Schach macht schlauKönigliches Spiel als Pflichtfach steigert IQ und Sozialverhaltenvon FM Hartmut Metz, 21. November 2011 |
Methoden gibt es zuhauf, Kindern Schach beizubringen. Beim heute endenden 4. Deutschen Schulschachkongress in Ettlingen werden sie präsentiert, etwa die holländische Stappenmethode oder das großartige PC-Lehrprogramm "Fritz&fertig". Mögen unter den Teilnehmern und Referenten wie dem Rastatter Schachlehrer Nikolaus Sentef unterschiedliche Ansichten über die beste Lehrmethode herrschen, einig sind sich aber alle bei einem: Schach macht schlau! Das belegte bereits 2007 eine Studie der Universität Trier.
Anne Krämer hatte für ihre Diplomarbeit einen Feldversuch an der Grundschule gestartet. Dieser ergab, dass das Denkspiel zu deutlich höherer Konzentrationsfähigkeit bei den Kindern führte und sich auch ihre schulischen Leistungen verbesserten. Letzteres galt besonders für leistungsschwache Schüler. Signifikant steigerten sich Lesevermögen wie Sprachverständnis. In Mathematik legten sie ebenfalls kräftig zu - logisches Denken ist dort schließlich wie beim Schach besonders wichtig.
In der Schweiz wurde deshalb in einem Pilotprojekt in den ersten zwei Grundschulklassen eine Stunde Mathematik durch Schach ersetzt. Protest in Däniken regte sich, wie die Schweizerische Schachzeitung (SSZ) berichtete, nur aus einem Grund: Die älteren Kinder wollten auch gerne solch ein Pflichtfach! Doch nicht allein die Leistung nimmt laut der Trierer Studie durch den Umgang mit Springer, Bauer und König zu. Die Kinder waren dadurch auch mehr motiviert als ihre Altersgenossen und bewiesen höhere soziale Kompetenz. Ein Ergebnis, das ähnliche Studien in anderen Ländern bestätigen. In Texas erzielten außerdem die Teilnehmer am Schulschach-Programm laut der SSZ "doppelt so große Fortschritte in Mathematik und beim Lesen als Nicht-Schachspieler".
Selbst in Venezuela setzten die Behörden auf das königliche Spiel: Beim Projekt "Lernen zu denken" nahm Schach eine große Rolle bei der Vermittlung von Denkfähigkeit ein. Bei den teilnehmenden 4 266 Zweitklässlern registrierten die Lehrer, dass methodisch gelehrtes Schach Kindern besondere Anreize bietet. Grundschüler konnten damit ihren Intelligenzquotienten merklich schneller wachsen lassen.
Trotz all der positiven Belege dürfte der Denksport vorerst kaum fest ins deutsche Schulsystem integriert werden. Bis dato hängt alles vom persönlichen Engagement von Lehrern - wie in den 70er und 80er Jahren in Kuppenheim durch Reinhard Kühl und Heribert Urban - oder aktuell durch Sentef und den Durmersheimer Hubert Weßbecher, die freiberuflich Schach-AGs in der Region leiten, ab.
Nachfolgend ein hübsches Partiebeispiel vom "Lehrmeister der Deutschen" schlechthin: Dr. Siegbert Tarrasch galt bereits zu Lebzeiten als "Praeceptor Germaniae". Der Münchner war um 1900 herum als Turnier-Weltmeister anerkannt. Auf seinem Höhepunkt hatte er jedoch einen WM-Kampf mit Wilhelm Steinitz abgelehnt und unterlag später seinem deutschen Rivalen, Weltmeister Emanuel Lasker. Noch höher als seine schachlichen Leistungen sind seine literarischen einzuordnen. Der 1862 in Breslau geborene Arzt verschrieb sich der Popularisierung des Denkspiels. "Dreihundert Schachpartien" (1895), "Die moderne Schachpartie" (1912) und "Das Schachspiel" (1931) erlebten zahllose Auflagen. Die drei Klassiker gibt es heute noch als Reprints bei Edition Olms.
Die Partie spielte Tarrasch 1892 in Nürnberg.
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Tarrasch,S - Eckart,K [C31]
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