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Armenisches Gen infiziert Mowsesjan
Kleines Schach-Land trumpft auch bei der Mannschafts-WM auf
von FM Hartmut Metz, 15. August 2011
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Sergej Mowsesjan hat sich auch vom armenischen Gen anstecken lassen: Kaum spielt der Bundesligaspieler der OSG Baden-Baden für das Land, aus dem seine Vorfahren stammen, schon trumpft der gebürtige Georgier im Nationalteam groß auf. Sein Mannschaftskollege Gabriel Sargissjan hat das einmal so beschrieben: "Ich spiele eigentlich nur alle zwei Jahre richtig gut: in unserer Mannschaft."
Das galt zwar jetzt für ihn weniger bei der WM in China - aber da die anderen Spieler über sich hinauswuchsen, hat das kleine Land mit seinen rund 3,2 Millionen Einwohnern schon wieder einen großen Titel eingeheimst. Nach den Gold-Medaillen 2006 und 2008 bei den Schach-Olympiaden beherrschte Armenien in Ningbo die Konkurrenz. In den neun Runden blieb der neue Weltmeister als einziges Team ungeschlagen. Mit 14:4 Punkten lagen Lewon Aronjan, Mowsesjan, Wladimir Akopjan, Sargissjan und der einmal eingesetzte Robert Howhannisjan vor China (13:5), der Ukraine (12:6), Topfavorit Russland, Ungarn und den USA (alle 10:8).
Überzeugend führte einmal mehr Aronjan den Schachverband an, dessen Präsident Sersch Sargissjan auch gleichzeitig Staatspräsident ist. Mit soliden 5:3 Zählern bestätigte der in Berlin-Hohenschönhausen lebende 28-Jährige Platz drei in der Weltrangliste. Der bisherige slowakische Nationalspieler Mowsesjan und Akopjan (beide 6:3) trumpften ähnlich auf. So fiel es kaum ins Gewicht, dass Gabriel Sargissjan (4,5:4,5) diesmal seinem Ruf als überragender Mannschaftsspieler nicht gerecht wurde. Die Chinesen hatten zwar ebenso drei überragende Großmeister mit Wang Hao (6:3), vor allem Wang Yue (7:2) an Brett zwei und Li Chao (5:3) in ihren Reihen, doch Yu Yanyi (2:4) und Ding Liren (2,5:1,5) fielen ab.
Nachstehend der hübsche Sieg von Aronjan aus der Auftaktrunde. Rivale Emil Sutowski gilt zwar als Feingeist, weil er ein guter Opernsänger ist - am Brett agiert der Israeli indes lieber aggressiv und rustikal.
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Aronjan,L (2805) - Sutowski,E (2700) [D85]
8. Mannschafts-WM Ningbo (China), 17.07.2011
1.d4
Sf6
2.c4
g6
3.Sf3
Lg7
4.Sc3
d5
5.cxd5
Sxd5
6.e4
Sxc3
7.bxc3
c5
8.Le3
Da5
9.Sd2!?
Ein paradox wirkender Zug, zieht Weiß doch den ideal stehenden Springer von f3 ab, von wo er aus den ansonsten im Grünfeld-Inder umkämpften Punkt d4 deckt. Die Computer-Fortsetzung sorgt jedoch für interessantes Opferspiel, wie die Partie belegt.
9...cxd4
[ Die Alternative 9...Sc6
10.d5
Se5
11.Tc1
Sg4
12.Lf4
Lxc3
13.Le2
Le5
14.Lxe5
Sxe5
15.0-0
0-0
16.f4
Sd7
17.Sc4
Dd8
beschert Schwarz zwar einen Mehrbauern, aber auch eine gedrückte Stellung. ( 17...Dxa2??
kostet die Dame nach 18.Ta1
) ]
10.Sc4
Das ist eine erst seit kurzem angewandte Idee.
10...dxe3!?N
Wie immer scheut der begnadete Taktiker Sutowski keine Verwicklungen. [ 10...Dd8
erwies sich in der in Frankreich gespielten Partie zwischen Boris Awruch und Alexander Kowtschan als solider.]
11.Sxa5
Lxc3+
12.Ke2
Lxa5
13.Kxe3
Selten hat man im heutigen Topschach nach 13 Zügen solch eine unausgeglichene Stellung. Angesichts von nur zwei Figuren und einem Bauern muss Schwarz schauen, dass er Drohungen gegen den weißen König aufstellt. Ansonsten macht sich der materielle Nachteil - die Dame ist etwa zwei Figuren und zwei bis drei Bauern wert - irgendwann bemerkbar.
13...0-0?!
[ 13...Lb6+
14.Kf3
Sc6
15.Lb5
Ld7
16.Lxc6
Lxc6
gefällt etwas mehr. Dank des starken Läuferpaars und des schlecht stehenden weißen Königs dürfte sich die Stellung fast im Gleichgewicht befinden.]
14.Lb5
Aronjan will den Springer beseitigen, wenn er auf c6 erscheint - diesmal stünde dann der weißfeldrige Läufer nicht mehr ideal auf c6.
14...a6
15.La4
b5
16.Dd5
Nutzt die geschwächten Felder am Damenflügel und verhindert weiterhin die Springerentwicklung.
16...Ta7
17.Lb3
Lg4?!
Arg gekünstelt! Stattdessen empfiehlt sich [ 17...Td7!
18.Dc5
Td6
und angesichts der Drohung Lb6 mit Damenrückgewinn muss 19.Ke2
folgen. 19...Td2+
20.Kf1
Sd7
21.Dxe7
Lb6!
22.Ke1
Tb2
mit schwarzen Gegenchancen. ( 22...La5
erschwert dem Nachziehenden das Überleben in der hübschen Variante 23.Da3!
Txa2+
24.Dxa5
Txa5
25.Txa5
Sc5
26.Ld5
Sxe4!
27.Lxe4
Te8
28.f3
f5
29.Kd2
fxe4
30.fxe4
Txe4
( 30...Lb7
ändert wenig.) 31.Tc1
Td4+
32.Ke3
Td8
33.Tc7+/-
und Schwarz hat ein Problem auf der siebten und achten Reihe.) ]
18.Dg5
Lb6+
19.Kf4!
Le6
[ 19...Ld7!
wirkt passiver, hält jedoch die Bauernstruktur intakt. 20.Kg3
Sc6+/-
]
20.Lxe6!
fxe6+
21.Kg3
Sc6
[ 21...Lxf2+
22.Kh3
Td7
23.Thd1
Ld4
24.Tac1
e5
25.Tf1
garantiert Weiß Vorteil.]
22.Kh3
Sd4
23.Thd1
Tc7
24.Tac1
Txc1
25.Txc1
Se2
26.De5!?
[ 26.Tc2
Sf4+
27.Kg4
sieht selbstmörderisch für den weißen Monarchen aus - es findet sich jedoch kein K.o.-Schlag für ihn.]
26...Ld4
[ 26...Sxc1
27.Dxe6+
Kg7
28.Dxb6+-
bietet keine Remischancen. Ein Beispiel: 28...Se2
29.Dxa6
Sf4+
30.Kg4
h5+
31.Kg5
Tf6
32.Dxf6+
exf6+
33.Kxf4
mit gewonnenem Bauernendspiel.]
27.Dxe6+
Tf7
28.Tc8+
Kg7
29.g3+-
Der einzige Zug findet sich leicht. Danach entkommt der König.
29...Sg1+
30.Kg2
Txf2+
31.Kh1
Bloß nicht [ 31.Kxg1??
Tf6+
32.Kg2
Txe6
]
31...Sf3
Konstruiert ein Mattnetz - doch erst ist wieder Weiß am Zug.
32.Dxe7+
Kh6
33.Df8+!
Kh5
34.Tc5+!
Sg5
Alle anderen Fortsetzungen verlieren genauso. [ 34...Kg4
35.Dc8#
; Oder 34...g5
35.Df7+
Kg4
36.Df5+
Kh5
37.Dh3+
Kg6
38.Tc6++-
und Weiß kommt zuerst.; Simpel unterliegt 34...Lxc5
35.Dxc5+
Kh6
36.Dxf2
]
35.Txg5+!
[ 35.Dg8??
wäre hingegen unklug: 35...Tf1+
36.Kg2
Tg1#
]
35...Kxg5
36.Dd8+
Lf6
37.Dd3
Kg4
38.De3
Die schwarzen Figuren stehen völlig unkoordiniert, was zu raschem Materialverlust führt. Sutowski gab daher auf. 1-0
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