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OSG fürchtet Werder "Vizekusen" kaum
"Hexer von Riga" zaubert am ersten Baden-Badener Brett
von FM Hartmut Metz, 11. April 2011
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Es ist angerichtet in der Lichtentaler Allee 8 - nicht nur, weil ab heute im Museum des LA8 Küchenutensilien aus dem 19. Jahrhundert zu bewundern sind. Das Motto der neuen Ausstellung "Schöner. Wohnen. Damals" wandelt sich oben im Kristallsaal in ein mehr Spannung verheißendes "Schöner. Spielen. Heute"! Die OSG Baden-Baden erwartet um 14 Uhr Werder Bremen zur letzten oder vorletzten Schlacht um die deutsche Schach-Meisterschaft. Die Kurstädter führen wie gewohnt mit 25:1 Punkten die Tabelle an, die Hanseaten (23:3) liegen aber noch in Schlagweite - weil die Brettpunkte nicht zählen. Ansonsten würde die OSG das halbe Dutzend an Titeln in Folge perfekt machen, so darf Werder als "Vizekusen" des Schachs zumindest von einem Stichkampf träumen.
Dass dem Gast ein Sieg gelingt, ist aber nicht zu wahrscheinlich. Obwohl Baden-Baden auf seine Superstars Viswanathan Anand und Magnus Carlsen verzichten muss - der Weltmeister wird in den nächsten Tagen Vater, und der Norweger hat keine Lust zu spielen -, befindet sich der Titelverteidiger noch immer nominell leicht im Vorteil. Zudem reicht ja ein 4:4, um morgen (10 Uhr) am letzten Spieltag gegen Schlusslicht Delmenhorst (0:26) die Spitze problemlos zu verteidigen. Die Werderaner haben auch dann die deutlich höhere Hürde zu überwinden, obwohl der Tabellendritte Eppingen (23:3) in ungewohnt schlechter Aufstellung antritt.
Dass der OSG auch ohne die beiden Weltranglistenersten vor niemandem bange sein muss, zeigte sich die ganze Saison über. Die jetzt aufgebotenen Akteure von Position drei bis zehn verloren im Verlauf der ganzen Saison nur eine einzelne Partie! Bei den wankelmütigeren Bremern sind es hingegen elf. "Wir sind im Gegensatz zu Bremen nicht dafür bekannt, dass wir gegen Außenseiter Punkte liegen lassen", unterstreicht OSG-Kapitän Sven Noppes deshalb.
Das bewiesen seine Mannen zuletzt in Mülheim. Erst fegten sie den Tabellenfünften SV Mülheim Nord mit 7:1 von den Brettern, dann wurden die SF Katernberg mit 6,5:1,5 überrollt. Einmal mehr zauberte dabei Alexej Schirow ganz im Geiste seines Ehrfurcht einflößenden Kampfnamens "Hexer von Riga". Der Wahl-Spanier, der heute am ersten Brett auf Pawel Eljanow, trifft, schlug Katernbergs Wladimir Tschutschelow sehenswert.
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Tschutschelow,W (2565) - Schirow,A (2749) [D45]
Baden-Baden - Katernberg 6,5:1,5 Muelheim, 20.03.2011
1.Sf3
d5
2.d4
Sf6
3.c4
c6
4.Sc3
e6
5.e3
Sbd7
6.Dc2
Ld6
7.b3
0-0
8.Le2
b6
9.0-0
Lb7
10.Lb2
Tc8
11.Tad1
c5!?
[ Gängiger ist 11...De7
12.e4
dxe4
13.Sxe4
Sxe4
14.Dxe4
]
12.dxc5
Sxc5
13.Db1
De7
14.Sg5
Sfe4
15.Sgxe4
dxe4
16.Td2
f5!N
Eine durchaus logische Neuerung: Schwarz deckt nicht nur den e4-Bauern, sondern droht auch weitere Bauernvorstöße am Königsflügel. Bei der Blitz-WM in Moskau Ende 2010 geschah zwischen Wladimir Kramnik und Fabiano Caruana [ 16...Lb8
17.Tfd1
Dg5
18.g3
Df5
19.Lf1
Sd3
20.Lg2
Se5
21.Sb5
Sd3?
Ein plumper Schnitzer für einen Topspieler, der sofort verliert. 22.Txd3
exd3
23.Lxb7+-
Tcd8
24.Sd4
Dg6
25.Lg2
Td7
26.Lf1
Tfd8
27.Lxd3
Dh5
28.Sc6
1:0.]
17.Tfd1
Lxh2+!?
Ein normaler Spieler würde zu einer Fortsetzung wie [ 17...Tcd8
mit Ausgleich greifen - nicht jedoch der "Hexer von Riga", der sogleich die Gelegenheit am Schopfe packt, das Stellungsgleichgewicht mit einem chancenreichen Opfer zu zerstören.]
18.Kxh2
Dh4+
19.Kg1
f4!
Der f-Bauer rollt heran, um den Angriff zu unterstützen und auch den Turm auf f8 einzubinden. Weiß hat zunächst das Problem, dass die Schwerfiguren ihrem Monarchen nicht so leicht vom Abstellgleis aus zu Hilfe eilen können.
20.Sb5
Sd3!
[ Das Dauerschach 20...fxe3
21.fxe3
Df2+
22.Kh1
Dh4+=
erwog Schirow sicher nur kurz. Stattdessen aktiviert er munter weitere Figuren.]
21.Lxd3
[ 21.Lf1
verliert bereits: 21...Tc5
Nach dem Turmschwenk in Richtung h5 geht es Tschutschelows König an den Kragen.]
21...exd3
22.e4?
[ Einzig 22.exf4
bietet Rettung: 22...Lxg2!
23.Kxg2
Dg4+
24.Kf1!
( 24.Kh1?
Tc5!
25.Le5
Tf6!
26.f3
Th6+
27.Th2
Dxf3+
28.Kg1
Tg6+-+
29.Tg2
Dxg2#
) 24...Dh3+
25.Kg1
Txf4
( 25...Dg4+=
gibt gleich das Dauerschach)) 26.Txd3
Tg4+
27.Tg3
Txg3+
28.fxg3
Dxg3+
29.Kh1
Dh3+
und Friedensschluss.]
22...f3!
23.Le5?!
[ 23.Dxd3
fxg2
24.f3
Dh1+
25.Kf2
Tcd8
26.Sd4
( 26.Dxd8
kostet zu viel Material: 26...g1D+
27.Txg1
Dxf3+
28.Ke1
De3+
29.Kd1
Dxg1+
30.Kc2
Lxe4+
31.Kc3
Txd8
32.Txd8+
Kf7
) 26...e5
27.Tg1
exd4
28.Txg2
Dh4+
29.Kg1
De1+
30.Df1
Dxf1+
31.Kxf1
Txf3+
32.Tgf2
und die zwei Freibauern am Königsflügel verbürgen den schwarzen Sieg.]
23...Lxe4
24.Lg3
Dh6!-+
Ein schwer vorhersehbarer Zug, der dem Turm auf c8 wieder Raum für die Überführung via c5 nach h5 lässt.
25.Sd4
Tc5
[ 25...fxg2
reicht ebenso.]
26.gxf3
[ 26.Sxf3
ändert nichts am nächsten schwarzen Zug.]
26...Txf3!
27.Txd3
Txd3?!
Allein an dieser Stelle schwächelt Schirow. Seinen Angriff hätte [ 27...Dh1+!!
gekrönt. 28.Kxh1
Txg3+
29.Kh2
Tg2+
30.Kh1
Th5+
31.Th3
Txh3#
]
28.f3
De3+
29.Lf2
Tg5+
30.Kf1
Txd1+
[ 30...Txd1+
31.Dxd1
Ld3+
32.Se2
Dxf3
33.Ke1
Te5
] 0-1
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