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Baden-Baden fehlt nur ein Hauch für Platz zwei
Ohne sechs Asse wird die OSG beim Europapokal Fünfter
von FM Hartmut Metz, 7. November 2010
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Die Dominanz der russischen Schach-Mannschaften beim Europapokal für Vereinsmannschaften setzt sich fort: Im bulgarischen Plowdiw verteidigte Economist Saratow den Titel des Vorjahres. Mit 13:1 Punkten wies das Team um den ukrainischen Spitzenspieler Pawel Eljanow gleich zwei Zähler Vorsprung auf. Vier Teams folgten mit jeweils 11:3 Punkten, darunter die OSG Baden-Baden. Dem deutschen Meister fehlte nur ein Remis mehr, um mit 27,5:14,5 statt 27:15 Brettpunkten Zweiter statt Fünfter zu werden. So ging Silber an Jugra (Russland) und Bronze an das ukrainische Team Tschernigiw. Die hauchdünn bessere Feinwertung bescherte überdies Socar Aserbaidschan den vierten Platz vor den Kurstädtern. Der deutsche Vizemeister Werder Bremen (10:4) schlug sich als Siebter achtbar.
Auch wenn die Baden-Badener noch immer ein Weltklasse-Team ans Brett brachten, machte es sich doch bemerkbar, dass ein halbes Dutzend der Topleute fehlten: Peter Swidler und Sergej Mowsesjan traten für St. Petersburg an, und Alexej Schirow spielte für Socar Aserbaidschan. Zudem zogen der Franzose Etienne Bacrot und vor allem Weltmeister Viswanathan Anand und Magnus Carlsen ein finanziell lukrativeres Turnier in Nanjing (China) vor, bei dem das Trio die drei ersten Plätze unter sich ausmachte. Am Schluss strich der Norweger mit 7:3 Punkten die 80000 Euro Siegprämie vor Anand (6:4) und Bacrot (5:5) ein.
Wenigstens der dritte Großmeister, der in der neuen Weltrangliste über der magischen Grenze von 2800 Elo-Punkten liegt, nahm in Plowdiw teil: Lewon Aronjan trumpfte zwar selbst wieder auf mit drei Siegen und drei Remis, konnte aber nicht im Alleingang verhindern, dass sein Team Mika Eriwan nur Elfter wurde. In der letzten Runde unterlagen die Armenier Baden-Baden mit 2,5:3,5. Dem Berliner, der kurzzeitig unter deutscher Flagge spielte, gelang eine der schönsten Partien des Europapokals. Nachstehend Aronjans Sieg in der vierten Runde über Hrvoje Stevic, den Spitzenspieler der bosnischen Mannschaft aus Bihac.
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Aronjan,L (2783) - Stevic,H (2607) [D20]
Europapokal Plowdiw (Bulgarien), 20.10.2010
1.d4
d5
2.c4
dxc4
3.e4
e5
4.Sf3
exd4
5.Lxc4
Lb4+
6.Sbd2
Sc6
7.0-0
Sf6
8.e5
Sd5
9.Sb3
Sb6
10.Lb5
Dd5
[ Möglich ist auch 10...Ld7
]
11.Lxc6+
Dxc6
12.Lg5!N
[ 12.Sbxd4
liegt auf der Hand. Das spielte der Franzose Christian Bauer auch in der ersten Runde des Europapokals gegen Stevic.; 12.Ld2
und; 12.Dxd4
kamen auch bereits vor durch Größen wie Anatoli Karpow, Alexander Beljawski oder Teimour Radjabow.]
12...Lg4
13.Dxd4!
Lxf3?!
[ 13...Dc4!
14.Tfd1
Droht ein Matt durch Dd8. 14...Dxd4
( 14...0-0
15.Tac1
Dxd4
16.Txd4
Lxf3
17.gxf3
kostet Schwarz einen Bauern, weil der Läufer auf b4 und der Bauer auf c7 hängen.) 15.Txd4
Lxf3
16.Txb4
Ld5
17.Tc1
0-0
18.f4
( 18.Txc7?
erweist sich als schlecht, weil nach 18...Lc6
der Springer auf d5 eine Qualität einzustreichen gedenkt. 19.Ld2
Sd5
20.Tcxb7
Sxb4
21.Txb4
Ld5
mit leichterem Spiel für Schwarz.) 18...f6
19.exf6
gxf6
20.Lh6
Tf7
und der weiße Vorteil bleibt minimal.]
14.Dxb4!
Der König kommt dadurch nicht zur Rochade. Dame wie Läufer kontrollieren die Felder, über die der schwarze Monarch nicht ziehen darf.
14...Sd5
15.Dd2!
Ein weiterer starker Zug.
15...Lxg2!
Taktisch die beste Fortsetzung! [ 15...Lg4
16.Tac1+/-
De6
17.h3
Lf5
18.Sd4
Dd7
19.Sxf5
Dxf5
20.Dxd5
Dxg5
21.Txc7
0-0
22.Txb7
ist hoffnungslos.]
16.Tfc1!
[ 16.Kxg2??
verliert umgehend wegen des Doppelschachs 16...Se3+
17.Kg3
Dg2+
18.Kf4
Sd5+
19.Dxd5
( 19.Kf5
g6#
) 19...Dxd5
]
16...De6
17.Kxg2
Dg4+
18.Kf1
Dh3+
19.Ke1
Der schwarze Angriff hat sich als Strohfeuer entpuppt.
19...c6
20.Dd4
Dxh2?!
[ 20...0-0
bietet eher Chancen, den Gegner noch zu beschwindeln. 21.Dh4
Df5
( oder 21...Dg2
22.Dg3!
De4+
23.Kf1
Dh1+
24.Ke2
De4+
25.Le3
Tfe8
26.Sc5
Df5
27.Sd3
) 22.Kf1
Dxe5
Zwei Bauern und der zentral platzierte Springer kompensieren den Figurenverlust etwas.]
21.Kd2!
Dh3
22.Th1
Df5
23.Tag1!+-
Aronjan spielt die Partie wie ein Uhrwerk! Nach all seinen präzisen Zügen steht er nun auf Gewinn.
23...f6
[ 23...0-0?
24.Lh6
vergrößert den schwarzen Materialnachteil.]
24.exf6
gxf6
25.Kc1
Die erste kleine Ungenauigkeit. Das Programm Rybka empfiehlt [ 25.Te1+
Kf7
26.Lh6
Thg8
27.Sc5+-
b6
28.Se4
Tad8
29.Kc1
Tg6
30.Ld2
mit Gewinnstellung.]
25...c5
26.Da4+
Kf7
27.Ld2?
[ Einfacher ist 27.Lh6!
Thg8
28.Txg8
Kxg8
29.Tg1+
Kh8
30.Dh4!
Das überzeugt am meisten. ( 30.Lg7+
Kg8
31.Lxf6+
Kf7
32.Lc3
reicht genauso.) 30...b6
31.Dg3
Dg6
32.Dh2
Df5
33.Dd6
Te8
34.Lg7+
Kg8
35.Lxf6+
Kf7
36.Tg7#
]
27...Sb4!
Wirft nochmal Fragen auf.
28.Sd4!?
[ 28.Sxc5!
gewinnt erstaunlicherweise problemlos! 28...Dxc5+
29.Lc3
Sc6
30.Db3+!
Attackiert den schutzlosen König. 30...Ke8
31.Dxb7
Tb8
32.Dg7
Tf8
33.Txh7
Se7
34.Th8
und die Position des Nachziehenden bricht zusammen.]
28...cxd4?!
[ 28...Sd3+!?
verlangt Weiß etwas mehr Präzision ab. 29.Kb1
cxd4
30.Db3+
Ke7
( 30...Kf8
31.Ka1
Sc5
32.Dg3
droht zu viel auf g7 und d6.) 31.Ka1
Kd6
32.Tg7
und der König auf d6 überlebt die Partie nicht.]
29.Db3+!
[ 29.Dxb4?
sorgt unnötig für Spannung. 29...Tac8+
30.Lc3
( 30.Kd1??
verdirbt alles. 30...Df3+
31.Ke1
The8+
32.Le3
Txe3+
33.fxe3
Tc1+
34.Kd2
Dxe3#
) 30...Dd5!
31.Th5!!
Dxh5
32.Dxb7+
Ke6
33.Da6+
Kf7
34.Dxa7+
Ke6
35.Db6+
Kf7
36.Dxd4
mit weißer Gewinnstellung, weil der schwarze König weiterhin zu offen steht.]
29...Sd5
30.Dxb7+
Ke6
31.Dc6+
Kf7
32.Tg7+!!
Ein sehenswerter Abschluss!
32...Kxg7
33.Db7+
Schwarz gab auf, weil der König nach dem Turmopfer nicht mehr nach e6 entschwinden kann. [ 33.Db7+
Kf8
( 33...Kg6
34.Th6#
) 34.Dxa8+
Kg7
35.Lh6+
Kf7
36.Dxh8
] 1-0
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