Wunder in GriechenlandDeutsche Schach-Nationalmannschaft wird Europameistervon FM Hartmut Metz, 11. Dezember 2011 |
Die Zeitschrift "Schach" erschien mit goldfarbenem Umschlag. Eine Verneigung vor den deutschen Helden der Europameisterschaft! Dass das ausgeglichen besetzte Quintett den Titel im griechischen Fünf-Sterne-Ressort Porto Carras holt, damit hatte wirklich kein Experte gerechnet. Nicht einmal die Spieler verschwendeten einen Gedanken an diesen Triumph. "Wir wussten, dass wir den Topteams gefährlich werden können, wenn es bei allen gut läuft. Wir waren Fünfter bei der vorherigen EM. Mit dem Sieg haben wir uns gedanklich bis kurz vor Schluss gar nicht beschäftigt", gesteht Jan Gustafsson im "Schach-Magazin 64".
Der Hamburger in Diensten der OSG Baden-Baden resümiert weiter: "Aber es lief gut. Siege über Ungarn, Ukraine, Armenien und Aserbaidschan - alles Schachgroßmächte. Das war also kein Zufallserfolg." In der neunten und letzten Runde machte Georg Meier die Sensation perfekt. Der Student in den USA schlug seinen früheren OSG-Vereinskameraden Sergej Mowsesjan trotz der schwarzen Steine. Arkadij Naiditsch, Daniel Fridman und insbesondere Gustafsson verteidigten Remis gegen den Topfavoriten Armenien. Dank des 2,5:1,5 über den Olympiade-Sieger kam allein die Auswahl von Uwe Bönsch auf 15:3 Punkte. Silber ging an Aserbaidschan (14:4), Bronze an Ungarn vor Armenien und Russland (alle 13:5). Lediglich das siebtplatzierte Bulgarien (12:6) hatte den neuen Europameister in Runde fünf mit 3:1 schlagen können.
Das Erfolgsgeheimnis war zum einen die ausgeglichen gute Besetzung der Deutschen: Naiditsch (5:3), Meier (5,5:3,5), Fridman (4,5:3,5), Gustafsson (4,5:2,5) und Rainer Buhmann (3:1) verloren nur zwei von 36 Partien. Unisono lobten die Nationalspieler zum anderen ihren Eröffnungscoach Rustam Kasimdschanow. Der Sekundant von Weltmeister Viswanathan Anand bereitete die Akteure offensichtlich perfekt vor. "Er war eine Riesenhilfe", bestätigt Gustafsson.
Unschöne Begleitmusik hatte dies allerdings auch zur Folge: Insbesondere der Baden-Badener Bundesliga-Topscorer Naiditsch attackierte Bundestrainer Bönsch wieder nach der EM und zerschnitt vorerst das Tischtuch mit dem Deutschen Schachbund. Der 26-jährige Weltranglisten-31. wurde daraufhin aus dem A-Kader gestrichen. Problemchen im Vergleich zu den siechen Griechen! Bei der Ehrung des neuen Europameisters hoffte der Moderator mit Blick auf die hellenische Schuldenkrise: "Vielleicht behandelt uns Frau Merkel jetzt etwas netter."
Zum unglaublichen 3,5:0,5 über die Ukraine trug Gustafsson mit einer famosen Angriffspartie in Runde vier bei.
|
Gustafsson,J (2633) - Jefimenko,S (2702) [D38]
|