Botwinnik lehrt "analytische Arbeit"Weltmeister Anand triumphiert bei Gedenkturnier in Moskauvon FM Hartmut Metz, 10. September 2011 |
Michail Botwinnik hat 1963 zum dritten Mal seinen WM-Titel verloren. Nach der 9,5:12,5-Niederlage gegen Tigran Petrosjan bekam der Russe, dessen 100. Geburtstag am 17. August anstand, aber diesmal keine Gelegenheit zu einer baldigen Rückkehr auf den Thron (dritter und letzter Teil zum Jubiläum). Der Schach-Weltverband hatte das Revanche-Recht des Weltmeisters abgeschafft. Der oft sehr halsstarrige Botwinnik verzichtete deshalb auf seinen Platz im Kandidatenturnier. Stattdessen konzentrierte er sich unter anderem darauf, einen "elektronischen Schachspieler" zu schaffen. In diesem Bereich brachte es der Elektrotechniker aber nicht weit: Vor mehr als zwei Jahrzehnten stellte Botwinnik an der Uni Karlsruhe seine veralteten Ideen vor - ein großes Publikum fand die 1995 verstorbene Legende dennoch, weil ihn alle Schachfans sehen wollten.
Mehr Erfolg war seiner Schachschule beschieden. Vor allem die Ausnahmetalente Anatoli Karpow und Garri Kasparow profitierten von dem sowjetischen Übervater und traten als Weltmeister in die Fußstapfen ihres Lehrmeisters. "Ich bin davon überzeugt, dass die fünf Jahre, die ich in der Schule Botwinniks verbrachte, für meine Entwicklung als Schachspieler entscheidend waren", betonte Kasparow. "Besonders wichtig" sei es gewesen, sich "die Notwendigkeit ständiger analytischer Arbeit, vor allem die sorgfältige Analyse der eigenen Partien, anzueignen".
Auch als Ex-Weltmeister platzierte sich Botwinnik bis zu seinem Rücktritt 1970 noch in einigen Turnieren ganz vorne - von 53 in seiner Karriere gewann der Moskauer 33. Zudem teilte der Ausnahmekönner sechsmal den ersten und zweiten Platz.
Zum Gedenken an den herausragenden Repräsentanten der UdSSR fanden in den letzten Wochen zahlreiche Gedenkturniere statt. Im Mittelpunkt stand ein Schnellschach-Turnier in Moskau mit den vier Führenden der Weltrangliste. Souveräner Sieger in seiner Domäne wurde einmal mehr Viswanathan Anand. Der für die OSG Baden-Baden spielende Weltmeister deklassierte im Botwinnik Memorial Wladimir Kramnik (Russland) und Lewon Aronjan (Armenien). Der Inder holte 4,5:1,5 Zähler, die beiden Verfolger 3:3 Punkte. Abgeschlagen Letzter wurde der norwegische Weltranglistenerste Magnus Carlsen (1,5:4,5).
1968 in Monaco bekam der aufstrebende Ungar Lajos Portisch die noch immer scharfe Klinge des damals 57-jährigen Altmeisters zu spüren.
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Botwinnik,M - Portisch,L [A29]
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