Der "Lehrmeister der Deutschen"Der vor 150 Jahren geborene Siegbert Tarrasch prägte das Schachvon FM Hartmut Metz, 4. März 2012 |
Kein Spieler hat das deutsche Schach so geprägt wie Siegbert Tarrasch. Der stets edel gekleidete Doktor aus Nürnberg ging als "Lehrmeister der Deutschen" in die Geschichte ein. Am Montag steht der 150. Geburtstag des Großmeisters an, der 1914 von Zar Nikolaus II. in St. Petersburg als einer von fünf Granden des Turniers in St. Petersburg den Titel als Erster verliehen bekam. Neben dem Amerikaner Frank Marshall wurde die Ehre den Weltmeistern José Raúl Capablanca, Alexander Aljechin und Emanuel Lasker zuteil. Mit dem ebenfalls jüdischen Landsmann Lasker sollte das Leben Tarraschs eng verknüpft bleiben.
Der Praeceptor Germaniae (Lehrmeister Deutschlands), wie der am 5. März 1862 geborene Mediziner später ehrfurchtsvoll lateinisch genannt wurde, feierte auf dem Brett große Erfolge - noch mehr Verdienste häufte er jedoch als scharfzüngiger wie dogmatischer Autor an. Seine Bücher "Dreihundert Schachpartien" (1895), "Die moderne Schachpartie" (1912) und "Das Schachspiel: Systematisches Lehrbuch für Anfänger und Geübte " (1931) sind Klassiker. Sie erlebten zahllose Auflagen, wurden in sechsstelliger Zahl verkauft und gibt es noch heute als Reprint bei Edition Olms!
"Das Schach hat wie die Liebe, wie die Musik die Fähigkeit, den Menschen glücklich zu machen", schreibt Tarrasch in seinem letzten Standardwerk drei Jahre vor seinem Tod 1934. Er selbst entflammte im Alter von 15 für das Denkspiel. Nach der Schule eilte er immer zum Königsplatz seiner Heimatstadt Breslau, um dort mit jedem die Klinge auf den 64 Feldern zu kreuzen, heißt es in "Schach - Das Lexikon". Während des Studiums in Berlin schließt sich Tarrasch dem Schachclub der Hauptstadt an und verdient sich 1883 bei einem Sieg im Nebenturnier des Schachkongresses in Nürnberg erste Meriten. Zwei Jahre danach darf sich der spätere Namensgeber vieler Vereine mit den Großen messen. Beim Hauptturnier des 4. deutschen Schachkongresses in Hamburg belegt der Student bereits den geteilten zweiten Platz unter 18 Könnern.
Weltmeister Wilhelm Steinitz bescheinigt dem "aufsteigenden Stern" daraufhin eine erstaunliche Kombinationsgabe. Lediglich an positionellem Gespür mangele es ihm noch, befindet der Österreicher. Das nimmt sich das Talent zu Herzen und propagiert wie kein Zweiter künftig die positionelle Schule. Der Mediziner impft sie sich dabei selbst genauso ein (Fortsetzung in der Schachspalte am nächsten Samstag).
Bei der Nürnberger Klubmeisterschaft 1892 gelang Tarrasch gegen Max Kürschner ein hübsches Mattfinale.
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Tarrasch,S - Kürschner,M [C02]
1.e4
e6
2.d4
d5
3.Ld3
Sf6
4.e5
Sfd7
5.Sf3
c5
6.c3
Sc6
7.0-0
f6
8.Te1
f5?
Schwarz nimmt so merklich Druck vom weißen Zentrum. [ 8...fxe5
markiert den e-Bauern als Schwäche, die Weiß stets verteidigen muss. Zudem schließt der Tausch die e-Linie, deren Öffnung der Nachziehende fürchtet.]
9.Le3?!
Zahm vorgetragen. Mit computergestützter Analyse würden heutige Großmeister ohne Angst vor der Königsschwächung zu [ 9.g4!
greifen, um die schwarze Stellung aufzureißen. Dogmatiker Tarrasch waren solche Züge wohl eher ein Gräuel, sollte doch erst einmal die Entwicklung abgeschlossen werden. 9...c4
10.Lc2
Le7
( 10...g6
erlaubt bereits 11.Sg5
De7
12.gxf5
exf5
( 12...gxf5
13.Dh5+
Kd8
14.Sf7+
Kc7
15.Sxh8
) 13.Sa3
a6
( 13...h6
14.e6!
Sf6
15.Sf7
Th7
16.Sxc4!
( 16.Sb5
Lxe6
17.Sfd6+
Kd8
18.Sxb7+
Dxb7
19.Txe6
Se4+/-
lässt Schwarz eher vom Überleben träumen.) 16...Dc7
( 16...dxc4
17.d5
Dc5
( 17...Sb8
18.d6
mit Damenfang.) 18.dxc6
) 17.Df3
dxc4
18.d5+-
) 14.e6
Sf6
15.Sf7
Tg8
16.Sxc4
dxc4
17.d5
verläuft noch schlechter als die Variante mit 13...h6.) 11.gxf5
0-0
12.f6
gxf6
13.exf6
Lxf6
14.Lh6
Te8
15.Kh1
gibt Weiß exzellente Angriffschancen.]
9...c4?!
Nimmt den zweiten Hebel gegen das Zentrum aus der Stellung. [ 9...Le7
ist mehr im Sinne der Französischen Verteidigung.]
10.Lc2
Le7
11.b3
b5
12.a4
bxa4?
[ 12...b4
13.bxc4
dxc4
14.d5!
exd5
15.Dxd5
Sdxe5
16.Dxd8+
Kxd8
17.Sxe5
Sxe5
18.cxb4
Sd3
19.Td1
Lxb4
20.Sa3
Lxa3
21.Lxd3
cxd3
22.Txd3+
Ke7
23.Taxa3
Le6
bietet Aussicht auf ein Remis.]
13.bxc4
dxc4
14.d5!
Scxe5
15.dxe6
Sxf3+
16.Dxf3
Sb6
17.Dxf5
Lf6
[ 17...Dd6
18.Lf4
]
18.Lc5
Plant ein hübsches Matt, das Schwarz nicht voraussieht. [ Das trivialere 18.Dh5+
g6
19.Lxg6+
hxg6
20.Dxg6+
Ke7
21.Lc5+
Dd6
22.Df7+
Kd8
23.Lxd6
gewinnt ebenso.]
18...Lb7
19.Dg6+!
hxg6
20.Lxg6#
1-0
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