Für die ausgestoßenen deutschen Schach-Nationalspieler sind die Chess Classic Mainz alles andere als gut gelaufen. Bei der Schnellschach-Weltmeisterschaft blieben sie nach dem Honorar-Zwist mit dem Deutschen Schachbund (DSB) hinter ihren Hoffnungen zurück. Mit einem Augenzwinkern sah Daniel Fridman die vertauschte familiäre Reihenfolge: Nicht der Mülheimer Bundesligaspieler lag mit acht Punkten nach elf Runden vorne, sondern seine Ehefrau Anna Zatonskih. Die zweifache ukrainische und dreimalige US-Meisterin landete mit 8,5 Zählern auf Platz 26 unter 701 Teilnehmern knapp vor ihrem nominell weit stärkeren Gatten (28.). Obwohl Fridman nun die Schnellschach-Weltmeisterin daheim hat, bedeutet das keine zusätzliche Hausarbeit für den Großmeister. "Ich bin nicht faul und mache das eh schon", berichtete Fridman trotz der verpassten Preisränge verschmitzt.
Mehr Frust verspürte Jan Gustafsson: "Ärgerlich, ich spielte in der letzten Partie schlecht", tadelte sich der Hamburger nach seiner Schlussrunden-Niederlage gegen Jewgeni Barejew. Der Russe rückte so mit 9,5 Punkten bis auf den geteilten zweiten bis vierten Platz hinter dem neuen Weltmeister Gata Kamsky (USA/10) vor, während sich Gustafsson mit dem elften Rang und 500 Euro Preisgeld begnügen musste. Exakt 1000 Euro kostete den Profi die Schlappe nach einem zuvor starken Turnier.
So wurde Gustafssons Baden-Badener Bundesliga-Vereinskamerad Arkadij Naiditsch doch bester Deutscher - obwohl die nationale Nummer eins am ersten Tag gleich zweimal gegen Außenseiter gepatzt hatte. Erst führte ihn die Luxemburger Großmeisterin Elvira Berend-Sachatowa vor, noch peinlicher wurde es beim Königsgambit von Ulrich Schwekendiek. Der Amateur von Rotation Pankow brachte den Dortmunder Weltklassespieler durch mutiges Opferspiel zur Strecke. Doch am Sonntag ließ sich Naiditsch in keiner der sechs Partien stoppen und kletterte mit insgesamt neun Punkten auf Rang neun.
"Mit Königsgambit die deutsche Nr. 1 umgehauen" titelt Chefredakteur Otto Borik im demnächst erscheinenden September-Heft des "Schach-Magazin 64" und schreibt weiter: "Ist das Königsgambit ,zu frech' oder gerade das Richtige gegen einen nominell viel (um 405 Elo-Punkte) stärkeren Gegner? Da fühlt man sich an einen Altmeister erinnert, der - nach der Bewertung seiner Materialinvestition befragt - den viel zitierten Spruch ,Wenn ich gewinne, war es ein Opfer, wenn ich verliere, war es ein Fehler' von sich gab. Es gibt keine richtigen oder falschen Varianten gegen einen stärkeren Gegner, es kommt allein darauf an, wie gut man selbst (und der Gegner) spielt. Richtig ist allerdings, dass im Schnellschach der Taktik eine noch größere Bedeutung zukommt als im Turnierschach. Auf staubtrockene technische Stellungen soll man sich gegen Profis nicht einlassen, sie spulen diese in Sekundenschnelle herunter, beim Kombinieren unterlaufen ihnen eher Fehler. So auch in der vorliegenden Partie." Die nachstehenden Kommentare fußen auf der Analyse des früheren Nationalspielers Borik.
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Schwekendiek,U (2279) - Naiditsch,A (2684) [C39]
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Trotz der Pleite in der fünften Runde spielte sich Arkadij Naiditsch noch mit 6/6 in die Top Ten