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Acht sensationelle Partien"

Anand gelingt Titel-Hattrick bei Chess Classic Mainz

von Hartmut Metz, 1. September 2002

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   Viswanathan Anand hat zum dritten Mal seit 2000 die Chess Classic gewonnen. In Mainz bezwang der weltbeste Schnellschachspieler den FIDE-Weltmeister Ruslan Ponomarjow in einem dramatischen Match mit 4,5:3,5. Am Anfang dominierte der 18-Jährige gegen seinen Vorgänger, ehe sich dieser am zweiten der drei Tage fing und zurückschlug. "Er hat besser gespielt und sich besser verteidigt - das fehlte mir", räumte Ponomarjows unumwunden ein. Der junge Ukrainer verdiente sich nicht nur durch sein attraktives Spiel und seine klaren Analysen den Respekt des Publikums, auch sein sympathisches Auftreten überzeugte. So kalt, wie er auf Außenstehende wirkt, ist der Kramatorsker keinesfalls. Erst einmal in Laune, reiht der FIDE-Champion eine humorvolle Aussage an die andere. Deswegen muss Ponomarjow nicht so geknickt sein wie in dem Moment, als er frustriert bemerkte: "Als Sieger wäre ich nächstes Jahr wieder eingeladen worden …" Hans-Walter Schmitt will die Chess Classic zumindest noch 2003 ins zehnte Jahr führen - und warum sollte nach dem spektakulären Match nicht wieder der Großmeister aus dem Donezk-Becken mit von der Partie sein?

 

Ruslan Ponomarjow   Viswanathan Anand

 Schnellschach auf hohem Niveau bei den Chess Classic Mainz 2002: FIDE-Weltmeister Ruslan Ponomarjow (links), Viswanathan Anand

 

   „Acht Partien wie diese zu spielen ist sensationell!", stellte sich Anand selbst wie seinem Widersacher ein blendendes Zeugnis aus. "Das Niveau lag deutlich höher als im letzten Jahr gegen Wladimir Kramnik. Da wurde zu viel gepatzt", verglich Anand das diesjährige "Duell der Weltmeister" mit jenem von 2001 und begründete die aufregenderen Spiele mit den unterschiedlichen Stilen: "Gegen Wladimir ist es schwer, wirklich interessante Stellungen zu bekommen. Er pflegt einen klassischen Stil, während dieser Bursche dich anspringt und scharfe Eröffnungen wählt! Deshalb hatte ich mich auch darauf gefreut, gegen Ponomarjow anzutreten." Nach diesem "knappen, denkwürdigen Match" blickte Anand gerne den nächsten Tagen entgegen, "an denen ich richtig aufgekratzt sein werde". Vor allem die beiden "sehr schönen" Gewinnpartien ergötzten ihn. "Aus schachlicher Sicht hatte ich sehr viel Spaß", berichtete der "Tiger von Madras". Prächtig gelaunt konnte sich der Weltranglistendritte - als er erneut das schwarze Jackett des Siegers übergestreift bekam - natürlich eine Bemerkung mit Blick auf die Siegerin des "Duells der Grazien", Alexandra Kostenjuk, nicht verkneifen: "Nächstes Jahr möchte ich auch ein rotes Jackett!"

 










W: Anand S: Ponomarjow

 

1.d4 d5 2.c4 dxc4 3.Sf3 Sf6 4.e3 e6 5.Lxc4 c5 6.0-0 a6 7.a4 Sc6 8.De2 Le7 9.Td1 0-0 10.dxc5 Dc7 11.b3 Lxc5 12.Lb2 b6 [In der Partie Kramnik - Sadwakasow, Astana 2001, stand Weiß nach 12...e5 13.Sc3 e4 14.Sg5 Ld6 15.Sd5 Sxd5 16.Txd5+/- deutlich besser.] 13.Sbd2 Lb7 14.Tac1 Sb4 15.Sg5 De7 16.Sdf3 h6 17.Sh3 Tfd8 18.Sf4 Txd1+ 19.Txd1 Td8 20.Txd8+ Dxd8 21.Se5 Sbd5 22.Sh5 Le7 Hätte Ponomarjow geahnt, was auf ihn zukommt, hätte er gewiss den Springer gleich abgeräumt. 23.h3 Dc7? [23...Sc7 ] 24.e4 Sb4 25.Sxf7!? [25.Df3 hält Anand sogar für noch gefährlicher. Weder der Springer auf h5 noch der Bauer auf e4 dürfen wegen des Schwachpunkts auf f7 genommen werden. Lxe4 verbietet sich natürlich wegen des Springer-Zwischenschachs auf f6.] 25...Kxf7 26.Sxg7 Lc8? Das bringt Schwarz in die Bredouille. Augen zu und durch, lautete die Devise: [26...Kxg7! 27.Dg4+ Kh8 (27...Kf8? 28.Dxe6 Sbd5 29.exd5 Lc8 30.De3+- ) 28.Dg6 e5 29.Dxh6+ Sh7 30.Dg6 (30.De6 Dd8 31.Lxe5+ Lf6 32.Lc7 Dc8 33.Dxc8+ Lxc8 34.Lxb6 ergibt ein hochinteressantes Endspiel mit fünf Bauern für zwei Springer, das allerdings Schwarz halten sollte!) 30...Dd8 31.Lg8!! Dxg8 32.Lxe5+ Lf6 33.Lxf6+ Sxf6 34.Dxf6+ Dg7 35.Dd8+ Kh7 36.Dh4+ Kg8 37.Dd8+ Df8 38.Dg5+ Kh7 39.Dh4+ Dh6 (39...Kg7 40.Dg5+ ) 40.De7+ Dg7 41.Dxb4 Da1+ 42.Kh2 De5+ 43.g3 Dxe4 44.Dxe4+ Lxe4 45.b4 a5 46.bxa5 bxa5 47.Kg1 Lc2 48.Kf1 Lxa4 49.Ke2 Ld7 50.g4 a4 51.Kd2 a3 52.Kc2 a2 53.Kb2 Le6 ist remis.] 27.Sf5 b5?! [27...Df4 28.Sxe7 Kxe7 29.g3 Dg5 ist unklar.] 28.axb5 axb5 29.Sxe7?! [Das Programm Fritz opfert hingegen munter weiter: 29.e5! bxc4 30.Sxh6+ Kg6 31.exf6 Lxf6 32.De4+ Kxh6 33.Lxf6+/- und wegen der drei Bauern für die Figur plus offener schwarzer Königsstellung fällt es dem Nachziehenden schwer, den Remishafen anzuschippern.] 29...Kxe7? [29...bxc4! 30.Lxf6 Kxf6 31.Sxc8 Dxc8 32.bxc4 Sc6 ] 30.Lxb5 Dc2?! 31.La3! Dc3 [31...Dxb3? verliert wegen der Fesselung des Springers auf b4: 32.Dd3! Dxd3 33.Lxd3 ] 32.Dc4 Da1+ 33.Kh2 Dxa3 34.Dxc8 Da5 35.Dc5+ Kd8 36.Dd6+ Kc8 37.Dxe6+ Kb8 38.Lc4 Dc7+ 39.e5 Se4 40.f4 Sd2 41.Dxh6?! [41.De8+! Dc8 42.De7 Sc6 43.Dd6+ hätte einen der beiden Springer erobert. Aber auch so ist die schwarze Lage mit fünf Bauern für einen unbeweglichen Springer hoffnungslos.] 41...Sxc4 42.Df8+ Ka7 43.Dxb4 Sb6 44.e6 Sc8 45.Dd4+ Kb8 46.De5 Ponomarjow streckte die Waffen. Der Springer kann die vielen Bauern nicht aufhalten. 1-0

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