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Russland nochmals eine Supermacht

China verpasst durch Schlussrunden-Schlappe sicher geglaubten WM-Titel

von FM Hartmut Metz, 19. November 2005

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   Vor dem Zerfall der Sowjetunion konnten sich selbst die ambitioniertesten Teams ruhigen Gewissens auf Platz zwei bei Mannschaftswettbewerben konzentrieren. Die Sowjets eilten dank der Förderung ihrer Staatsamateure von Erfolg zu Erfolg. Es gab nur ganz wenige Ausnahmen, bei denen den Sowjets der erste Rang abspenstig gemacht werden konnte: Bobby Fischer wurde 1972 Weltmeister oder 1978 holte Ungarn den Titel bei der Schach-Olympiade. Die russische Schachschule profitierte zwar noch eine Weile von den hinter dem Eisernen Vorhang gezüchteten Talenten – andere Länder liefen ihnen jedoch zunehmend den Rang ab.

   Bei der Mannschafts-WM in Beer Sheva (Israel) schien sich nun auch das aufstrebende China an der einstigen Supermacht vorbeischieben zu können. Russland hatte zwar bis zur letzten Runde alle sieben Kämpfe knapp gewonnen – aber die Chinesen waren ungeachtet einer Niederlage dank ihrer vielen hohen Siege enteilt. Stolze 2,5 Brettpunkte lagen die Asiaten vor dem direkten Duell in Front – und die zählten zuerst. Als auch noch der Baden-Badener Bundesligaspieler Peter Swidler am Spitzenbrett gegen den einst jüngsten Großmeister aller Zeiten, Bu Xiangzhi, remisierte, schienen den Russen alle Felle davonzuschwimmen. Doch Alexander Grischuk, Alexander Morosewitsch und Jewgeni Barejew wendeten noch das Blatt und gewannen alle drei Partien. Durch den 3,5:0,5-Erfolg schoben sich die Russen mit 22:10 Brettpunkten an China (21,5) vorbei. Bronze sicherte sich Armenien.

   Endstand der Mannschafts-WM in Beer Sheva nach jeweils 32 Partien: 1. Russland 22 Brettpunkte, 2. China 21,5, 3. Armenien 18,5, 4. Ukraine 17,5, 5. USA 16,5, 6. Israel 14,5, 7. Georgien 13,5, 8. Kuba 13, 9. China (Frauen) 7.

 

Alexander Morosewitsch

Alexander Morosewitsch

 

   Gleich in der ersten Runde unterstrich der sehr wankelmütige Morosewitsch gegen Kuba, dass er diesmal wieder blendend in Form war.

 










Quezada,Y (2505) - Morosewitsch,A (2707) [B80]
Mannschafts-WM Beer Sheva (Israel) (1), 01.11.2005

1.e4 c5 2.Sf3 e6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 Sc6 5.Sc3 d6 6.Le3 Sf6 7.f3 Le7 8.Dd2 0-0 9.0-0-0 a6 10.g4 Sd7 11.h4 Sde5 12.Dg2 Dieser Zug in der derzeit sehr populären Najdorf-Variante mit 6.Le3 stammt von Morosewitsch. 1999 spielte ihn der Russe in Sarajevo mit Weiß gegen Nigel Short. 12...Sxd4 [In der bereits erwähnten Partie zog Short 12...b5 13.Sxc6 Sxc6 14.g5 Da5 15.Kb1 b4 16.Se2 e5 17.f4 f5?! (17...Le6 18.Sc1 exf4 19.Lxf4 Se5 verspricht Schwarz ungefähr gleiche Aussichten.) 18.gxf6 Lxf6 19.f5+/- und Weiß stand deutlich besser.] 13.Lxd4 Sc6 14.Le3 b5 15.Kb1 Da5 16.g5 b4 17.Se2 d5!? Das ist die Neuerung, mit der Morosewitsch aufwartet. Häufiger war schon [17...e5 geschehen mit Folgen wie 18.Sc1 Le6 19.h5 Dc7 20.g6 Lf6 21.gxh7+ Kh8 22.Tg1 De7 23.Ld3+- mit Gewinnstellung in der Partie Tiwiakow - D. Johansen (Catalan Bay 2003).] 18.exd5 b3! Ein schöner Zwischenzug. Mit dem Bauernopfer räumt Schwarz das Feld b4 für den Springer, der sich von dort aus am Angriff beteiligt. 19.cxb3? [Eine Alternative stellt 19.axb3 dar: 19...Sb4 20.Sc1 exd5 21.Ld3 Sxd3 22.Sxd3 Lf5 23.Dg3! Tfe8 (23...Tfc8 24.De5 ) 24.Df4 Le6 25.h5 und Weiß bleibt am Drücker.] 19...Sb4 20.Sc1 exd5 21.Ld3?! [21.a3 Lf5+ 22.Sd3 Sc6 23.Dd2 Db5 24.Ka2 d4 25.Lf4 Le6 26.Sc1 Dd5 27.h5 dürfte ausgeglichen sein.] 21...Sxd3 22.Sxd3 Db5 23.Ka1 a5 Für den geopferten Bauern erhielt Schwarz ausreichende Kompensation in Form des Läuferpaars und Angriffschancen am Damenflügel. 24.Ld4?! [24.Sf4!? Td8 25.De2 Db7 26.Dc2 hemmt die Läuferentwicklung nach f5 und verhindert zunächst den Vorstoß a4.] 24...a4 25.b4 a3 [Der Bauernrückgewinn 25...Lxb4 ist kleinkariert und gewährt Weiß leichten Vorteil. 26.Sxb4 Dxb4 27.De2 Db8 Schwarz muss die Dame von e5 fernhalten. (27...La6?? 28.De5 ) 28.h5 ] 26.b3 Lf5 27.Dg3! Tfe8 [27...Lxd3? 28.De5 f6 29.Dxe7 Le2 30.gxf6 Tf7 31.Dc5 Dxc5 32.bxc5 Lxd1 33.Txd1 gxf6 34.Kb1 Te8 35.Td2 mündet in ein günstiges Endspiel für den Anziehenden.] 28.Se5 Ld6 29.Df4 g6!? Wagemutig macht Morosewitsch die Stellung um seinen König luftiger. 30.h5 Dxb4 31.hxg6 fxg6 32.Sc6 [Bei der logisch wirkenden Fortsetzung 32.Dh4 verwies der Baden-Badener Weltklasse-Großmeister Michal Krasenkow in der täglich erscheinenden elektronischen Zeitschrift "Chess Today" auf die Möglichkeit eines fantastischen Damenopfers: 32...Dxd4+!! 33.Txd4 Lxe5-+ 34.Dxh7+ Kf8 35.Dh6+ Kf7 36.Dh7+ Lg7 37.Thd1 Te2 38.Dh1 Tc8 und gegen die Invasion der schwarzen Türme nebst folgendem Matt gibt es kein Mittel mehr!] 32...Lxf4 33.Sxb4 Te5! Verteidigt den Bauern. Der Turm bleibt tabu wegen des ansonsten umgehend folgenden Läufermatts. 34.Sc6 [34.Th4 Lg3 35.Thh1 Tc8|^ 36.Tc1 Txc1+ 37.Txc1 Lf4 38.Td1 Kf7 39.Th1 Te2 40.Lf6 Ke6 41.Sc6 Tg2 42.Sd4+ Kd6 43.Sxf5+ gxf5 44.Kb1 Lxg5 45.Lxg5 Txg5 46.Txh7 Tg1+ 47.Kc2 Tg2+ 48.Kc3 (48.Kb1 verliert schnell nach 48...d4 ) 48...Txa2 und Schwarz gewinnt.] 34...Te6 35.Sb4 Lxg5 36.Sxd5 Td8 37.Lc3 Tc8 38.Lb4?! Quezada möchte endlich den Pfahl im Fleisch, den Bauern a3, der seinen König so einengt, beseitigen. Damit lässt der Läufer jedoch den Turm auf c2 eindringen. 38...Tc2 39.The1 Txe1 40.Txe1 Le6! 41.f4 [41.Txe6?? Tc1# ] 41...Lh4 42.Se3 [42.Se7+ Kf7-+ ] 42...Lf6+ 43.Kb1 Tb2+ und Weiß gab nicht zu früh auf. [43...Tb2+ 44.Kc1 Txa2 45.Sc2 Lf5 46.Sxa3 Lb2+ 47.Kd1 Lg4+ 48.Kc2 Lxa3+ 49.Kb1 Tb2+ 50.Ka1 Lxb4 51.Te8+ Kf7 52.Kxb2 Kxe8 ] 0-1

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