|
Meisterspielerin im Schach und Poker
Almira Skriptschenko und Gatte Laurent Fressinet räumen französische Titel ab
von FM Hartmut Metz, 28. August 2010
|
Almira Skriptschenko hüpfte auf die Bühne und umarmte Laurent Fressinet - nachdem die gebürtige Moldawierin mit 1,5 Punkten Vorsprung souverän die französische Meisterschaft gewonnen hatte, setzte sich ihr Gatte in Belfort auch durch. In der Verlängerung schlug der Weltranglisten-39. im Schnellschach Romain Edouard mit 1,5:0,5. Das mit zwölf Großmeistern besetzte Rundenturnier hatten beide nach elf Runden mit acht Punkten abgeschlossen. Favorit Etienne Bacrot (7), der in der Bundesliga für die OSG Baden-Baden ans Brett geht, musste sich mit Platz drei bescheiden.
Auf den Plätzen folgten Christian Bauer (6), Wladislaw Tkatschjew und Josif Dorfman (beide 5,5) - Letzterer trug als erfolgreicher Trainer maßgeblich dazu bei, dass die Franzosen seit seinem Umzug aus der Sowjetunion Anfang der 90er zu einer der stärksten Schach-Nationen aufstiegen. "Dorfman macht aus jedem einen Großmeister", behauptet nicht nur ein Spieler, der sich durch den 58-Jährigen aus der Ukraine um rund 300 Elo-Weltranglistenpunkte verbessert und den höchsten Titel errungen hatte.
Der 1981 in Dax geborene Fressinet konnte nach zwei Vizetiteln erstmals die französische Meisterschaft gewinnen. Die Mutter seiner dreijährigen Tochter stand zum zweiten Mal auf dem obersten Podest - die Moldawierin Skriptschenko hatte es durch ihre erste Heirat 1997 mit dem ersten französischen Weltklassespieler der Neuzeit, Joël Lautier, nach Gallien gezogen. 2005 wurde die Bremer Bundesligaspielerin Europameisterin. Die 34-Jährige sorgte aber nicht nur wegen ihres hübschen Aussehens außerhalb des Denksports für Aufsehen: Skriptschenko gilt als ausgebuffte Pokerspielerin und hat ihr bisher größtes Preisgeld fern der 64 Felder gewonnen! Bei der World Series of Poker belegte die Weltranglisten-37. im Schach beim No Limit Texas Hold'em Platz sieben unter 1 695 Teilnehmern. 78 664 US-Dollar brachte ihr das ein. Auch deshalb wurde Almira Skriptschenko heuer mit dem France Poker Award als beste Spielerin ausgezeichnet. Die Nummer eins in zwei so unterschiedlichen Disziplinen zu sein, können sicher ganz wenige von sich behaupten!
Die schönste Partie in Belfort gelang Vizemeister Edouard. In nur 20 Zügen bezwang er den als Zocker bekannten Tkatschjew.
|
Edouard,R (2620) - Tkatschjew,W (2639) [C70]
85. Franzoesische Meisterschaft Belfort (Frankreich), 19.08.2010
1.e4
e5
2.Sf3
Sc6
3.Lb5
a6
4.La4
b5
5.Lb3
Sa5
Schwarz jagt den im Spanisch oft sehr wichtigen Läufer, gerät durch die Leningrader Variante aber in der Entwicklung ins Hintertreffen - dass das gefährlich werden kann, belegt die Partie.
6.0-0
[ 6.Lxf7+
ist wohl übertrieben, da laut Statistik Weiß nicht einmal die Hälfte der Punkte damit einfuhr: 6...Kxf7
7.Sxe5+
Ke7
8.Df3
Sf6
9.Sc3
De8
10.d4
Lb7
11.Lf4
Kd8
12.0-0-0~~
führte 1955 in der in Leningrad gespielten Partie zwischen dem späteren Weltmeister Boris Spasski und Mark Taimanow zu einer unklaren Stellung. Weiß muss nachweisen, dass er genügend Kompensation für die geopferte Figur besitzt.; 6.d4
gilt als zuverlässige Fortsetzung, während; 6.Sxe5
Sxb3
7.axb3
De7
8.d4
d6
9.Sf3
Dxe4+
10.Le3
Sf6
11.Sc3
Db7
gewissen Entwicklungsvorsprung, aber kaum Vorteil verspricht. Insbesondere der weißfeldrige Läufer auf c8 kann später arg lästig werden.]
6...d6
7.Te1
Das besitzt einiges Gift, wie die Partie zeigt. [ 7.d4
gilt als Hauptfortsetzung. 7...exd4
( In einer weiteren Partie in Leningrad 1955 geschah zwischen Spasski und Taimanow spektakulär: 7...Sxb3
8.axb3
f6
9.Sc3
Lb7
10.Sh4
Se7
11.dxe5
dxe5
12.Df3
Dd7
13.Td1
De6
14.Le3
g5?
15.Sxb5!
axb5
16.Dh5+
Df7
17.Txa8+
Lxa8
18.Td8+
Kxd8
19.Dxf7
gxh4
20.Dxf6
Tg8
21.f3+-
mit weißer Gewinnstellung.) 8.Sxd4
Lb7
9.c4
c5
10.Sf5
g6
11.Sg3
Sxb3
12.axb3
h5
13.Sc3
h4
14.Sge2
h3
15.g3
b4
16.Sd5
Lg7+/=
und Viswanathan Anand stand etwas besser gegen Alexander Morosewitsch (Moskau 2007).]
7...Sf6
8.d4
Sd7?
Damit übertreibt es Schwarz endgültig. Es war höchste Zeit für [ 8...Sxb3
9.axb3
Lb7
; 8...exd4?
Ein altbekannter Fehler, wie schon 2001 in der Partie Carlsen-Blomqvist (Norwegen 2001) nachgewiesen wurde: 9.e5!
dxe5
10.Sxe5
Le7
( 10...Le6?
verhindert wegen der Fesselung 11.Sxf7
nicht. 11...Kxf7
12.Lxe6+
Ke8
13.Ld5+
Kd7
14.Lxa8
Dxa8
15.Dxd4+
) 11.Sxf7
Sxb3
12.Sxd8
Sxa1
13.Sc6+-
]
9.dxe5!
Sxb3
[ 9...dxe5?
verlockt kaum mehr: 10.Lxf7+!!
Kxf7
11.Sxe5+
Ke8
12.Dh5+
g6
13.Sxg6
Sf6
( 13...hxg6
14.Dxg6+
Ke7
15.Lg5+
Sf6
16.Dxf6+
Ke8
17.Dxd8+
) 14.De5+
Le7
15.Sxh8
]
10.Lg5!
Ein immens starker Zwischenzug, den Tkatschjew sicher bei seinen Überlegungen wegen des 12. Zugs nicht entsprechend gewürdigt hatte.
10...f6?!
Das macht's noch schlimmer. Allerdings kostet [ 10...Le7
11.Lxe7
Dxe7
12.exd6
cxd6
13.axb3
einen Bauern und mündet in ein freudloses Mittelspiel.]
11.exf6
gxf6
12.e5!!
dxe5
[ 12...fxg5
13.exd6+
Kf7
14.dxc7
Df6
15.axb3
Kg7
16.Sc3
h6
17.Sd5
Df7
18.Sd4
Tg8
19.Se7!
Sb6
( 19...Lxe7
20.Txe7
Dxe7
21.Sf5+
Kf7
22.Sxe7
) 20.Sdc6
stößt bei Schwarz auf wenig Begeisterung. Der schwarze König findet keine Zufluchtsfelder, und die Figuren stehen schrecklich unkoordiniert.]
13.Sxe5!
Sxe5
14.Txe5+
Le7
[ 14...fxe5?
15.Dxd8+
Kf7
16.axb3
]
15.Dh5+
Kd7
16.Lxf6!
Sxa1
[ 16...Lxf6
17.Td5+
Kc6
18.Txd8
Txd8
19.axb3+-
ändert nichts, weil die Dame das Feld d1 im Visier behält und somit das Grundlinienmatt verhindert.]
17.Lxe7
Dxe7
18.Txe7+
Kxe7
19.Dc5+
Kf7
20.Dxc7+
Edouard zieht die Partie mit großer Präzision durch. Schwarz verzichtete darauf, sich noch mehr zeigen zu lassen. Ein Beispiel: [ 20.Dxc7+
Kg8
( 20...Kg6
21.Dc6+
) 21.Dd8+
Kg7
22.Dd4+
Kg8
23.Dd5+
Kg7
24.Dxa8
Te8
25.Sd2
Te1+
26.Sf1
Le6
27.Da7+
Kf6
28.Dd4+
Kf7
29.Dd2
Sxc2
30.Dxc2
Lc4
31.Dxh7+
Ke8
32.Dh8+
Ke7
33.h4
Txf1+
34.Kh2
und die weißen Königsflügelbauern entscheiden den Tag.] 1-0
|
Ein Ass am Brett und beim Poker: Die neue französische Meisterin Almira Skriptschenko
Meko 2010
Meko-Übersicht
Startseite