IM+ bringt mehr ein als ein IM-TitelIgor Berezovsky profiliert sich als Software-Tüftlervon FM Hartmut Metz, 14. Februar 2004 |
IM - die Abkürzung scheint das Leben von Igor Berezovsky zu bestimmen. Im Beruf wie bei seinem Steckenpferd dominieren die zwei Buchstaben. IM steht nicht etwa für einen informellen Mitarbeiter, einen Stasi-Spitzel. IM hat nichts mit Sozialismus, sondern mit dem königlichen Spiel zu tun: Internationaler Meister bedeutet das Kürzel und dokumentiert den zweithöchsten Titel, den der Schach-Weltverband FIDE an die stärksten Denkakrobaten hinter den Großmeistern verleiht. Da seine Passion lediglich für wenige Asse mehr darstellt als brotlose Kunst, verdient Berezovsky sein Geld aber lieber nicht als IM, sondern mit IM, Instant Messaging.
Der Bundesligaspieler der Stuttgarter Schachfreunde (SSF) hat ein kleines, geniales Programm namens IM+ entwickelt, das teure SMS erübrigt und Chatten mit dem Handy "um ein Vielfaches billiger macht". Das behauptet nicht nur der Boss von Shape Services selbst - auch die Kunden überschütten den nur 333 Kilobyte großen Kommunikationshelfer im Internet mit Lobeshymnen wie "fantastisch" oder "jeden Penny wert". Die Branchen-Bibel aller Handy-Freaks, "Connect", preist das ab 19,95 Euro erhältliche IM+ als "Top-Programm, das seinen Preis auf jeden Fall wert ist". Spätestens seit der Empfehlung im Magazin "Focus" läuft der Verkauf zur Freude des gebürtigen Ukrainers auf Hochtouren.
An diesem Wochenende kreisen die Gedanken des Bad Cannstatters, den es vor acht Jahren vom Schwarzen Meer ins Ländle zog, jedoch nicht um die Eroberung von Märkten. Der 32-Jährige will Bauern und Springer erobern - und am besten den feindlichen König zur Strecke bringen. Doch das wird schwer, um nicht zu sagen schier unmöglich. Die Stuttgarter SF erwarteten gestern nach Redaktionsschluss dieser Seite den SC Baden-Oos. Punktloses Schlusslicht kontra ungeschlagenes Starteam, das mit einem 6,5:1,5-Sieg im Nachholspiel wieder die Tabellenspitze erklimmen wollte. IM Berezovsky wird dabei wahrscheinlich so von seinem Gegner überrollt, wie er derzeit in der Software-Branche dank IM+ mit der Konkurrenz verfährt. Am zweiten Brett war wohl der russische Weltranglistenvierte Peter Swidler oder der -fünfte Alexej Schirow (Spanien) sein Kontrahent.
Dass die Stuttgarter aus dem Oberhaus absteigen, damit findet sich der Diplom-Psychologe und studierte Pädagoge bisher nicht mit ab. "Wenn es weitere Rückzüge gibt, reichen schon ein paar Punkte", zeigt sich Berezovsky kämpferisch. Heute gegen den Tabellensiebten Wattenscheid (6:8 Punkte) und morgen gegen den Rangsechsten Solingen (8:6) rechnet sich der Chef von Shape Services schon eher mit seinem Klub etwas aus. Berezovsky müsste dann seine passable Bilanz von 2:4 Punkten weiter aufpolieren. Doch mit Peter-Heine Nielsen und Rustem Kasimdschanow sitzen ihm die Nummer eins aus Dänemark und Usbekistan gegenüber. "Ich hatte auch noch keine Zeit, ihre Eröffnungen anzuschauen. Ich hatte zu viel mit meiner Firma zu tun", berichtet der Stuttgarter und ergänzt grinsend, "derzeit habe ich eine gute Ausrede."
Aufwärts wird es mit dem mitgliederstärksten schwäbischen Schachverein wohl erst wieder gehen, wenn der IM noch mehr IM+ an den Mann bringt. Die 1999 gegründete Software-Schmiede beschäftigt mittlerweile über 25 Entwickler in Odessa - warum sollen da nicht irgendwann mal auch ein paar Schachspieler auf Berezovskys Lohnliste stehen? Wenn die Geschäfte weiter so gut laufen, kann sich der 32-Jährige durchaus ein Sponsoring à la SC Baden-Oos vorstellen, wo die Grenke Leasing AG das Füllhorn über die Denkakrobaten ausschüttet. Seine "Idealvorstellung" hat sich Berezovsky jedenfalls schon ausgemalt: "Ich am achten und letzten Brett und vor mir der Weltranglistenerste Garri Kasparow."
Sein Talent verriet Berezovsky schon als 13-Jähriger in Odessa. Nachstehend eine nette Kurzpartie von 1983 und zwei weitere Siege gegen prominente Spieler.
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W: Berezovsky S: Rusel1.Sf3 Sf6 2.c4 g6 3.Sc3 d5 4.cxd5 Sxd5 5.Da4+ Ld7 6.Dh4 Sxc3?! Gibt Weiß das bessere Spiel. 7.dxc3 Lg7 8.Lh6 0-0? Das verliert umgehend. Schwarz muss [ 8...Lf6 versuchen.] 9.Sg5 Droht Lxg7 nebst Dxh7+. Die Attacke kann der Nachziehende nur noch durch Materialopfer abwenden. 9...f6 10.Dc4+ Kh8 11.Df7!! Tg8 [ Vier Jahre später tappte Sesjulkin in dieselbe Falle und versuchte an dieser Stelle 11...Txf7 12.Sxf7+ Kg8 13.Sxd8 Lxh6 14.Sxb7 , wonach der Rest mit Qualität und Bauer mehr ebenfalls einfach ist.] 12.Dxf6!! [ 12.Dxf6 Auch das zweite Damenopfer darf Schwarz nicht annehmen: 12...exf6 13.Sf7# Da das Matt aber auch nicht mehr sinnvoll zu parieren ist:] 1-0 |
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Berezovsky,I (2406) - Nijboer,F (2551)
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Berezovsky,I (2444) - Hracek,Z (2578)
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