"A guada Sau" genießt die leckeren "Knaller"Helmut Pfleger kredenzt in seinem neuem Buch die 120 amüsantesten "Zeit"-Schachspalten aus 29 Jahrenvon FM Hartmut Metz, 28. Mai 2011 |
A guada Sau frisst alles" hat Helmut Pfleger in einer seiner Schachspalten in der Wochenzeitung "Die Zeit" einmal getitelt. Darin ging es 1995 um das legendäre Zwölf-Stunden-Blitzturnier der Rochade Kuppenheim und einen Spruch des badischen Haudegens Hajo Vatter, der die Materialgier zum Credo erhob. "A guada Sau" muss man indes nicht sein, um das neue Buch Pflegers gerne zu verschlingen - schließlich bietet es leichte wie appetitliche Kost für Schach-Gourmets.
In dem 160 Seiten starken neuen Band "Schach-Zeit-Knaller" präsentiert Edition Olms "die besten 120 amüsanten Aufgaben mit überraschenden Lösungen aus drei Jahrzehnten". Der Untertitel verspricht keineswegs zu viel! Der Münchner, der zu Glanzzeiten zu den besten 40 Spielern auf dem Globus zählte, ist noch mehr ein Großmeister der Fabulierkunst. Dies schlägt sich in jeder der inzwischen fast 1500 Schachspalten nieder, die Pfleger seit dem 5. November 1982 für "Die Zeit" verfasste: Unterhaltsame Geschichten versteht der 67-Jährige wie kein Zweiter mit hübschen Schachaufgaben zu paaren und garniert dies alles mit einer wunderbar blumigen Sprache.
Das gilt für literarische Bezüge wie zu Fischerle, einer Figur in dem Roman "Die Blendung" von Nobelpreisträger Elias Canetti, die bereits 1935 geradezu hellseherisch auf die erst acht Jahre später geborene Legende vorausblickte. Das gilt jedoch genauso für banalere Themen wie "Schachspielen beim Sex strengstens verboten" - dem Facharzt für Innere Medizin und Psychotherapie ist schließlich nichts Menschliches fremd, und so ein Büchlein über skurrile Gesetze weltweit verwertet der Hobbykicker wie eine willkommene Steilvorlage.
Zu den prominentesten Pfleger-Fans gehört Richard von Weizsäcker. "Die Schachspalte ist auf wohltuend anstrengende Weise erholsam und zugleich vergnüglich", adelte das beliebteste deutsche Staatsoberhaupt das Oberhaupt aller deutschen Schachkommentatoren. Nachstehend als Beispiel einer der trefflichsten "Knaller" Pflegers aus der "Zeit":
"Du kannst nicht Schach spielen, wenn du gutmütig bist" (französisches Sprichwort). Der polnisch-französische Großmeister David Janowski (1868-1927) konnte sogar hervorragend Schach spielen, denn dank der ihm eigenen Verletzlichkeit und verächtlichen Arroganz hatte er seinen Charakter erfolgbringend von obigem Manko wegentwickelt und so am Schluss seiner Laufbahn die Skalps aller Weltmeister seiner Epoche (von Steinitz über Lasker bis hin zu Capablanca und Aljechin) an seinem Gürtel hängen. So konnte er auf die Frage nach den besten Großmeistern seiner Zeit antworten: "Da gibt's nur drei. Capablanca, Lasker und beim Dritten bin ich zu bescheiden, ihn zu nennen."
Doch wehe er verlor! Dann konnte der Gegner des "schönen, stolzen Polen" froh sein, sich nur als "Kaffeehausspieler" davontrollen zu müssen. Im Übrigen waren Funktionäre und Turnierleitungen offenbar schon damals unzulänglich, denn heute war's zu heiß, morgen zu kalt - und überhaupt, warum laden sie solche Korkser ein, mit denen man nicht vernünftig Schach spielen kann?! Ein solcher "Korkser" etwa war James Mason: "Mich hat eigentlich nie das Spiel des Engländers als vielmehr sein gefürchteter Kautabak besiegt." Viel besser kam er mit der Reife zurecht, mit der Fritz Sämisch 1925 in Marienbad gegen ihn sein Glück versuchte.
Janowski (Weiß) am Zug hatte wieder einmal "the two Jans", wie amerikanische Zeitungen auf Grund seiner geschickten Läuferführung das Läuferpaar bewundernd bezeichneten, gegen den feindlichen König in Stellung gebracht; mit einem effektvollen Opferzug zwang er Sämisch zur sofortigen Aufgabe. Wie?
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Janowski,D - Sämisch,F [A46]
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