxe7+ Kh8 14.Sxg6+ ) 13.Lxc5 dxe4! 14.fxe4 Sh4 15.Tf2 Sg4 16.Lxg4 Lxg4 17.Df1 Tfe8 und Schwarz steht aktiver.] 12...Dxe4 13.b4N Erst das ist ein neuer Zug. 13...Lb6 [ 13...Lh3?! spielt zu spekulativ 14.Tg1 Dxe3 15.bxc5 S5g6 16.gxh3 Sxf4 17.Dd2 De5 18.Sa3 Sxh3 19.Tgf1 und die Mehrfigur sollte sich langfristig bemerkbar machen.] 14.Lg1 Lh3!? Ein spektakulärer Zug, der angesichts des hängenden Materials nicht auf der Hand liegt. 15.Tf2 [ 15.Lf3? Sxf3 16.Sxf3 Lxg1 17.Kxg1 Dg6 mit klarem Vorteil für den Nachziehenden.] 15...Lxd4 16.cxd4 [ 16.Dxd4?! kontert Schwarz mit 16...Sg4! 17.Dxe4 Sxf2+ ( 17...dxe4? 18.Tf1 ) 18.Lxf2 dxe4 19.gxh3 Sd5!? 20.Lg3 f5 Naiditsch steht dann gewiss nicht schlechter, weil die Eroberung der d-Linie und der gedeckte Freibauer auf e4 den kleinen materiellen Nachteil kompensieren. ] 16...Sg4! 17.Tf3! [ 17.Lxg4? verliert nach 17...Lxg4 18.Dxg4 Dxd4 19.Sc3 Dxc3 20.Tb1 ] 17...Lxg2+! Ein taktischer Schlag folgt auf den nächsten. 18.Kxg2 Sf5 19.Dd2? Der natürlich wirkende Zug entpuppt sich als Schnitzer. [ 19.Kh1!+/- entgeht ebenso den Springergabeln auf e3 und nimmt den König aus der Schusslinie (ungeachtet der wenig dramatischen Fesselung des Turms).] 19...Sh4+ 20.Kg3 Dg6! [ 20...Sxf3?! 21.Lxf3 Sf6 22.Lxe4 Sxe4+ 23.Kf3 Sxd2+ 24.Sxd2~~ minimiert dagegen den Vorteil.] 21.Kxh4 Najer beißt in den sauren Apfel. Alles andere verliert rasch. [ 21.f5 Sxf5+ 22.Txf5 Se3+! 23.Kf2 Dxf5+ 24.Lf3 ( 24.Kxe3 Tae8# ) 24...Sc2 25.Dc3 Tfe8 26.Sd2 Sxa1 27.Dxa1 Dc2 28.Dd1 Dxa2 ] 21...Sf6! 22.Te3?! [ Das paradox anmutende 22.Th3!! bietet die besten Rettungschancen. 22...Se4 ( 22...Dxg1? 23.Lf3! Se4 24.Lxe4 dxe4 25.Tg3 Df1 26.De3 f5 27.Tg1 Db5 28.Sa3 Dxb4 29.Db3+ Dxb3 30.axb3 und Weiß ist raus aus dem Gröbsten.) 23.Dc1 Dh6+ 24.Lh5 ( 24.Kg4? f5+ ) 24...g6 25.Kg4 gxh5+ 26.Kf3 Dg6 27.Th4 Sd6 28.f5 Sxf5 29.Tf4 und Najer kann noch kämpfen.; Umgehend verlieren 22.Tg3?? Dh6+ 23.Lh5 Dxh5# ; und 22.Tc3? Dh6+ 23.Kg3 Se4+ 24.Kg2 Sxd2 ] 22...Dxg1 23.Lf3 [ 23.Lh5 führt ebenfalls in den Orkus: 23...Tae8 24.Tg3 Df1 25.Lf3 Se4 26.Lxe4 ( 26.Dg2 Sxg3 ) 26...Txe4 27.h3 Txf4+ 28.Tg4 Tf3 29.Tg3 h6 ] 23...Tae8 24.Te5 Se4! Ein weiterer riesiger Zug! 25.Lxe4 Txe5! 26.dxe5 dxe4 27.a4 e3 28.De2 Te8! Weiß gab auf, denn keine Figur kann mehr ohne Materialverlust ziehen. [ 28...Te8 29.Dg4 ( 29.Kh3 Te6 und gegen Th6 ist kein Kraut mehr gewachsen.) 29...Dxh2+ 30.Dh3 ( 30.Kg5 h6+ 31.Kf5 Dc2# ) 30...Dxf4+ 31.Dg4 Dh2+ 32.Dh3 g5+ 33.Kg4 Df4+ 34.Kh5 Te6 35.Sc3 Kg7 36.Tf1 Th6# ] 0-1



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