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Draufgängertum beglückt Bremen

Naiditsch wagt zu viel / Gelungene WM-Generalprobe für Anand

von FM Hartmut Metz, 6. März 2010

 

Eine Fehleinschätzung hat der OSG Baden-Baden nach 51 Siegen ohne Niederlage erstmals wieder seit 2006 beide Punkte gekostet. In der Schach-Bundesliga unterlag der Serienmeister am vergangenen Samstag Verfolger Werder Bremen mit 3:5 (wir berichteten). "Ich glaubte, Peter Heine Nielsen und Michael Adams stehen schlecht und ging deshalb aufs Ganze", gestand Arkadij Naiditsch. Weil zudem Kontrahent Michael Roiz "teilweise nur noch eine Minute" bis zur Zeitkontrolle im 40. Zug hatte, lehnte die deutsche Nummer eins das Friedensangebot des Israeli ab. Roiz parierte jedoch umsichtig den Angriff des Draufgängers aus Dortmund und fuhr nach sechs Unentschieden den ersten vollen Zähler ein. Dass danach noch Adams zu viel wagte und die Remisstellung gegen Alexander Areschchenko überzog, lag am Baden-Badener 3:4-Rückstand.

Ausgerechnet die beiden Bremer Matchwinner mussten sich Kritik ihres Kapitäns gefallen lassen: "Das Remisangebot von Roiz darf nicht passieren, das war höchst gefährlich", urteilte Ingolf Meyer-Siebert, schließlich wäre bereits ein 4:4 für die Schach-Abteilung des Fußball-Bundesligisten zu wenig gewesen. Er wertete es so als "Glück, dass Naiditsch ablehnte". Areschchenko habe auch "gewusst, wie es steht. Er stand aber nicht mehr vom Brett auf, so dass ich nicht mit ihm reden konnte", berichtete Meyer-Siebert. Der Ukrainer sah jedoch "keine Gefahr für mich. Adams konnte nur noch abwarten". Durch das 5:3 schloss Werder ebenso wie Solingen zu Tabellenführer Baden-Baden (alle 20:2 Punkte) auf. Ein Stichkampf zwischen der OSG und dem Sieger des Schlussrunden-Duells Solingen - Bremen zeichnet sich ab.

Als einziger verteidigte Viswanathan Anand seinen Nimbus in Heidelberg und bleibt als Spitzenspieler der OSG ungeschlagen. Der Weltmeister remisierte mühelos gegen Wugar Gaschimow und brillierte tags darauf beim 6,5:1,5-Kantersieg über den Hamburger SK. Der polnische Großmeister Robert Kempinski wurde in 28 Zügen überrollt. Psychologisch ein wichtiger Sieg, denn vermutlich war es die Generalprobe für die WM-Titelverteidigung Ende April gegen den Bulgaren Wesselin Topalow.











Anand,V (2788) - Kempinski,R (2616) [B85]
Hamburger SK - OSG Baden-Baden 1,5:6,5 , 28.02.2010

1.e4 c5 2.Sf3 d6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 Sf6 5.Sc3 a6 6.Le2 e6 7.0-0 Le7 8.a4 Sc6 9.Le3 0-0 10.f4 Dc7 11.Kh1 Te8 12.Lf3 Sd7 13.De1 Lf8 14.Df2 Tb8 15.Tad1 Sxd4 16.Lxd4 Weiß verfügt über leichten Vorteil. Die schwarze Stellung ist jedoch solide. 16...b6 [ 16...b5 17.axb5 axb5 18.b4!+/= taugt als Alternative.] 17.e5! dxe5?! [ Das Abriegeln des Zentrums durch 17...d5 erwies sich in der Analyse von Anand und Kempinski nach der Partie als etwas vorteilhafter für den Anziehenden - aber schlimmer als in der Partie wäre es damit gewiss nicht gekommen. 18.Lh5! verhindert zum Beispiel das scheinbar entlastende 18...Lc5? ( 18...Sc5 19.f5 Se4 20.Sxe4 dxe4 21.Df4+/= Nun verbietet sich 21...Dxc2?? wegen 22.Lxf7+! Kxf7 23.fxe6+ Kg8 ( 23...Kxe6 24.Df7# ) 24.Df7+ Kh8 25.Dxf8+ Txf8 26.Txf8# ; 18...g6! sollte geschehen. 19.f5! exf5! ( Nur nicht 19...gxh5?? 20.fxe6 fxe6 21.Df7+ Kh8 22.Dxe8 ) 20.Sxd5 Dc4 21.Lf3 Lb7 22.Lxb6 Lxd5 23.Lxd5 Dxa4 24.Ld4 Sxe5 25.Lxe5 Txe5 26.Lxf7+! Kh8! mit Ausgleich. ( 26...Kxf7? 27.Da7+ Te7 28.Dxb8 ) ) wegen 19.Lxf7+! Kxf7 20.f5 Kg8 21.fxe6 Tf8 22.Dd2 Txf1+ 23.Txf1 Sf8?! ( 23...Lb7 24.exd7 Dxd7+/- besitzt noch Verteidigungspotenzial.) 24.Sxd5 Db7 25.Lxc5 bxc5 26.e7+- und Schwarz kann aufgeben.] 18.fxe5+/- Lc5 [ 18...Sxe5? verliert sofort wegen 19.Lh5 Te7 ( 19...g6 20.Lxe5 Dxe5 21.Dxf7+ Kh8 22.Dxe8 ) 20.Lxe5 Dxe5 21.Lxf7+ Kh8 22.Lg6 hxg6 23.Dxf8+ Kh7 24.Td3 und Schwarz büßt zu viel Material ein, wenn er das Matt noch parieren will.] 19.Lh5! Anand drückt mit aller Kraft auf den Schwachpunkt im schwarzen Lager, f7. 19...Tf8 20.Lxf7+ Kh8 Weiß hat zwar den f7-Bauern erobert, doch der Läufer steht in einer Fesselung, die irgendwann zum Figurenverlust führen könnte. Wie soll Weiß daher fortsetzen? 21.Se4 Sxe5? Damit will Kempinski gleich den Läufer auf f7 ins Visier nehmen - doch der Springerzug entpuppt sich als schwerer Fehler, der sofort die Partie kostet. [ Der Pole rechnete wahrscheinlich nur mit Varianten wie 21...Sxe5 22.Lxe5 Dxe5 23.Sxc5 bxc5 24.c3 , wonach Schwarz passabel steht trotz des Minusbauern.; 21...Lxd4! muss folgen. 22.Txd4 Dxe5 23.Sd6 Sf6 24.Te1 Dc5 analysierten die beiden Großmeister ausgiebig. Weiß behält dann mit 25.Td2 ( oder 25.c3 ) 25...Da5 26.Dd4 deutlich mehr vom Spiel. 26...Ld7 27.b3+/- ] 22.Sxc5 [ 22.Lxc5 gewinnt komplizierter: 22...bxc5 23.Dg3! Txb2 24.Lg6! Txf1+ 25.Txf1 Kg8 26.Sg5 hxg6 27.Dh4 Sf7 28.Dh7+ ( Bloß nicht 28.Sxf7?? Dxf7 und Weiß muss mit Dauerschach durch 29.Dd8+ Kh7 30.Dh4+ zufrieden sein, weil sich 30...Kg8 31.Txf7 auf Grund der eigenen Grundlinienschwäche verbietet: 31...Tb1+ ) 28...Kf8 29.Dh8+ Ke7 30.Txf7+ Kd6 31.Se4+ Kd5 ( 31...Ke5 32.Dxg7+ Kxe4 33.Dxg6+ Ke5 ( 33...Kd5 34.c4+ Kd6 35.Dd3+ Kc6 36.Txc7+ Kxc7 37.h4 ) 34.Dg3+ Kd5 35.c4+ Kxc4 36.Dg4+ Kd5 37.Df3+ Ke5 38.De3+ Kd5 39.Dd3+ Kc6 40.Txc7+ ) 32.Sc3+ Der Springer deckt b1! 32...Kd6 33.Txc7 ] 22...bxc5 [ 22...Txf7 scheitert an 23.Lxe5 Txf2 24.Lxc7 Txf1+ 25.Txf1 Ta8 26.Tf8# ] 23.Lxe5 Dxe5 Diagramm "An dieser Stelle wollte ich zunächst den Läufer nach h5 oder e6 abziehen - aber dann überlegte ich mir, ob ich nicht noch ein besseres Feld finde - so kam ich auf den Zug", berichtete Anand gegenüber unserer Zeitung, wie er ungewöhnlich spät auf die geniale Fortsetzung kam. 24.Lg6!! Das macht kurzen Prozess. [ 24.Lh5 Tg8 25.Td8! Lb7 26.Txb8 Dxb8 27.Dxc5 Le4 28.Lg4 Tc8 29.Df2 h6 30.c3 erfordert noch einige Arbeit, um den Mehrbauern zu verwerten.] 24...Tg8 [ 24...Txf2 geht erneut wegen der schwachen Grundreihe nicht: 25.Td8+ Tf8 26.Tfxf8# ] 25.Lxh7! Kxh7 26.Dh4+ Kg6 27.Td3 Dh5 28.Tg3+ [ 28.Tg3+ Kh6 29.Df4+ ( 29.Tf6+? gxf6 30.Dxf6+ Kh7[] ( 30...Tg6 31.Dh8# ) 31.De7+ Kh6 32.Df6+= ) 29...Kh7 30.Dxb8 ] 1-0



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