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Larsens Figuren greifen nochmals an

Buch-Klassiker der dänischen Schach-Legende erfährt eine Neuauflage / Bologan präsentiert lehrreiche "Ausgewählten Partien" und DVD zum klassischen Caro-Kann

von FM Hartmut Metz, 5. September 2009

 

Autobiographien scheinen derzeit im Schach eine neue Blütezeit zu erleben. Von Boris Gelfand bis Anatoli Karpow reichen die Angebote jüngeren Datums etwa bei Edition Olms. Der Schweizer Verlag mit Hildesheimer Wurzeln hält auch die deutschsprachigen Rechte an Garri Kasparows Monumentalwerk über die Schach-Weltmeister. In dieser Reihe findet ebenso Bent Larsen Erwähnung. Der Däne konnte sich zwar nie die WM-Krone aufsetzen, galt aber in seiner besten Zeit Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre als stärkster Spieler des Westens neben Bobby Fischer. Das erkannte auch der Amerikaner an und überließ Larsen 1970 beim Wettkampf zwischen der Sowjetunion und dem "Rest der Welt" (20,5:19,5) das erste Brett. Immerhin gelang dem heute 74-Jährigen in Belgrad ein ehrenvolles 1,5:1,5 gegen Weltmeister Boris Spasski und schlug dessen Ersatzmann Leonid Stein in der vierten Partie.

Der Schachdepot Verlag legte nun Larsens Klassiker "Alle Figuren greifen an" neu auf. Das Vermächtnis gefällt weniger wegen der Partien. Sein Stil wirkt schwerblütig, Husarenritte sind auf Grund seiner Vorliebe für erste Züge wie b3 kaum zu sehen. "In den meisten Eröffnungen gibt es einfach zu viel Theorie ...", begründet der ehemalige Weltranglistendritte seine dröge Wahl. Die Partien sind dafür wortreich und gut für den Laien kommentiert.

Die Höhepunkte stellen allerdings die journalistischen Ausflüge Larsens dar. Originelle Bemerkungen wie etwa "Pele des Schachspiels" für den Brasilianer Henrique Mecking zeugen von der unterhaltsamen Art, die Larsen auszeichnet. Kapitel 16 des Buchs widmet sich einem "Genie namens Bobby Fischer" äußerst ausführlich. Der Amerikaner hatte Larsen mit einem sensationellen 6:0 auf dem Weg zur Weltmeisterschaft gestoppt und danach 1972 Spasski den WM-Titel entrissen. Einziger Fehler des Werks: Das Layout verwirrt immer wieder. Die zwei Spalten verlaufen nicht normal. Am Ende einer Partie sind sie bündig gesetzt. Wechselt man den Blick von der folgenden zweiten Partie in die nächste Spalte nach oben, wundert sich der Leser zunächst über Zug 28, obwohl eigentlich der 6. Zug folgen müsste - fehlt etwas? Nein, nur Layout-Pfusch, denn die Spalte geht auf gleicher Höhe mit dem neuen Partiebeginn (und nur leicht abgesetzt vom vorherigen Duell) weiter.

Ein weiterer Autor, Viorel Bologan, zählt nicht wie einst Larsen zur absoluten Weltspitze. Der Moldawier hat aber durchaus einige Erfolge gefeiert, beispielsweise den Sieg beim Aeroflot-Open in Moskau 2003 nebst Qualifikation für das Weltklasse-Turnier in Dortmund - das Bologan auch noch überraschend gewann! Bereits im Vorwort preist Garri Kasparow - größter Spieler aller Zeiten neben Bobby Fischer und José Raúl Capablanca - Bologans "Ausgewählte Partien". Der Autor gibt nicht nur Einblicke in seine Karriere und sein privates Leben. Die ausführlich kommentierten Partien schließt er stets mit "Schlussfolgerungen" ab, die dem Lernenden sehr nützlich sein können. Das interessante Buch ist nicht nur deshalb zu empfehlen!

Der 38-Jährige hat überdies eine neue DVD bei Chessbase herausgebracht. Darin widmet sich Viktor (wie er sich nun des gebräuchlicheren russischen Vornamens wegen nennt) Bologan mit gewohnter Akribie der klassischen Variante des Caro-Kann nach 1.e4 c6 2.d4 d5 3.Sc3 dxe4 4.Sxe4 Lf5 gewidmet. Die DVD, die vier Stunden und 40 Minuten Laufzeit hat, kostet 27,50 Euro.

Die folgende Partie von Larsen ist dem Kapitel "Die besten Jahre 1969-1973" entnommen. In diesem kommentiert der Däne seinen Sieg über Brian Eley in der zweiten Runde in Hastings 1972/73.











Larsen,B (2625) - Eley,B (2345) [A01]
Hastings 72/73

1.b3 e5 2.Lb2 Sc6 3.e3 Sf6 4.Lb5 d6 5.Se2 Ld7 6.0-0 Le7 7.f4 e4 Hier dachte mein Gegner ein wenig nach; die ersten sechs Züge hatte er sehr schnell gespielt. Schon damals stellte also 1.b3 keinerlei Überraschung mehr dar. Ich meine dennoch, dass [ 7...0-0 stärker ist. 8.Lxc6 Lxc6 9.fxe5 dxe5 10.Lxe5?? Dd5 und der Läufer hängt, zudem droht ein Matt auf g2.] 8.Sg3 0-0 9.Lxc6 bxc6 [ Nach 9...Lxc6 10.Sf5 entfaltet Weiß auf der langen schwarzfeldrigen Diagonale große Wirkung, und zudem stünde der Läufer auf c6 ziemlich passiv.] 10.c4 d5 11.Sc3 Te8 12.Tc1 Lg4 Schwarz möchte das Feld d3 besetzen mittels Sd7-c5-d3, und sein Gegner hindert ihn noch nicht einmal daran! 13.Sce2 Sd7 14.h3 Lxe2 15.Dxe2 Sc5? [ Besser war 15...Lf6 16.Lxf6 Sxf6 , wenngleich Schwarz dann keinerlei Kompensation für seine durch den Doppelbauern geschwächte Bauernstruktur vorweisen kann.] 16.Dg4 g6 [ Jetzt ist 16...Lf6 wegen 17.Lxf6 Dxf6 18.cxd5 nicht mehr gut möglich.] 17.f5! Sd3 Endlich landet er auf diesem wunderbaren Feld. In der Zwischenzeit aber hat Weiß einen gewinnträchtigen Angriff in die Wege geleitet. 18.fxg6 hxg6 19.Txf7! Kxf7 20.Tf1+ Lf6 21.Lxf6 [ 21.Lxf6 Ich habe nun wirklich oft 1.b3 gespielt, aber nie war mein Damenläufer stärker als in dieser Partie. Auf 21...Dxf6 folgt 22.Dd7+ Te7 23.Txf6+ Kxf6 24.Dxc6+ Kf7 25.Dxa8 mit Gewinn.] 1-0



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