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Vergiftung setzt Wunderkind nicht matt

16-jährige Hou Yifan gewinnt Grand-Prix-Turnier in der Mongolei

von FM Hartmut Metz, 4. September 2010

 

Während die neue Grand-Prix-Serie der Herren vor allem durch permanente Ortswechsel aufgefallen ist, verläuft der Wettbewerb der Damen stabil. Sicher tragen die finanziellen Dimensionen dazu bei, bleiben doch die Kosten für Preisgelder deutlich überschaubarer. Die Chinesin Hou Yifan strich für ihren Sieg auf der fünften Station in Ulan-Bator 6 500 Euro ein - bei den Männern sollte der Gewinner jeweils 30 000 Euro erhalten. Mit letzterem Betrag kann man als Organisator die Weltelite der Schach-Großmeisterinnen mühelos anlocken. Deshalb ist die Spitze fast komplett beim Grand Prix vertreten. Bei den Männern fehlten jedoch alle absoluten Topleute bis auf Gesamtsieger Lewon Aronjan.

Für die Mongolei war das Damen-Turnier etwas Besonderes: Zum einen feierte der Schachverband damit sein 75-jähriges Bestehen, zum anderen durfte sich die einzige Spielerin von internationalem Format, Batchujag Munguntuul, ihrem heimischen Publikum präsentieren. Die Weltranglisten-55. enttäuschte jedoch und musste nach elf Runden mit 3,5 Punkten und dem vorletzten Platz im Zwölferfeld vorliebnehmen.

In der obersten Region der Tabelle biss sich Hou Yifan fest, obwohl die Chinesin nach der siebten Runde unter einer Lebensmittelvergiftung litt. Ihre ehemalige Landsfrau Zhu Chen, die in Katar verheiratet ist, stimmte einer Partieverlegung zu. Ihre 16-jährige Kontrahentin zeigte trotzdem kein Erbarmen, bezwang die Ex-Weltmeisterin und setzte sich am Schluss mit acht Punkten durch. Lediglich die Bulgarin Antoaneta Stefanowa (7,5) konnte dem Wunderkind Hou halbwegs folgen. Die indische Weltranglistenzweite Humpy Koneru wurde Dritte vor Zhao Xue (China) und Tatjana Kosintsewa (Russland/alle 6,5).

Gesundheitsminister Sambuugiin Lambaa unterstrich, dass die Regierung künftig den Denksport besonders fördern und die Mongolei an die Weltspitze bringen wolle. Die Gastgeber gaben sich auch an den Ruhetagen viel Mühe und ließen die Spielerinnen unter anderem die Atmosphäre in einer traditionellen Jurte schnuppern, draußen in der weiten Steppe.

In der Hauptstadt gelang Stefanowa in der neunten Runde die schönste Partie gegen die Französin Marie Sebag.











Stefanowa,A (2560) - Sebag,M (2519) [A11]
5. Grand-Prix-Turnier Ulan Bator (Mongolei), 09.08.2010

1.Sf3 d5 2.c4 c6 3.e3 Sf6 4.Sc3 e6 5.Dc2 Sbd7 6.b3 Ld6 7.Lb2 0-0 8.Le2 b6 9.Tg1!? Eine interessante Idee. Der Turmzug soll den Bauernvorstoß nach g4 durchsetzen. Häufiger kommt die kleine Rochade vor. Gefährlich ist aber auch sofortiges [ 9.g4! , wie der frischgebackene Junioren-Weltmeister Dimitri Andreikin 2008 in Plowdiw gegen Sasha Kaplan zeigte: 9...Sxg4 10.Tg1 f5 11.h3 Sgf6 12.Sd4 De8? 13.cxd5 cxd5 14.Scb5 Le5 15.Sc7 Lxc7 16.Dxc7 Tb8 17.Dd6 Tf7 18.Sxe6 1:0.] 9...Lb7 10.g4 c5 11.h4 Tc8?! Ein erster schwarzer Tempoverlust. Der Zug wäre sicher nützlich, wenn Weiß den d-Bauern auf d4 stehen hätte - doch Stefanowa macht natürlich keine Anstalten, den geschickt zurückgehaltenen Zug auszuführen. Ohne den Bauern auf d4 wird zwar e5 weniger kontrolliert, doch dafür kann der nicht verstellte Läufer auf b2 leichter in den Königsangriff eingreifen. 12.0-0-0 Se4?! Eine weitere Ungenauigkeit, die einen Bauern kostet. [ 12...dxc4 sieht akzeptabel aus, um den Wirkungskreis des Läufers auf b7 zu erhöhen und mittels a6 nebst b5 Gegenspiel zu inszenieren.] 13.Sxe4 dxe4 14.Sg5 Le5 15.Lxe5 Sxe5 16.Sxe4 Sebag hat für den geopferten Bauern keine Angriffschancen erhalten. 16...Lxe4 Der Bauer auf h4 ist natürlich tabu: [ 16...Dxh4?? 17.Th1 De7 18.Sf6+! Dxf6 19.Dxh7# ] 17.Dxe4 Df6 18.f4 Sc6 19.Kb1 Tfd8 20.h5! Td6 21.g5 De7?! [ Am ehesten bietet noch 21...Df5 dem weißen Angriff Einhalt. Im schlecht stehenden Endspiel kann Schwarz etwas kämpfen, auch wenn es vermutlich vergebens sein sollte.] 22.Ld3 g6 23.hxg6 fxg6 24.a3 Tcd8 25.Lc2 a6 26.Th1+- Schwarz hat es zu diesem Zeitpunkt wohl erst verstanden: Die Partie ist vorüber. Gegen das folgende weiße Manöver bleibt Sebag machtlos. 26...b5 27.Th2 bxc4 28.Tdh1! Stefanowa kümmert sich gar nicht mehr groß darum, was am Damenflügel geschieht. 28...cxb3 29.Dxg6+!! Kf8 [ 29...Dg7 geht noch einen Zug schneller matt: 30.Dxg7+ Kxg7 31.Txh7+ Kf8 32.Th8+ Ke7 33.T1h7# ] 30.Txh7 bxc2+ 31.Kc1 Der König steht geschützt vor allen Schachgeboten, während seinen schwarzen Widerpart sogleich das Ende ereilt. 1-0



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