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Frauen-Meister verpflichtet Judit Polgar

Interview mit Emsdettens Präsident und Manager Raimo Vollstädt / Harsche Kritik an Nationalmannschafts-Besetzung

von Hartmut Metz, September 2001

mehr Schachtexte von Hartmut Metz


   Das Unterhaching des Schachs heißt Emsdetten. Die Kleinstadt mit 35.000 Einwohnern besitzt den TVE, der in der Zweiten Handball-Bundesliga spielt, die Fußball-Verbandsligisten 05 und Borussia sowie einen Kanuclub, der sogar schon einen Gewinner einer Olympiamedaille hervorbrachte. Prunkstück ist jedoch derzeit zweifelsohne der SK Turm Emsdetten. Der 110 Mitglieder große Verein besitzt neben zahlreichen Nachwuchsteams und vier Seniorenmannschaften, wovon die erste in Liga zwei aufstieg, ein Frauenteam. Und dieses sorgte in der vergangenen Saison als deutscher Meister für Furore. Vor dem Start in die nächste Runde wartete Raimo Vollstädt (31) - in Personalunion Vorsitzender, Manager, Pressewart und aktiver Spieler in Emsdettens dritter Mannschaft (aktuelle DWZ 1737) - mit einem weiteren Clou auf: Judit Polgar verstärkt den SK Turm! Bis dato verweigerte sich die 25-jährige Ungarin jeglicher Anfrage, bei den Damen mitzuspielen. Einzige Ausnahmen blieben anno 1988 und 1990 zwei Olympiade-Siege mit ihren Schwestern Susan (32), die seit ihrem Gewinn des WM-Titels nicht mehr spielte, und die ebenfalls so gut wie inaktive Sofia (26), die sich auf ihre Arbeit bei der Schach-Webseite "www.kasparovchess.com" konzentriert. Die überragende Schachspielerin bevorzugt den Vergleich mit Männern, die sie mehr fordern. Überragt Judit Polgar bei den Frauen selbst die chinesische Weltmeisterin Xie Jun (Elo 2553) um 133 Ratingpunkte, gibt es dort wenigstens 19 Akteure, die besser als die Budapesterin sind. Geht der einst jüngste Herren-Großmeister, der mit 15 Jahren den legendären Rekord von Bobby Fischer brach, beim schwachen Geschlecht ans Brett? Das wäre eine Sensation. Oder tritt Judit Polgar "nur" für das ebenfalls ambitionierte Herren-Zweitligateam an? Hartmut Metz sprach mit Raimo Vollstädt. Emsdettens umtriebiger Vereinsboss kritisierte dabei auch harsch die Nominierungskriterien für die deutsche Nationalmannschaft.

 

Frauen-Bundesliga-Meister Turm Emsdetten

Raimo Vollstädt (3. von links) mit seinem Team, das die deutsche Meisterschaft gewann. Foto: Pielken

 

Metz: Judit Polgar lehnte es bis dato kategorisch ab, bei den Damen zu spielen. Wie haben Sie die beste Spielerin aller Zeiten dazu gebracht, ausgerechnet für den deutschen Frauen-Meister anzutreten?

Raimo Vollstädt: Als amtierender deutscher Meister konnten wir Judit ein sportliches Konzept vorlegen, mit dem sie sich identifizieren kann. Die Entscheidung beeinflusste natürlich, dass es für Judit Einsatzmöglichkeiten sowohl bei den Frauen als auch bei den Männern gibt. Übrigens, auch Pia Cramling wurde nachgesagt, dass sie ungern gegen Frauen spielt, wir haben die Bundesliga vom Gegenteil überzeugen können.

Metz: Konkret: Wird Judit Polgar auch einmal im Damenteam auftauchen oder nur ein Papiertiger auf der Rangliste sein?

 

Judit Polgar

Judit Polgar, die stärkste Schachspielerin der Welt,
spielt für den SK Turm Emsdetten für die Damen- und die Herrenmannschaft

 

Vollstädt: Es sollte sich kein Gegner zu sicher sein, dass Judit nicht doch am ersten Brett Platz nimmt. Natürlich müssen wir zuvor genau überlegen, gegen wen ein Einsatz von Judit Sinn macht. Auch die anderen Spielerinnen unseres Teams haben ihre Spielstärke ausreichend bewiesen. Im letzten Jahr haben wir gegen die Spitzenteams der Liga deutliche Siege einfahren können. Die Punktverluste gegen Halle und Rodewisch hatten wir uns selbst zuzuschreiben.

Metz: Die Verpflichtung ist natürlich ein Coup, der in Ihrer schachbegeisterten Region sicher für weiteres Aufsehen sorgt. Was erhoffen Sie sich durch das Engagement der überragenden Weltranglistenersten?

Vollstädt: Zum einen wollen wir natürlich Frauenschach weiter populär machen, denn ich glaube, Frauen sind Männern zwar schachlich längst gleichwertig, aber an der Vermarktung müssen wir mehr arbeiten. Zum anderen wollen wir auch überregional mehr für den Schachsport werben, dafür braucht jede Sportart bekanntlich ihre Idole. Judit Polgar ist sicher die weltweit herausragende Schachspielerin, ihr Bekanntheitsgrad und unsere Vermarktungsstrategie sollten eine gute Synergie ergeben.

Metz: Ihr Herrenteam ist dank der besseren Brettpunkte mit 17:1 Zählern vor der SG Solingen II in die Zweite Bundesliga aufgestiegen. Hier wird die an Position eins gemeldete Judit Polgar wohl häufiger antreten?

Vollstädt: Hier bieten sich mehr Einsatzmöglichkeiten an, besonders gegen die starken Teams der Liga, die ebenfalls mit Spitzenspielern mit deutlich über 2600 Elo-Punkten aufwarten.

Metz: Mit Sergej Tiviakow, Alexander Berelowitsch sowie starken Großmeisterinnen wie Pia Cramling und Zhao Qin Peng dahinter sollen wohl in der Zweiten Bundesliga auch nicht gerade kleine Brötchen gebackt werden?

Vollstädt: Jetzt sind wir schon einmal so hoch gekommen, da wollen wir natürlich nicht gleich wieder absteigen. Aber Spaß beiseite, hinter unseren Großmeistern agieren junge hungrige Spieler, die unser Vertrauen haben und die sicher von sich reden machen werden. Es dürfte wohl auch das erste Mal sein, dass eine "Männer"-Bundesligamannschaft mit drei Frauen unter den ersten Acht antritt.

Metz: Das ist ein Novum. Garantiert der Kader den Durchmarsch ins Oberhaus der Herren? Oder kann ein Verein den SK Turm gefährden?

Vollstädt: Vorsicht mit Begriffen wie "Durchmarsch", damit fiel schon manch einer böse auf die Nase. Spuckt man vorher große Töne und erreicht hinterher das sportliche Ziel aber nicht, bekommt das schnell einen faden Beigeschmack. Die Liga ist sehr ausgeglichen. Wir werden unsere Chance suchen, aber zu sicher sollte man sich nie fühlen. So hat man schon vor dem Spiel verloren.

Metz: Witzig wäre es vor allem, wenn Sie im Falle des Aufstiegs in der Herren-Bundesliga mit einem Frauen-Oktett anträten.

Vollstädt: Warum nicht? Ich traue das unseren Frauen durchaus zu. Aber wie sage ich es unseren männlichen Spielern, dass sie ihre Plätze räumen sollen?

Metz: Hätte dieses Chancen, bei den Männern mitzuhalten?

Vollstädt: Wir hätten nicht die stärkste Mannschaft der Liga, aber mit Sicherheit die hübscheste. Einen Platz im Mittelfeld würde ich uns schon zutrauen. Ich glaube, die Herren der Schöpfung hätten mehr Probleme gegen starke Frauen, als sie zugeben würden.

Metz: Jedenfalls ein amüsanter Gedanke, der für Aufsehen sorgen würde. Sind die langfristigen Ziele bei den Männern ähnlich hoch gesteckt wie bei den Frauen? Beim starken Geschlecht wird der Erfolg kostspieliger. Sehen Sie die Bereitschaft Ihrer Sponsoren, noch mehr zu investieren?

Vollstädt: Wir haben ein Konzept, das auf Solidität und Langfristigkeit ausgelegt ist. Und unsere Sponsoren schätzen an uns, dass wir nichts versprechen, was wir hinterher nicht halten können. Daher reden wir nicht so viel von dem von Ihnen angesprochenen "Durchmarsch". Haben wir in der Nordrhein-Westfalen-Liga auch nicht getan. Umso mehr freuen wir uns hinterher über die erreichten Erfolge. Es ist richtig, dass die Kosten bei den Männern von der Zweiten Bundesliga zum Oberhaus sprunghaft steigen. Schach ist keine medienwirksame Sportart, Berichte im Fernsehen bleiben Mangelware. Sicher ist das Internet noch nicht ausgereizt, jedoch zeigen sich auch dort Grenzen in der Vermarktung auf. Man muss die Realitäten erkennen und entsprechend handeln. Die meisten erfolgreichen Teams in Deutschland werden von Einzelpersonen oder involvierten Einzelfirmen gesponsert. Bereits einige Vereine mussten beim Wegfall dieser Mäzene schmerzliche Erfahrungen machen. Wir fahren ein anderes Konzept und verteilen die Lasten auf mehrere Schultern. Bislang waren wir damit erfolgreich, auch für die Zukunft habe ich kein schlechtes Gefühl. Wir scheuen uns nicht, ungewöhnliche Wege zu gehen. Als deutscher Meister bei den Frauen stehen wir im Blickpunkt der Öffentlichkeit, keine leichte Bürde, jedoch für uns auch eine Herausforderung. Innovative Ideen sind gefordert, Schach erfolgreich zu vermarkten. Wir sind auf einem guten Weg: So berichtete das WDR-Fernsehen im Januar diesen Jahres tagesaktuell in einem großen Beitrag über eine Blindpartie von Pia Cramling gegen gleich zwei Männer, den Direktor der hiesigen Volkshochschule und den Vorsitzenden des Stadtsportverbandes. Sicher haben wir aber noch Reserven. Wir sind ein gutes Team, das hart arbeitet. Denn obwohl ich es bin, der im Rampenlicht steht, ohne "meine Mannschaft", die sich rührig um den Verein kümmert, wären wir diesen Aufgaben nicht gewachsen.

Metz: Zurück zur Damen-Bundesliga. Die Konkurrenz wird aufatmen, dass Judit Polgar nur in einem Ausnahmefall antritt. Mit dem nahezu sicheren Punkt am ersten Brett wäre der deutsche Meister ja fast unschlagbar.

Vollstädt: Auch Judit kann nicht mehr als einen Punkt machen, zum Sieg benötigt man mindestens 3,5 Zähler. Wir haben eine klare Regelung: Der "Star" ist die Mannschaft, wir gewinnen zusammen und wir verlieren zusammen. Wir haben 13 Spielerinnen im Kader, jede brennt darauf zu spielen. Jede brennt darauf zu siegen. Jede gibt ihr Bestes für ihr Team. In der vergangenen Saison setzten wir vier Nachwuchsspielerinnen unter 20 Jahren ein - die jüngste gerade mal 14. Auch das ist ein Teil unserer Philosophie, das ist uns wichtig. Ich bin in der schwierigen Situation, unseren Spielerinnen zu sagen: "Du spielst" oder "du spielst nicht". Keine leichte Aufgabe. Das hat mich schon manch schlaflose Nacht gekostet.

Metz: Natürlich hat Emsdetten auch ohne Judit Polgar einen enorm guten Kader, der stark genug für die Titelverteidigung erscheint. Wer sind Ihrer Ansicht nach die gefährlichsten Rivalen?

Vollstädt: Oh, davon gibt es reichlich. Heiligenhaus hat eine noch bessere Mannschaft als im Vorjahr, Dresden ist unverändert stark. Halle und Rodewisch sind nicht zu unterschätzen, gegen diese ließen wir im Vorjahr Punkte. Auch die Aufsteiger Stuttgart und Kiel haben gute Teams am Start. So gesehen kann vieles passieren, aber wir wollen um den Titel mitspielen.

Metz: Und wen erwarten Sie auf den Abstiegsrängen?

Vollstädt: Ich habe so meine Befürchtungen, aber ich werde mich hüten, Namen zu nennen. Gegen den deutschen Meister will jeder gewinnen, deshalb muss ich nicht unnötig Öl ins Feuer gießen.

Metz: Der Schach-Europapokal ist - ganz im Gegensatz zu anderen Sportarten, in denen sich die Klubs darum drängeln - nicht gerade der Deutschen liebstes Kind. Wird der SK Turm mit einem starken Team die DSB-Farben heuer vertreten und wenn ja, mit welchen Ambitionen?

Vollstädt: Wann hat zum letzten Mal der deutsche Herren-Meister unser Land beim Europapokal vertreten? Ich weiß es nicht. Auch bei den Frauen sind Teilnahmen Mangelware. Unser vierter Platz im vergangenen Jahr stellt das beste Resultat einer deutschen Mannschaft seit einiger Zeit dar.

Metz: Woran liegt das Ihrer Meinung nach?

Vollstädt: Zum einen wünschte uns der Deutsche Schachbund (DSB) in einem Glückwunschschreiben zur deutschen Meisterschaft viel Erfolg für unsere internationalen Aufgaben, machte uns aber nach einer Nachfrage recht deutlich klar, dass eine Teilnahme am Europapokal unser rein privates "Vergnügen" sei. Ein übrigens nicht gerade billiges Vergnügen, wenn man Reise- und Übernachtungskosten zusammenrechnet. Ist ein Sieg oder vorderer Platz im Europapokal keine gute Werbung für das deutsche Schach?

Metz: Der DSB ist notorisch klamm, was sich bei der Prämienzahlung für den Gewinn der Silbermedaille bei der Olympiade einmal mehr beweist ...

Vollstädt: Bei den Frauen braucht der DSB ja dies Gott sei Dank nicht. Er schafft es, eine Mannschaft zu nominieren, die nicht um die Medaillenränge mitspielen kann. Starke Spielerinnen werden lieber zu Hause gelassen. Aber zurück zum Europapokal: Ich frage mich, in welcher Sportart - außer Schach - muss man für den Europapokal ein Startgeld zahlen? Fußballvereine scheffeln dort Millionen. Vermarktung im Schach - gleich null. Wenn man als Verein selbst nichts tut, könnte man fast sagen: Wir waren da, keiner hat's gesehen. Aus Halle haben unsere örtlichen Zeitungen täglich aktuell berichtet, die stellvertretende Bürgermeisterin und Ehrenspielführerin unseres Teams verabschiedete uns mit einem Empfang im Rathaus. Wir hätten gute Chancen, den diesjährigen Europapokal unter den ersten Drei, wenn nicht gar als Sieger abzuschließen. Unsere Spielerinnen haben ihre Bereitschaft zur Teilnahme gegeben. Aber unter den genannten Voraussetzungen bleibt es für uns ein zweifelhaftes "Vergnügen". Daher werden wir nicht nach Belgrad fahren.

Metz: Sie vermissen also die Unterstützung des Verbandes. Wie sehen Sie als deutscher Meister die Situation im deutschen Frauenschach ansonsten?

Vollstädt: Im Grunde nicht so schlecht. Unser Land hätte genügend Potenzial, eine starke Frauenmannschaft international ins Rennen zu schicken. Nachwuchstalente sind ebenfalls vorhanden. Allerdings erwarte ich vom DSB eine professionellere Arbeit. In der Vergangenheit war das nicht immer der Fall. Eine Jugendspielerin unseres Vereins, immerhin Beste im C-Kader, wurde tatsächlich innerhalb von zwei Jahren viermal vom DSB zu Meisterschaften eingeladen - zweimal deutsche Fraueneinzel-, einmal Mannschafts-Europameisterschaft U18 und die letzte Frauen-Europameisterschaft in Warschau - bei denen sie auf Grund der Sperrfrist bei Nationenwechsel gar nicht spielberechtigt war! Auf meine Hinweise darauf wurde mit Phrasen wie das "kriegen wir schon hin" oder "sie hat doch einen Freiplatz von uns" reagiert. Bis sie es dann auch gemerkt haben. Eigenartigerweise rief der DSB dann immer erst bei mir an, ich sollte doch der Spielerin die Hiobsbotschaft übermitteln. Ich fragte bei der FIDE an, ob es möglich sei, die Sperrfrist von drei Jahren bei einer 17-jährigen Spielerin, die mittlerweile hier lebt, hier zur Schule geht, ihren Lebensmittelpunkt eindeutig hier in Deutschland hat, zu verkürzen. Antwort: Bei einem formlosen Antrag des DSB überhaupt kein Problem. Leider machte ich den Fehler, dies dem DSB vorzuschlagen. Daraufhin titulierte mich der Verband als Anstifter zur Rechtsbrechung. Soll ich noch mehr Beispiele aufzählen?

Metz: Gerne. Sehen Sie unter den derzeitigen Voraussetzungen überhaupt Chancen, erfolgreich das Frauenschach und den Nachwuchs zu fördern?

Vollstädt: Von Restriktionen in der Bundesliga halte ich nichts. Entweder ein Verein will Jugendarbeit machen oder nicht, da ändern Regularien nichts. Aber Jugendarbeit ist teuer. Wir müssen auch auf die soziale Situation unseres Nachwuchses schauen. Die Finanzierung kann nur über publicityträchtige und vermarktungsfähige Teile des Vereins - wie unsere Frauenmannschaft oder das Engagement von Judit Polgar und unserer anderen Spielerinnen - erfolgen. Nur vom Schulschach zu reden, reicht leider nicht. Ich wage die Behauptung, dass unser Land es mit einer nach der Spielstärke aufgestellten Nationalmannschaft bei der Schach-Olympiade unter die ersten Drei schaffen könnte. Vielleicht könnten wir sogar mit den Chinesinnen mithalten. Leider ist dies in der Realität nicht der Fall. Eine unserer Spielerinnen wurde im vergangenen Jahr nicht mehr für den DSB-Kader nominiert. Dabei hat sie seit Jahren die drittbeste Rating in Deutschland.

Metz: Sie meinen Jordanka Micic?

Vollstädt: Genau. Der DSB betont oft seinen Amateurstatus, verlangt aber von Kaderspielerinnen jährlich etliche Turniere zu spielen. Für Frauen, die berufstätig sind, kaum erfüllbar, für Profis schon. Gute Leistungen in der Bundesliga und Großmeister-Normen beim Europapokal sind offenbar nicht genug. Wir haben in unserer Mannschaft Nationalspielerinnen aus fünf Ländern. Ich bin sehr froh darüber, wir lernen voneinander viel und tauschen unsere Erfahrungen aus. Für Harriet Hunt, Spielführerin der englischen Nationalmannschaft, ist die Situation hier in Deutschland ein undenkbarer Zustand. Sie genießt Mitspracherecht bei der Aufstellung des Kaders. Ihre Erfahrung bringt sie auch in unser Team ein, was wir sehr schätzen. Auch Pia Cramling konnte sich über die Gepflogenheiten in Deutschland nur wundern. Unsere niederländischen Nationalspielerinnen erfahren Förderungen ihres Verbandes, von denen deutsche Spielerinnen nicht zu träumen wagen. Und sie sind bereit, dies auch zurückzugeben. Gerade in den letzten Tagen erfuhr ich von einem geplantem Vierländer-Vergleichskampf der Frauenmannschaften von Deutschland, England, den Niederlanden und Griechenland, der Ende September in Halle/Saale ausgetragen werden soll. Nicht etwa vom Deutschen Schachbund, was ich erwartet hätte, unsere holländischen Spielerinnen fragten mich, ob sie in dieser Zeit daran teilnehmen können.

Metz: Was müsste sich Ihrer Meinung nach ändern, um ein schlagkräftiges Frauen-Nationalteam ins Rennen schicken zu können?

Vollstädt: Es gibt derzeit nur vier Spielerinnen, die für mich bei der Besetzung in Frage kommen. Das sind Ketino Kachiani-Gersinska, Elisabeth Pähtz, Zoya Leltschuk und Jordanka Micic. Sie haben in den vergangenen Jahren bewiesen, dass sie die mit Abstand stärksten deutschen Spielerinnen sind. Sie stehen auch seit Jahren in der Ratingliste vorne. Bettina Trabert oder Anke Koglin - spielt da vielleicht auch ihre Freundschaft mit Christopher Lutz eine Rolle? - haben im Nationalteam nichts zu suchen. Man muss den Erfolg schon wollen, ein gutes Beispiel für den Nachwuchs geben, ihm Werte und Erfolge vermitteln, an denen er sich orientieren kann. Vielleicht bin ich zu ungeduldig, vielleicht will ich mehr, als ich erwarten kann. Ich habe dem DSB mehrfach meine Zusammenarbeit angeboten. Leider blieb dies bislang ohne Reaktion. Aber ich gebe nicht so schnell auf, unsere Frauen werden auch zukünftig für Furore sorgen.

ein paar bemerkenswerte Partien von Judit Polgar

ein paar Emsdetten-Partien aus dem Meisterschaftsjahr


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