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Larsen ein veritabler Sprengmeister

Dänische Schach-Legende verstirbt kurz nach 75. Geburtstag

von FM Hartmut Metz, 18. September 2010

 

Danish Dynamite"! Die Wortspielerei mit "dänischem Dynamit" verbreitete sich mit dem explosiven Spiel der Fußball-Europameister von 1992. "Danish Dynamite" gab es jedoch schon drei Jahrzehnte früher auf den 64 Feldern: Bent Larsen zündete dies in den 60er und 70er Jahren. Der Däne war nicht nur ein veritabler Sprengmeister auf dem Brett, auch wenn er die feindliche Stellung oft erst nach zähflüssigen Eröffnungsschlachten in Schutt und Asche legte, sondern ebenso ein unermüdlicher Kämpfer, der schnelle Friedensschlüsse verabscheute.

Larsen galt im Westen phasenweise als der gefährlichste und zu Hochzeiten erfolgreichste Turnierspieler der Welt. Dafür erhielt er 1967 den ersten "Schach-Oscar, der jemals verliehen wurde. Selbst Legende Bobby Fischer erkannte die Leistung an und überließ Larsen 1970 nach einem Disput das prestigeträchtige erste Brett beim legendären Match zwischen der Sowjetunion und dem "Rest der Welt". Gegen Weltmeister Boris Spasski und Leonid Stein trug der Däne 2,5:1,5 Punkte bei, trotzdem siegte die UdSSR insgesamt mit 20,5:19,5.

Larsen feierte erst am 4. März seinen 75. Geburtstag - vor acht Tagen starb der Ausnahmespieler in Argentinien nach kurzer Krankheit. In Buenos Aires hatte der beste dänische Spieler aller Zeiten seinen Lebensabend zusammen mit Gattin Marta verbracht. Diabetes machte dem originellen Schach-Autoren zuletzt zu schaffen. "Der Gegner stört immer sehr" ist nur eines seiner vielen geistreichen Bonmots.

Zum Gedenken an seinen in 30 Partien "störenden Gegner" analysierte Lubo Kavalek seine schönste Niederlage gegen Larsen in seiner Schachkolumne in der Internet-Zeitschrift "Huffington Post". Zu dieser rochierte der frühere Tscheche, nachdem die renommierte "Washington Post" trotz zahlreicher Proteste Kavaleks beliebte Schachspalte eingestellt hatte.











Larsen,B - Kavalek,L [A30]
Lugano 1970

1.b3 Die Eröffnung, die Larsen berühmt machte. "Aber alles wurde überschattet von seiner berühmten Niederlage damit in 17 Zügen gegen Boris Spasski beim Match UdSSR - Rest der Welt in Belgrad. Dieses begann zehn Tage nach dem Turnierende in Lugano", schreibt Kavalek. 1...c5 2.Lb2 Sc6 3.c4 e5 4.g3 d6 5.Lg2 Sge7 6.e3 g6 7.Se2 Lg7 8.Sbc3 0-0 9.d3 Le6 10.Sd5 Dd7 11.h4 f5 [ 11...h5 kommt in Betracht, um die Öffnung der h-Linie vorerst zu unterbinden.] 12.Dd2 Tae8 13.h5 b5 14.hxg6 hxg6 15.Sec3 bxc4 16.dxc4 e4 17.0-0-0 Se5 18.Sf4 Td8 [ Auf 18...g5? hatte Larsen nur gelauert. Darauf plante der Däne 19.Sxe6 Sd3+? 20.Dxd3!! Weiß gewinnt in allen Varianten! 20...exd3 21.Sxg7 Kxg7 22.Sd5+ Kg8 ( 22...Kg6 23.Lf3!! Th8 Andere Züge sind nicht besser gegen das drohende Lh5+. ( 23...g4 24.Sf4+ Kf7 25.Th7+ Kg8 26.Tg7+ Kh8 27.Th1# ) 24.Lxh8 und das materielle Übergewicht garantiert dem Anziehenden den Erfolg.) 23.Th8+ Kf7 24.Th7+ Kg6 ( 24...Ke6 25.Th6+ ( 25.Sxe7 gewinnt ebenso. 25...Txe7 26.Ld5# ) 25...Kf7 26.Tf6+ Kg8 27.Th1 Sxd5 28.Tg6+ Kf7 29.Tg7+ Ke6 30.Lxd5# ) 25.Tg7+ Kh6 26.Th1# ] 19.Kb1? Lädt Schwarz zu einem Opfer ein, das Larsen für harmlos hielt. Gleich [ 19.g4 ist stärker.] 19...Lf7? [ Dafür geißelte sich Kavalek, investierte er doch weitere seiner knapp bemessenen Bedenkzeit für 19...Lxc4 , um das Opfer dann doch zu verwerfen. Spätere Analysen zeigten, dass es ausgezeichnete Chancen bietet. 20.bxc4 Sxc4 21.De2 Sxb2 22.Kxb2 Da4! 23.Dd2 ( 23.Dc2? Tb8+ 24.Kc1 Da3+ 25.Kd2 Tb2 ) 23...Tb8+ 24.Ka1 Da3! 25.Tc1 d5! 26.Se6 Lf6!! 27.Sxf8 Kxf8 28.Tc2 ( 28.Dc2 c4 29.Dd2 Tb3-+ und Weiß bricht auf c3 zusammen.) 28...Tb3 29.Thc1 Sc6 30.Lf1 Sb4 31.Tb2 Txc3 32.Kb1 Txc1+ 33.Dxc1 Lxb2 34.Dxb2 Dxb2+ 35.Kxb2 Sd3+ 36.Kc3 Sxf2 mündet in ein hoffnungsloses Endspiel.] 20.g4! Leitet auf dem kürzesten Weg den Schwenk der Dame auf die h-Linie ein. 20...Sxg4 [ 20...Lxc4 kommt jetzt wegen 21.gxf5 gxf5 22.Tdg1 zu spät. Nun ist der weiße Angriff gefährlicher.] 21.f3 exf3 22.Lxf3 Se5 [ Larsen plante im Falle von 22...Sf6 23.Dh2 Tfe8 24.Sb5 Sc8 25.Lxf6 Lxf6 26.Dh7+ Kf8 27.Ld5 g5 28.Sg6+ Lxg6 29.Dg8+ Ke7 30.Th7+ Lxh7 31.Df7# ] 23.Dh2 Lxc4!? [ 23...Tfe8 zieht den Kopf nicht aus der Schlinge: 24.Sb5 Sc8 25.Dh7+ Kf8 26.Ld5 Lxd5 27.Txd5 und den Zusammenbruch auf g6 vermag Schwarz nicht mehr aufzuhalten. ] 24.bxc4 Sxf3 25.Dh7+ Kf7 26.Scd5 Tg8 [ 26...Se5 27.Lxe5 dxe5 28.Sxe7 Dxe7 29.Dxg6+ Kg8 30.Dh7+ Kf7 31.Tdg1 Db7+ 32.Kc1 Tg8 33.Dg6+ Kf8 34.Se6+ Ke7 35.Sxd8 mit baldigem K.o.] 27.Sxe7 Tb8 28.Ka1 [ 28.Kc1 endet etwas weniger prosaisch als die Partie, reicht allerdings auch 28...Dxe7 29.Dxg6+ Kf8 30.Lxg7+ Dxg7 31.Se6+ ] 28...Dxe7 29.Dxg6+ Kf8 30.Se6+ Dxe6 31.Lxg7+! [ Bloß nicht 31.Dxe6?? Lxb2+ 32.Kb1 La3+ 33.Ka1 ( 33.Kc2 Tg2+ 34.Kd3 Se5+-+ ) 33...Lb2+ mit Dauerschach.] 31...Ke7 32.Lf8+! Tbxf8 33.Th7+ Kavalek gab auf wegen [ 33.Th7+ Tf7 34.Txf7+ Dxf7 35.Dxd6+ Ke8 36.Dd8# ] 1-0



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