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Kostet Stellwagen fünf Autos?
Aserbaidschan nach dramatischem Endspiel Europameister
Von FM Hartmut Metz, 28. November 2009
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Auto weg, 50.000 Dollar weg - die Erregung der fünf Schach-Großmeister aus Aserbaidschan hatte sich vor der letzten Partie bald gelegt. Aufgeregt plapperten sie bei der Mannschafts-Europameisterschaft in Novi Sad (Serbien) über die Kunde, dass jeder im Falle des Titelgewinns von ihnen ein Auto samt 50.000 Dollar Siegprämie erhielte. Die Holländer schienen den Kaukasiern das Geschäft ihres Lebens zu vermasseln. 1,5:1,5 hieß es nach drei Remis - und Wugar Gaschimow war vom rechten Gewinnpfad abgekommen. Dabei klang doch der Nachname des Kontrahenten so verheißungsvoll: Daniel Stellwagen!
Der Wagen rückte indes im Turmendspiel in weite Ferne. Jeder hatte nach Gaschimows schlechter Fortsetzung noch einen Turm und einen Bauern. Im 70. Zug patzte allerdings Stellwagen - und als die Aserbaidschaner realisierten, dass ihr Kamerad nun doch gewinnt, brach die helle Aufregung unter ihnen aus. Gaschimow fackelte nicht mehr lange und vollstreckte unter Jubel zum 2,5:1,5. Mit 15:3 Punkten wurde Favorit Russland (14:4) auf Platz zwei verdrängt. Bronze ging an die Ukraine, die die besseren Brettpunkte als Armenien (beide 13:5) aufwies. Einen sehr guten fünften Rang unter den 38 Teams belegte Deutschland (12:6). Die beste Platzierung seit 2001, als die Equipe von Uwe Bönsch Bronze geholt hatte.
Der Erfolg der Aserbaidschaner ist keine Sensation. Mit Gaschimow, der 6,5:2,5 Zähler sammelte und sich auf Platz sechs der Weltrangliste vorschob, Teimur Radjabow und Schachrijar Mamedjarow stehen drei Topspieler in den Reihen des Teams aus Baku. Gadir Guseinow und Rauf Mamedow zählen immerhin auch zu den stärksten 100 Großmeistern der Welt.
Bei den Damen lieferten sich Russland und Georgien ein Kopf-an-Kopf-Rennen, das Letztere trotz 16:2 Mannschaftspunkten knapp verloren. Die Russinnen hatten mit 26:10 Brettpunkten zwei Zähler mehr auf ihrer Habenseite. Auch hier belegte die Ukraine Platz drei vor Aserbaidschan und Armenien (alle 12:6). Deutschland (10:8) enttäuschte als Zwölfter. Die Muggensturmerin Ketino Kachiani-Gersinska musste an Brett zwei mit 3:4 Punkten zufrieden sein.
Von Silber zeigten sich die russischen Männer wenig angetan. Peter Swidler, der für den fehlenden Ex-Weltmeister Wladimir Kramnik am Spitzenbrett saß, durfte sich zumindest mit der schönsten Partie der EM trösten. Der Baden-Badener Bundesliga-Crack schlug in der fünften Runde den Israeli Emil Sutovsky dank einer wahren Opferorgie.
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Sutovsky,E (2676) - Swidler,P (2741) [B17]
17. Mannschafts-Europameisterschaft Novi Sad, 26.10.2009
1.e4
c6
2.d4
d5
3.Sd2
dxe4
4.Sxe4
Sd7
5.Sg5
Sgf6
6.Ld3
e6
7.S1f3
Ld6
8.De2
h6
9.Se4
Sxe4
10.Dxe4
Dc7
11.0-0
b6
12.Dg4
Kf8
13.b3
Lb7
14.Lb2
Sf6
15.Dh3
Sd5
16.g3
c5
17.dxc5
Lxc5
Der Bauer kann auch mit der Dame genommen werden, wie Wassili Iwantschuk im Vorjahr im niederländischen Wijk aan Zee gegen Peter Leko zeigte.
18.Se5N
Erst dies ist der erste neue Zug. [ In Ni Hua - Sundararajan (Kolkata/Indien) erhielt Schwarz vor kurzem Gegenspiel mittels 18.Tae1
Td8
19.Sg5
Sf6
20.Dh4
Dc6
21.Se4
Le7<=>
]
18...Sf6
19.Tae1
Td8
Nun verfolgt Sutovsky einen falschen Plan, den Swidler gekonnt widerlegt.
20.Lg6?
Das sonst so typische Caro-Kann-Motiv scheitert in dieser Stellung. [ 20.Dh4
bewahrt einen kleinen Vorteil für Weiß.]
20...La8!
Ein starker Konter! Swidler kümmert sich nicht um den Schwachpunkt auf f7, sondern stellt die Drohung Db7 auf, um auf h1 ein Matt zu geben. Da der Läufer auf c5 den Bauern auf f2 fesselt, ist die lange Diagonale nicht so einfach zu stopfen. [ 20...fxg6
kommt nicht in Betracht wegen 21.Dxe6
und Sxg6 kann nicht mehr sinnvoll pariert werden.]
21.Lh5?
[ 21.Sxf7
führt nun in den Verlust: 21...Db7!
22.Le4
( 22.Te4
kostet ebenfalls eine Figur. 22...Sxe4
23.Sxd8
Sg5
24.Sxb7
Sxh3+
25.Kg2
Sg5
26.h4
Lxb7+
27.f3
Sf7-+
) 22...Dxf7!
( Schlechter ist 22...Sxe4?
23.Sxd8
Sg5
24.Sxb7
Sxh3+
25.Kg2
Sg5
26.f3
Lxb7
27.h4
Sh7
28.Txe6
Tg8
29.Td1
und Weiß besitzt sogar leichten Vorteil mit Turm und zwei Bauern für zwei Figuren.) 23.Lxa8
Txa8
24.Txe6
Te8
25.Txe8+
Sxe8
Langfristig setzt sich die Mehrfigur dann durch, ist erst einmal der Turm auf h8 ins Spiel gebracht.; Deshalb muss 21.Td1
geschehen, auch wenn 21...Txd1
22.Txd1
Db7
23.Td8+
( 23.Kf1?
scheitert an 23...fxg6
24.Td8+
Ke7
25.Txh8
Dh1+
26.Ke2
Lg2!-+
27.Sxg6+
Kd7
28.Se5+
Kc7
29.Dxe6
Df1+
30.Kd2
Se4#
) 23...Ke7
24.Txa8
Txa8
25.Lxf7
Dd5
26.Lg6
die Qualität nur durch einen Bauern kompensiert wird - der Kampf ums Remis bleibt indes offen. ( Bloß nicht 26.c4?
Lxf2+!
27.Kxf2
Se4+!
28.Ke3
Dd2+
29.Kxe4
De2+
30.Kf4
( 30.Kd4
Td8+
31.Kc3
Dd2#
) 30...g5#
) ]
21...Sxh5
22.Dxh5
Db7!
23.Te4
Das geht zunächst taktisch, weil der Turm angesichts des Schwachpunkts f7 tabu ist.
23...Kg8
24.Tfe1
Td2
25.Sd3
f5
26.Sf4
[ 26.Se5
Lxf2+
( 26...fxe4??
27.De8+
Lf8
28.Dxe6+
Kh7
29.Dg6+
Kg8
30.De6+
mit Dauerschach.) 27.Kf1
De7!
28.Tc4
Lc5!
29.Te2-/+
erweist sich auch nicht als sonderlich attraktiv.; 26.Sxc5
bxc5
27.De8+
Kh7
kostet den Turm auf e4.]
26...fxe4!-+
Das Ende berechnet ein Mann wie Swidler locker.
27.De8+
Lf8!!
[ 27...Kh7
28.Dg6+
Kg8
29.De8+
Kh7
fügt sich ins Dauerschach.]
28.Sg6
[ Bei 28.Dxe6+
beseitigt 28...Df7
alle Gefahren - der Unterschied im Vergleich zum Springer auf e5 in einer vorherigen Variante.]
28...e3!!-+
Brillant vorgetragen.
29.Dxf8+
[ 29.f3
Df7!
( Aber ja nicht 29...Dxf3??
30.Se7+
Kh7
31.Dg6#
) ]
29...Kh7
30.Dxh8+
Kxg6
31.f3
Kann sich Weiß noch verteidigen? Schließlich muss die schwarze Dame g7 gedeckt halten.
31...Tg2+!
[ 31...Dxf3?
32.Dxg7+
Kh5
33.De5+
Df5
34.Dxf5+
exf5
35.Txe3
Txc2
36.Lg7
und Weiß lebt noch, wenn auch in einer schwierigen Stellung.]
32.Kh1
[ 32.Kxg2
Dxf3+
33.Kg1
Df2#
]
32...Te2!
Mit Sicherheit der schönste Gewinnpfad, den Schwarz beschreitet.
33.Tf1
Dxf3+!!
Danach hatte Sutovsky endgültig genug gesehen. [ 33...Dxf3+
34.Txf3
Lxf3+
35.Kg1
Te1#
] 0-1
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