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Topalow,W (2805) - Anand,V (2787) [D56]
WM Sofia, 11.05.2010
1.d4
d5
2.c4
e6
Damit stellt Anand um, nachdem er zuvor dreimal Slawisch mit [ 2...c6
versucht hatte.]
3.Sf3
Sf6
4.Sc3
Le7
5.Lg5
h6
6.Lh4
0-0
7.e3
Se4
Anand erinnert sich damit der Lasker-Verteidigung, die der deutsche Weltmeister nicht nur während seiner 27 Jahre langen Rekord-Regentschaft (1894-1921) erfolgreich anwandte.
8.Lxe7
Dxe7
9.Tc1
c6
10.Le2
Sxc3
11.Txc3
dxc4
12.Lxc4
Sd7
13.0-0
b6
[ Bei der Blitz-Weltmeisterschaft Ende 2009 in Moskau zog Anand gegen Alexander Grischuk 13...e5
Dafür kassierte er keinen Tadel seiner Sekundanten - aber einen dafür, dass er die Lasker-Verteidigung überhaupt spielte! Die Helfer des Inders fürchteten, dass Topalow Wind von der Umstellung bekommen würde.]
14.Ld3
c5
15.Le4
Tb8
16.Dc2
Sf6!
Die Idee stammt vom Polen Bogdan Grabarczyk - also gut möglich, dass sein Landsmann Radoslaw Wotjaszek als Sekundant die Idee an seinen Chef Anand weitertrug. [ 16...Lb7
Kramnik - Karpow, Amber-Turnier Monaco 2000 (Blindschach); 16...b5
Gelfand - Kramnik, Amber-Turnier Monaco 2001 (Schnellschach); 16...La6
Grischuk - Jakowenko, Russische Meisterschaft 2009; und 16...a5
Karpow - Jussupow, Baden-Baden 1995, sind die häufig gespielten Alternativen.]
17.dxc5
Sxe4
18.Dxe4
bxc5
19.Dc2
[ Kulaots - Grabarczyk endete beim Borup Open 2008 rasch in einer Punkteteilung. 19.b3
Lb7
20.Df4
Lxf3
21.Dxf3
Tfd8
22.Tfc1
Td2
23.T1c2
Tbd8
24.g3
Txc2
25.Txc2
Td5=
berichtet Michail Golubew in dem täglichen Schach-Newsletter "Chess Today".]
19...Lb7
20.Sd2
Tfd8
21.f3
[ 21.Sb3
erlaubt 21...c4!
22.Txc4
( 22.Sd2
Dg5
23.f3
( 23.g3?
Dd5
und es droht ein Matt auf g2 oder h1. Zudem hängt der Springer auf d2.) 23...La6
24.Se4
Db5
25.Tb1
und Weiß steht gewiss nicht besser.) 22...La6
23.Tc7
Tbc8!
24.Txe7
Txc2
25.Ta1
( 25.Tb1
Txb2
26.Txb2
Td1#
) 25...Txb2
26.g3
( 26.Txa7
Txa2
27.Tc1
Tb8
28.Sd4
e5
29.Sf5
Tc2
30.Ta1
Lc4
mit ausgeglichener Stellung.) 26...Ld3
27.Txa7?!
( 27.Td1
ist präziser! 27...Txa2
28.Sc5
Ta3
29.Sxd3
Taxd3
30.Txd3
Txd3
31.Txa7
mit Remisschluss.) 27...Lb1
28.Kg2
( 28.Sd4?!
ist gefährlich: 28...Tc8
29.Kg2
Tc1
30.Sf3
( 30.a4
Le4+
) 30...Tcc2
) 28...Tc8
29.g4
Tcc2
30.Kg3
e5
31.h4
Lxa2
32.Sc1
Lc4
33.Tc7
]
21...La6N
Erst das ist die Neuerung. [ 21...Dd6
wurde 1998 im Fernschach zwischen H. Bellmann - G. Schulze gespielt.]
22.Tf2!?
Auf [ 22.Tc1
Dd7
23.Sb3
c4
24.Sa5
Tdc8
kann Weiß nicht auf c4 nehmen, weil danach b2 hängt: 25.Sxc4?
Lxc4
26.Txc4
Txc4
27.Dxc4
Txb2
28.Dc8+
Dxc8
29.Txc8+
Kh7
30.Tc7
Txa2
31.Txf7
Kg6
und höchstens Schwarz darf noch versuchen, den ganzen Punkt einzustreichen.]
22...Td7
23.g3
[ 23.Txc5?!
ist schlecht wegen 23...Txb2!
24.Tc8+
Lxc8
25.Dxb2
Dc5-/+
und die schwarzen Figuren stehen weit aktiver als die gegnerischen.]
23...Tbd8
24.Kg2
Ld3
[ 24...e5
oder; 24...h5
kommen ebenso in Betracht.]
25.Dc1
La6
Auf die Frage, ob er nach 26.Dc2 die Züge wiederholt hätte, um mit dem Remis zum 6:6 im Schnellschach favorisiert zu sein, antwortete Anand im Interview mit dem Badischen Tagblatt: "Das weiß ich selbst nicht. Als ich Ld3 spielte, glaubte ich, dass ich besser stehe. Nachdem er Dc1 zog, investierte ich 15 Minuten Bedenkzeit. Ich überlegte an e5, e4, ein Opfer hier, ein Opfer dort – aber ich entdeckte nirgends Vorteil für mich. So dämmerte mir langsam, dass ich vielleicht gar nicht besser stehe. Deshalb zog ich den Läufer nach a6 zurück, weil er wegen des Einschlags auf d2 nicht auf c5 nehmen konnte. Hätte Wesselin dann wieder Dc2 gezogen, hätte ich mich mit Ld3 nochmals befasst. Womöglich hätte ich aber auch e5 gespielt. Das weiß ich nicht. Auf jeden Fall bedeutete der Läuferzug kein Remisangebot, ich hätte nach Dc2 alles wieder geprüft. Das erübrigte sich indes nach 26.Ta3."
26.Ta3
Topalow fürchtete nach eigener Aussage den Tiebreak. Wie bei der WM-Niederlage 2006 gegen Wladimir Kramnik hätte er "wieder an einem 13. antreten müssen". Angesichts des schlechten Omens spielte der 35-Jährige lieber auf Teufel komm raus weiter.
26...Lb7
27.Sb3
[ Natürlich verbietet sich 27.Txa7?
wegen 27...Lxf3+
28.Sxf3
Txa7
; Auf 27.e4
f5
28.Dc2
schlägt Jungstar Anish Giri 28...g5
vor, um die lange Diagonale für den Läufer aufzureißen.]
27...Tc7
28.Sa5
La8
29.Sc4
Nur das verhindert laut Giri Schlimmeres durch den schwarzen Vorstoß g5, der g4 droht. Als Beispiel nennt er bei seinen Analysen auf der Webseite von Chessbase das unvorsichtige [ 29.e4
g5!
30.Te3
Td4
31.h3
h5!
32.g4
hxg4
33.hxg4
f5!
34.gxf5
g4!
und Schwarz steht nach Ansicht des Niederländers mit nepalesischen Wurzeln nach erfolgreicher Unterminierung auf Gewinn. 35.Sb3
beachtet Schwarz dann gar nicht und erobert bei 35...Dh4!!
36.Sxd4
Dh3+
37.Kg1
Th7
38.Tg2
Dh1+
39.Kf2
Dxc1
die Dame. 40.Sxe6
Kh8
41.fxg4
Dxb2+
42.Kg3
De5+-+
]
29...e5!
[ 29...g5
war wieder möglich. Indes minimiert Anand sein Risiko, in einer offenen Königsstellung womöglich auch zur Zielscheibe zu werden. Der positionellere Zug besitzt ebenfalls einiges Gift, wie sich rasch zeigt. ]
30.e4
f5!
31.exf5?
Mit [ 31.Sd2
hätte Topalow das Gleichgewicht gehalten.]
31...e4
32.fxe4??
Nachdem Giri das Nehmen auf f5 schon als "verrückt" bezeichnete, nannte er das Schlagen auf e4 "noch verrückter". Danach bricht die weiße Stellung zusammen. Anand wunderte sich auch über das Spieltempo seines Kontrahenten: "Ich spielte f5, und er nahm schnell weg. Ich spielte e4, und er nahm schnell weg." [ 32.Te3
exf3+
33.Kg1
Dg5
34.Dc2
macht Weiß wenig Freude, bleibt jedoch wohl knapp in der Remisbreite.]
32...Dxe4+
33.Kh3
Darauf hatte sich Topalow tapfer verlassen.
33...Td4!
34.Se3
34...De8!!
"Der Zug ist Topalow wohl entgangen", mutmaßte später nicht nur Anand. Nach dem leicht zu übersehenden Damenrückzug kristallisiert sich heraus, dass der König auf h3 doch nicht so sicher steht, wie der tollkühne Bulgare angenommen hatte.
35.g4
h5!-+
Nun stürzen sich alle schwarzen Figuren auf den vereinsamten feindlichen Monarchen.
36.Kh4
[ 36.g5
De4
führt zum Matt.]
36...g5+
[ 36...Dd8+
gewinnt einfacher - doch Anand sah nicht, "wie es nach 37.f6
weitergeht für mich". Computer plagen dagegen keine Zweifel und zeigen Varianten an wie 37...hxg4
38.Sxg4
gxf6
39.Tf5
Th7+
40.Kg3
Dd6+
41.Tf4
Txf4
42.Dxf4
Th3+
43.Kxh3
Dxf4
]
37.fxg6
Dxg6
38.Df1
Txg4+
39.Kh3
Te7!
[ 39...Tf7
40.Txf7
Lg2+
41.Dxg2
( 41.Sxg2?
erlaubt 41...Th4+!
42.Sxh4
Dg4#
) 41...Txg2
42.Tf3
Tg5
reicht sicher auch. Indes darf Weiß hier noch am ehesten auf einen schwarzen Ausrutscher hoffen.]
40.Tf8+
Kg7
[ Die hübsche Variante 40...Kh7!
41.Th8+!
Kxh8
42.Df8+
Dg8
43.Dxe7
entging dem "Tiger von Madras", weil er unter der Anspannung keinen Gedanken an 43...Dc8!
verschwendete. Das tödliche Abzugsschach des Turms ist nicht mehr sinnvoll zu parieren. 44.Df6+
Kg8
45.Df5
Dxf5
46.Sxf5
Lg2#
]
41.Sf5+!
[ 41.Txa8?
gibt Schwarz wieder die Gelegenheit zu seiner Hauptdrohung: 41...Txe3+!
42.Txe3
Th4+
43.Kxh4
Dg4#
hätte aber dank des doppelten Turmopfers für einen krönenden WM-Abschluss gesorgt.]
41...Kh7!
[ Bloß nicht 41...Kxf8??
42.Sxe7+
Df7
wegen 43.Sg6+!
Txg6
44.Dxf7+
Kxf7
45.Txa7+
Kf6
46.Txa8
und Schwarz ist der Gelackmeierte!]
42.Tg3
Txg3+
43.hxg3
Dg4+
44.Kh2
Te2+
45.Kg1
Tg2+
46.Dxg2
Lxg2
47.Kxg2
[ Die Rückgabe der Dame hatte Anand schon lange vorausberechnet: 47.Tf7+
Kg6!
48.Tg7+
Kxf5
49.Txg4
hxg4
50.Kxg2
Ke4
51.Kf2
Kd3-+
und das Bauernendspiel erweist sich als hoffnungslos für Topalow. 52.b3
Kd2
53.a3
a6
54.a4
a5
55.Kg2
Ke2
56.Kh2
Kf2
57.Kh1
Kxg3
]
47...De2+
48.Kh3
c4
49.a4
a5
50.Tf6
Kg8!
Mit präzisen Königszügen geht der alte und neue Weltmeister den letzten Tricks aus dem Weg.
51.Sh6+
Kg7
52.Tb6
De4
53.Kh2
Kh7
Nimmt selbst noch irgendwelche potenziellen Springerschachs auf f5 aus der Stellung, um die Dame mobil zu machen.
54.Td6
De5
55.Sf7
Dxb2+
56.Kh3
Dg7
[ 56...Dg7
Weiß gab angesichts von trostlosen Abspielen wie 57.Sd8
( 57.Td7
Dg4+
) 57...c3
58.Se6
Dg4+
59.Kh2
c2
60.Tc6
De2+
61.Kh3
Df1+
62.Kh2
c1D
auf.] 0-1
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