Teure Verbands-RochadenRekordablöse für Mowsesjans Rückkehr nach Armenienvon FM Hartmut Metz, 30. Januar 2011 |
30000 Euro sind im Fußball eher eine Siegprämie als eine Ablösesumme. Bei den Denksportlern bedeutet die Summe jedoch zunächst eine Rekordablöse. Die wurde Anfang des Jahres fällig, als Sergej Mowsesjan unter die armenische Flagge zurückwechselte. Der in Prag lebende Weltranglisten-26. war acht Jahre lang für die Slowakei ans Brett gegangen, weil es die Tschechen nicht geschafft hatten, ihm einen einheimischen Pass zu besorgen - obwohl "Mow" bereits in Jugendjahren mit seinen Eltern dorthin ausgewandert war.
Der Baden-Badener Bundesliga-Crack hatte bereits in den 90ern in der Kurstadt Länderkämpfe für Armenien bestritten. "Ins Land seiner Väter" zog es den 32-Jährigen jetzt sicher auch aus pragmatischen Gründen zurück: In dem Kaukasus-Land sind Schachsportler Topstars. 2006 und 2008 gewann das armenische Nationalteam die Olympiade, was mit dem WM-Titel in anderen Sportarten gleichzusetzen ist. Mit Mowsesjan haben die Armenier nun hinter dem Weltranglistendritten Lewon Aronjan ein weiteres Ass. Somit soll auch, mutmaßt das "Schach-Magazin 64", die Lücke geschlossen werden, die Kapitän Karen Asrian riss, der mit 28 Jahren an einer Gehirnblutung starb. Sprachliche Probleme können bei Mowsesjan völlig ausgeschlossen werden, weil er gleich acht nahezu perfekt beherrscht. Und als bescheidener wie pflegeleichter Bursche integriert er sich sicher auch leicht in sein altes Team.
Derlei steht bei zwei anderen wechselbereiten Hochkarätern eher in Zweifel. Das gilt vor allem für Surab Asmajparaschwili. Der mehr als umstrittene ehemalige georgische Verbandsboss schloss sich Singapur an. Sein alter Spezi aus der Funktionärs-Seilschaft des Schach-Weltverbandes FIDE, Ignatius Leong, hat ihm dort eine Daueraufenthaltsgenehmigung besorgt. Auf Anhieb gewann "Asmaj" die Meisterschaft der südostasiatischen Freihandelszone ASEAN. Der Georgier war in der Vergangenheit regelmäßig negativ aufgefallen: durch vulgäre Töne gegenüber Nationalspielerinnen seines Heimatlandes, dem Zerwürfnis mit Spitzenspieler Wugar Gaschimow als Coach des aserbaidschanischen Nationalteams und vor allem mit Schiebung. Er hatte sich einmal durch ein Glanzresultat in einem Wettbewerb in die Top Ten geschoben - das Turnier fand aber, wie sich später herausstellte, so nie statt ... Die Georgier werden vermutlich keine Transfersumme verlangt haben, sondern dürften über den Abschied froh sein.
Um den dauernden Nationen-Wechseln einen Riegel vorzuschieben, hat die FIDE eine Transfersumme von bis zu 50 000 Euro eingeführt. Richtig eingedämmt wurden sie allerdings durch die neue Maßnahme nicht: Der Meister der Verbands-Rochaden spielte zuletzt "Pingpong". Ivan Sokolov war 1993 wegen des Bürgerkriegs in Jugoslawien nach Holland geflohen, spielte indes noch bis 2000 für Bosnien-Herzegowina. Nach der Heirat im Land der Tulpen trat der heute 42-Jährige dem niederländischen Verband bei und kehrte 2009 in den Schoß Bosnien-Herzegowinas zurück. Seit 1. Januar ist Sokolov nun wieder "Holländer", weil der bosnische Verband laut dem Großmeister finanzielle Zusagen nicht eingehalten habe.
Nachstehend eine Partie von der Blitz-WM, in der Mowsesjan den Italiener Fabiano Caruana spektakulär schlug.
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Mowsesjan,S (2721) - Caruana,F (2709) [C02]
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