Startseite Rochade Kuppenheim

Kasparow erlebt sein Waterloo

Polgar und Akopjan zahlen es dem Schandmaul heim

von Hartmut Metz, 23. September 2002

mehr Schachtexte von Hartmut Metz

 

   Allein die 48:52-Niederlage gegen den Rest der Welt schmerzt die russische Seele schon genug. Aber auch der vieljährige erste Vertreter der Schachnation Nummer eins erlebte sein persönliches Waterloo: Garri Kasparow kam gegen die zehn Spieler aus aller Welt nur zu vier Punkten. Solch eine miserable Bilanz verzeichnete der Weltranglistenerste noch nie. Die Schlappe des "Ungeheuers von Baku" begründet sich natürlich vor allem mit seinem schlechten Spiel - aber ist auch ein Stück weit seiner lästerlichen Zunge zu verdanken.

 

Garri Kasparow

Garri Kasparow

 

   Der Welt-Kapitän Yasser Seirawan verstand es, die richtigen Gegner auf ihn anzusetzen. Gleich in der ersten Runde bot der US-Großmeister den Ukrainer Wassili Iwantschuk gegen Kasparow auf, weil der Vizeweltmeister wie kein Zweiter gegen den 39-Jährigen motiviert ist. Und mit seinem Sieg leitete er tatsächlich das Fiasko des Russen ein. Über die mit weitem Abstand beste Schachspielerin auf dem Globus, Judit Polgar, hatte sich Kasparow auch schon häufig abschätzig geäußert. Als Seirawan die Ungarin fragte, ob sie lieber in Runde vier gegen Alexander Morosewitsch oder die Partie darauf gegen Kasparow pausiere, zögerte Polgar keine Sekunde: "Ich will gegen Garri spielen", kam es wie aus der Pistole geschossen. Die 26-Jährige wies zwar mit 2:5 Punkten die schlechteste Bilanz der Welt-Vertreter auf - Kasparow unterlag dennoch erstmals einer Frau. "Es war ein großartiges Gefühl, ihn zu schlagen", jubilierte Polgar.

   Weiteres Unglück braute sich für Kasparow gegen Wladimir Akopjan zusammen. Den Ersatzspieler der Welt-Auswahl hatte der Moskauer 1999 als "WM-Tourist" verhöhnt. Ungeachtet dessen war der Armenier damals trotzdem in Las Vegas Vizeweltmeister geworden. Endgültig revanchierte sich Akopjan jetzt mit einem Sieg in nur 25 Zügen über Kasparow!

   Den einzigen Spieler, den das Großmaul wie immer schlagen konnte, war Alexej Schirow. Der in Lettland geborene Russe weist eine katastrophale Bilanz gegen seinen Erzfeind auf, die sich in Moskau weiter verschlechterte. Doch ansonsten trumpfte der Wahl-Spanier auf: Mit 7:3 Zählern war er eindeutig der stärkste Spieler auf beiden Seiten. In der letzten Runde fügte er dem bis dahin einzigen ungeschlagenen Russen, dem Baden-Ooser Bundesligaspieler Peter Swidler, die erste Niederlage zu. Den Sieg des Rests der Welt bewertete Schirow nicht über: Wenn wie bei den vorherigen Kämpfen "die ehemalige Sowjetunion gegen den Rest der Welt gespielt hätte, hätte die Sowjetunion gewonnen", zeigte sich Schirow überzeugt. 20 der 24 Nominierten des Wettkampfs stammen aus dem ehemaligen Riesenreich.

 










W: Schirow S: Swidler

 

1.e4 c5 2.Sf3 d6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 Sf6 5.Sc3 a6 6.Le3 e6 7.f3 Der Englische Angriff erfreut sich derzeit großer Beliebtheit.

7...b5 8.g4 h6 9.Dd2 Sbd7 10.0-0-0 Lb7 11.h4 b4 12.Sa4 Da5 13.b3 Tc8!?
Mehr en vogue ist derzeit die Variante [13...Sc5 14.a3 ]

14.Kb1 Sc5 15.Sxc5
[Ein schlimmer Fehler wäre 15.Sb2? Sfxe4 16.fxe4 Sxe4 17.Dh2 Sc3+ 18.Kc1 Dxa2 19.Lg2 Lxg2 20.Dxg2 d5! (20...Da1+ 21.Kd2 Dxb2 22.Db7 Tc5 23.Da8+ Kd7 gewinnt auch, gibt aber Weiß noch gewisse Gegenchancen.) 21.Td3 Db1+ 22.Kd2 Dxb2 ]

15...dxc5 16.Se2
Lc6 17.Sg3 Sd7 18.f4 Le7 19.Ld3 Sb6 20.Df2 Verhindert den Vorstoß c4, der den schwarzen Angriff merklich beleben würde.

20...Sa8
Dieser Springerzug ist ein arges Zugeständnis. Bis der Rappen über c7 und b5 nach c3 gelangt, vergeht zu viel Zeit. [20...Lb5 21.f5 Sd7 22.Sh5 wirkt auch alles andere als erbaulich für Swidler.]

21.g5 Sc7 22.Sh5 Sb5 23.Lxb5 axb5 24.Sxg7+ Kf8 25.Sxe6+!
Ein brillanter Zug. Mit dem Figurenopfer öffnet Schirow den Weg zum feindlichen König. Zögerlichere Fortsetzungen brächten Schwarz nach Ta8 zurück ins Spiel.

25...fxe6
[25...Kg8 26.gxh6+- Txh6 27.f5 Ta8 28.Kc1 Dxa2 29.Dg3+ Tg6 30.fxg6 fxe6 31.Df4 Da1+ 32.Kd2 Dg7 33.Dh6 Dxh6 34.Lxh6 Lxe4 35.h5 Lxh1 36.Txh1 c4 37.Tf1 und Weiß gewinnt das Endspiel leicht.]

26.f5 Ke8
[26...e5 27.f6 Ta8 28.fxe7+ Kg8 (28...Ke8 29.a4! bxa4 30.Thf1 mit undeckbarem Matt.) 29.Td8+ Txd8 30.g6!!+- und der Nachziehende kann das Matt nur noch durch ein paar Zwischenzüge aufschieben.; 26...Kg8 27.Dg3! h5 28.De5 führt ebenso ins Verderben.]

27.fxe6
Swidler gab auf. [27.fxe6 Tf8 28.De2 und die Drohung 29.Dh5+ ist nicht mehr zu parieren.] 1-0

vorherige Meko Meko-Übersicht nächste Meko