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Halbe Kinder setzen die Altstars matt

Fabiano Caruana und Wesley So gewinnen B- und C-Gruppe in Wijk / 14-jähriger Giri wird Großmeister

von FM Hartmut Metz, 15. Februar 2009

 

Die Turniere bei der bedeutendsten Schachveranstaltung zu Jahresbeginn sind ein Fingerzeig für die Zukunft gewesen: In Wijk aan Zee setzten sich Jungstars in allen drei Großmeister-Gruppen durch. Der 2002 mit zwölf Jahren jüngste Großmeisters aller Zeiten, Sergej Karjakin, sicherte sich an der holländischen Küste Platz eins im Topwettbewerb (wir berichteten). Im B- und C-Turnier bestimmten Fabiano Caruana und Wesley So die Schlagzeilen.

Der 16-jährige Italiener schlug in der letzten Runde etwas glücklich Ex-Vizeweltmeister Nigel Short und schob sich so mit 8,5:4,5 Punkten einen halben Zähler vor den Briten, Rustam Kasimdschanow (Usbekistan) und Alexander Motilew (Russland). Caruana, der in der Bundesliga in Diensten der OSG Baden-Baden steht, steigt nach seiner Weltklasse-Leistung in das A-Turnier 2010 auf. Noch Jüngere bestimmten in der C-Gruppe das Geschehen: Der Filipino Wesley So deklassierte mit 9,5:3,5 Punkten die Konkurrenten im in Wijk aan Zee üblichen 14er-Feld. Damit lag der 15-Jährige, der nach diesem Erfolg in der April-Weltrangliste in die Top 100 vorstoßen dürfte, einen Zähler vor Tiger Hillarp Persson (Schweden) und Anish Giri. Der Sohn eines in den Niederlanden lebenden Nepalesen durfte dennoch sehr zufrieden sein: Im Alter von 14 Jahren und sieben Monaten verbuchte Giri seine dritte Großmeister-Norm und gehört damit zu den jüngsten Spielern aller Zeiten, die sich die höchste Würde im Schach sicherten.

Ungeachtet der beeindruckenden Jungstars spielte David Navara die schönsten Partien. So schlug der unberechenbare Tscheche den indischen Favoriten Krishnan Sasikiran auf brillante Art und Weise. Im Endklassement belegte Navara aber im B-Turnier nur Platz acht.











Navara,D (2638) - Sasikiran,K (2711) [B25]
Corus B Wijk aan Zee, NED, 27.01.2009

1.e4 c5 2.Sc3 d6 3.g3 Sc6 4.Lg2 g6 5.d3 Lg7 6.f4 Tb8 7.Sf3 b5 8.a3 e6 9.Le3 Sge7 10.d4 b4 11.axb4 Txb4?! Wohl schon ein Fehler, wenn auch ein unscheinbarer. [ 11...cxb4 12.Se2 d5 13.e5 sollte geschehen.] 12.dxc5! d5 [ 12...Txb2 sieht zunächst am stärksten aus. Weiß setzt dann jedoch fort mit 13.0-0! Lxc3 14.cxd6 Sg8 15.Dd3 Lg7 16.e5 Ld7 17.Sd4! Sxd4 18.Lxd4 Tb4 19.Txa7 und Schwarz steht trotz der Mehrfigur wie gelähmt angesichts der weißen Bauernphalanx. Ein Beispiel: 19...Sh6 20.Dc3 Tb8 ( 20...Txd4 21.Dxd4 0-0 22.Ta8 Lc8 23.Dc5 f6 24.Lb7 erweist sich ebenso rasch als hoffnungslos.) 21.Txd7 Dxd7 22.Lc6 ] 13.exd5 exd5 14.Se5! [ Das Schach-Programm Rybka bevorzugt 14.Lc1 Navara geht die Stellung jedoch abenteuerlustiger an!] 14...Sxe5 15.fxe5 d4 [ 15...Lxe5 16.Sxd5 Sxd5 17.Dxd5 Dxd5 18.Lxd5 Txb2 19.0-0 0-0 20.Txa7 Lf5 21.c4 Te2 22.Lf2 bereitet Schwarz wenig Freude.] 16.Lg5! dxc3 17.Dxd8+ Kxd8 18.bxc3 Tg4 19.0-0-0+ Ke8 Der einzige Zug. Dagegen verlieren [ 19...Kc7 20.Lxe7 Lxe5 21.The1 f6 22.Txe5! fxe5 23.Ld6+ Kd8 24.Lxe5+ Ke7 25.Lxh8+- ; und 19...Ld7 20.c6 Txg5 21.Txd7+ Ke8 ( 21...Kc8 22.Txe7 Txe5 23.Txf7 Lh6+ 24.Kb2 Tb5+ 25.Ka3 Ta5+ 26.Kb4 Th5 27.Txa7 ) 22.Thd1 Sc8 23.Td8+ Ke7 24.T1d7+ Ke6 25.c7 Kxe5 26.Txf7 Lh6 27.Kd1 Ke6 28.Tf2 Lg7 29.Lh3+ Tf5 ( 29...Ke5 30.Lxc8 ) 30.Lxf5+ gxf5 31.Te2+ Kf7 32.Ted2 Ke6 33.Txh8 Lxh8 34.Td8 Lxc3 35.Txc8 Kd7 36.Ta8 Kxc7 37.Txa7+ Kd6 38.Txh7+- ] 20.Lf6 Lxf6 [ 20...Tg8 reicht ebenso wenig: 21.c6! Tc4 ( 21...h5 22.c7 Ld7 23.Lh3 Lh6+ 24.Kb2 Le3 ( 24...Sf5 25.c8D+ Lxc8 26.Td8# ) 25.Lxg4 hxg4 26.Td3 Lb6 27.Thd1 Lxc7 28.Txd7 Lb6 29.Txe7+ Kf8 30.Tb7 nebst folgendem Matt.) 22.Td6 Lh6+ ( 22...Lxf6 23.exf6 Txc6 24.Lxc6+ Sxc6 25.Te1+ Le6 26.Txc6 ) 23.Kb2 Le3 24.Kb3 Tc5 25.Thd1 Le6+ 26.c4! Lxc4+ 27.Kb4 a5+ 28.Ka3 und das Matt auf d8 kann Sasikiran nicht sinnvoll parieren.] 21.exf6 Ta4 22.c6! Lg4 23.Td2! Mit ungeheurer Präzision reiht Navara die einzigen erfolgverheißenden Züge aneinander! 23...h5 [ 23...Tc4 24.Te1 Le6 25.Ted1 Sxc6 26.Lxc6+ Txc6 27.Td8# ] 24.c7 Ld7 25.Lc6! [ Noch schöner als 25.Lh3! Schließlich kann Schwarz mit zwei Figuren den Läufer nehmen und verliert doch!; 25.Lc6 Ta1+ 26.Kb2 Txh1 27.Txd7 Wieder ist das Matt nicht zu verhindern. Eine grandiose Partie von Navara!] 1-0



 

Interessantes Olympiade-Buch

Das offizielle Turnierbuch zur Schach-Olympiade in Dresden liegt bereits etwas mehr als zwei Monate nach der Veranstaltung vor. Es ist hochwertig gestaltet wie gedruckt und bietet Interessantes auf 200 Seiten, darunter die Historie der Olympiaden in Deutschland. Dazu kommt eine Fülle von Material auf einer DVD, die auch Videos von dieser Art Mannschafts-WM im Schach enthält. Der Nachteil dabei ist aber auch bei der DVD, dass es sich oft um bekanntes Material von der Webseite der Olympiade handelt. Beim Buch überrascht einen auch selten Neues. Die nur rund 80 Seiten über das Herren- und Frauenturnier mit vielen gelungenen Fotos heben sich davon wohltuend ab. Die Partiekommentare von Koryphäen wie Artur Jussupow und Karsten Müller sind gut. Ex-Weltmeisterin Susan Polgar hat sich dagegen meist nur knapp mit den wenigen Partien, die sich im Buch finden und analysiert sind, beschäftigt. Für einen Schnellschuss ist das Buch insgesamt gut geworden und gehört ins Regal jedes Besuchers der Schach-Olympiade.

"Schacholympiade Dresden 2008", Deutscher Schachbund, 200 Seiten und eine DVD, ISBN 978-3-00-024594-7, 24,90 Euro.

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