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Bauernendspiele für Anfänger

Martin Weteschnik: Fritz-Endspieltrainer Bauernendspiele

von Robert Miklos, Januar 2003 - ergänzt Juli 2003

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Martin Weteschnik: Fritz-Endspieltrainer Bauernendspiele

ChessBase 2002, 25 Euro
ISBN 3-935602-53-7
Sprache: Deutsch, Englisch
Systemvoraussetzungen: Pentium-PC, Win95/98/2000/ME/XP, CD-Laufwerk, ab Fritz6

Bewertung des Rezensenten: Bewertung 3 aus 5

 

 










Mehrbauern 28 - Lösung

 

1.h4 Der schwarze König muss beschäftigt (abgelenkt) werden. Den e3-Bauern kann er auf diesem Weg nicht schlagen, da er sonst nicht das Quadrat des h-Bauern betritt.

1...Kd4
Der König kann den h-Bauern noch aufhalten...

2.h5 Ke5 3.d4+
daher muss Weiß noch einen Freibauern schaffen!

3...cxd4
[ 3...Kf6 4.e5+ egal wie: der zweite Freibauer wird geschaffen.]

4.h6 Kf6 5.e5+
nun will der c-Bauer zur Verwandlung. Beachten Sie, wie der schwarze König in seiner Handlungsfreiheit eingeschränkt ist! Er ist immer an den Freibauern auf der h-Linie gebunden.

5...dxe5+-
Einer der weißen Bauern geht zur Dame.

6.c5
(Simoni 1949) 1-0

 

   Das war eines der Beispiele von der CD. Endspiele sind nicht immer trocken! Um solche Aufgaben lösen zu können benötigt man aber die Grundlagen der Bauernendspiele - und das ist die Aufgabe dieser CD. Der Autor Martin Weteschnik ist FIDE-Meister mit einer aktuellen ELO von 2322 und einer erstaunlichen DWZ von 1924. Er hat bereits mehrere Schachbücher publiziert, die meisten zum Thema Taktik. Die CD ist durchgängig zweisprachig, Deutsch und Englisch. Es gibt zwei Datenbanken, eine davon mit 50 Studien samt Lösungen und die andere mit knapp über 100 Bauernendspielen (mit Lösungen und erläuternden Datenbanktexten). 34 Videos zu den Standardmatts und der einfachste Fall von König mit Bauer gegen König (Opposition) wurden auch noch drauf gepackt. Die Videos (im avi-Format) sind jeweils in einer deutschen und einer englischen Version vorhanden. Die Systemvoraussetzungen ("ab Fritz6") sind leicht verwirrend, es spricht nichts dagegen, die Datenbanken auch mit anderen Programmen anzusprechen, die das Format cbh kennen, die Videos kann man auch mit vielen gängigen Abspielprogrammen anschauen.

   In der großen Datenbank finden sich neben dem eigentlichen Thema rund um Bauern sogar noch die elementaren Matts (mit Dame, Turm, zwei Läufer und Läufer, Springer), die in mehreren Beispielen geübt werden. Es gibt nicht nur reine Bauernendspiele sondern auch Endspiele mit Figuren, die in ein Bauernendspiel münden könnten. Dann muss man sich entscheiden, wie und ob überhaupt! Sehr gut ist die Idee, zuerst das Bauernendspiel ohne Züge und dann als die nächste Partie in der Datenbank das Endspiel mit der oft kommentierten Lösung zu haben. Die Idee ist, es zuerst gegen Fritz zu versuchen und dann zu schauen, ob man es richtig gemacht hat oder zumindest die richtige Idee hatte, schließlich sind bei vielen Lösungen die Ideen wortreich erklärt.

   Die Schachprogramme haben viele Fortschritte gemacht, die einfachen Bauernendspiele sind für Fritz&Co keine Hürde. Fritz8 spielt die Endspiele perfekt, nur: Wenn man zu viel weiß ist das aber auch nichts. Deshalb spielt er in einigen Stellungen unmenschliche Züge (er gibt einen Bauern zu schnell auf, weil er dadurch das Matt länger hinauszögert - hingegen würde sich ein Mensch eher an seinem Bauern festklammern und versuchen, diesen möglichst lange zu halten; oder Fritz schlägt einen gegnerischen Bauern nicht, weil das Endspiel mit oder ohne Bauer Remis ist - ein Mensch würde da sofort den Bauern nehmen; oder Fritz spielt seinen König vom Umwandlungsfeld weg - für das Programm logisch, wenn dadurch das unvermeidliche Matt ein paar Züge hinausgezögert wird, trotzdem wäre es lehrreicher, wenn er sich stur stellen würde. Deshalb hilft es, paradoxerweise, die Spielstärke runterzuschrauben (kurze Antwortzeit, wenig Hashtables, die Tablebases abschalten), dann spielt die Schach-Engine viel materialistischer und damit menschlicher.

   Falls man eine Idee hat, die der Autor bei den Lösungen nicht berücksichtigt hat, mit einer mächtigen Engine im Hintergrund hat man schnell die Antwort. Leider fehlen dann die Erklärungen des Schachtrainers, nur die nackten Züge helfen nicht immer. Die Lösungen von Weteschnik sind meistens richtig, bei einer sehr schwierigen Stellunge fehlen einige interessante Varianten ("Bauern 15") (korrigiert, s. Rückmeldung des Autors am Ende der Seite). Hier das letztere Beispiel:

 










Bauern 15 - Spielstellung
Black to move/ Schwarz zieht

 

Schwarz am Zug soll Remis halten, lautet die Forderung. Plausibel, Schwarz kann aber sogar gewinnen! Hier ein kleiner Versuch der Analyse, mit massiver Hilfe von Fritz8:

1...h5 Die Strategie ist ziemlich geradlinig: Schwarz erobert durch Zugzwang entweder den weißen c-Bauer oder, falls Weiß zu sehr daran hängt, wird dieser gegen den schwarzen e-Bauern (Schwarz hat die Bauernmehheit am Königsflügel, dadurch entsteht auch der "entferntere" Freibauer) getauscht nebst Marsch zum a-Bauern. Allerdings Achtung: Nicht immer bedeutet der Gewinn des c-Bauern den Gewinn der Partie. [ 1...e5 scheint nicht zu funktionieren, reicht nur zum Remis 2.g4 g6 ( 2...a4 3.h4 h5 4.g5 f6 5.gxf6 gxf6 6.Kb4 f5 7.Kc4 e4 8.Kd4 f4 9.Kxe4 Kxc5 10.Kxf4 Kc4 11.Kg5 Kb3 12.f4 Kxa3 13.f5 Kb3 14.f6 a3 15.f7 a2 16.f8D a1D~~ ; 2...h5 3.gxh5 a4 4.Kb4 e4 5.Kxa4 Kxc5 6.Kb3+- ) 3.h4 f6 4.h5 gxh5 5.gxh5 f5 ( 5...a4 6.Kb4 e4 7.Kc4 f5 8.Kd4 f4 9.Kxe4 Kxc5 10.Kxf4 Kc4 11.Ke4 Kb3 12.f4 Kxa3 13.f5 Kb3 14.f6 a3 15.f7 a2 16.f8D a1D 17.Dxh6?! Db1+= ) 6.a4 e4 7.Kd4 f4 8.Kxe4 Kxc5 9.Kxf4 Kb4 10.Kf5 Kxa4 11.f4 Kb5 12.Kg6 a4 13.f5 a3 14.f6 a2 15.f7 a1D 16.f8D Dg1+= ; 1...g5! Weteschniks Remisweg, mit Originalkommentaren: 2.Kd4 h5 3.g4 ( 3.Ke5 Kxc5 4.Kf6 g4 ( 4...Kc4 5.Kxg5 Kb3 6.g4 h4 7.Kf6 Kxa3 8.Kxf7 Kb3 9.g5 a4 10.g6 a3 11.g7 a2 12.g8D a1D 13.Kxe6+- ) 5.Kxf7 Kc4 6.Kxe6 Kb3 7.f4 gxf3 8.gxf3 a4 9.f4 Kxa3 10.f5 Kb3 11.f6 a3 12.f7 a2 13.f8D a1D= ) 3...hxg4 4.hxg4 Kb5 ( 4...a4 5.Ke5 ( 5.Kc4 f5 6.f3 fxg4 7.fxg4 e5 8.Kb4 e4 9.Kc4 e3 10.Kd3 Kxc5 11.Kxe3 Kc4 12.Kd2 Kb3 ) 5...Kxc5 6.Kf6 Kc4 7.Kxg5 Kb3 8.Kf6 Kxa3 9.Kxf7 Kb4 10.g5 a3 11.g6 a2 12.g7 a1D 13.g8D Da7+ 14.Kg6= ( 14.Kf6?? Matt in 62 (Fritz) 14...Dxf2+ ) ) 5.Ke5 Kxc5 6.Kf6 a4 7.Kxg5 f5 8.gxf5 exf5 9.Kxf5 Kc4= 1/2-1/2 Bauer 15-Lösung/Pawn-Endings (9)] 2.g4 [ 2.h4 e5 3.g3 f6 4.f4 e4 5.f5 e3 6.Kd3 Kxc5 7.Kxe3 Kb5 ; 2.Kd4 e5+ 3.Kc4 ( 3.Kxe5 Kxc5-+ ) 3...h4 4.g3 hxg3 5.fxg3 f6 6.g4 g5 7.a4 e4 8.Kd4 e3 9.Kxe3 Kxc5 ; 2.g3 e5 ; 2.f4 h4 3.Kd4 ( 3.a4 f6 4.Kd4 e5+ 5.fxe5 fxe5+ 6.Kxe5 Kxc5 7.Ke4 Kb4 8.Kd4 Kxa4 9.Kc4 Ka3 10.Kc3 a4 11.Kc2 Kb4 ein Einklemmen des schwarzen Königs gibt es nicht, die Bauern am Königsflügel gewinnen) 3...Kb5 ] 2...hxg4 3.hxg4 e5 4.g5 f5 5.gxf6 gxf6 6.f3 a4!! [ 6...f5 scheint nicht zu gewinnen 7.a4 f4 8.Kd3 Kxc5 9.Kc3 Kd5 10.Kd3 Ke6 ( 10...e4+ 11.fxe4+ Ke5 12.Ke2 Kxe4 funktioniert nicht) 11.Ke2 Kf6 12.Kd3 Kf5 13.Ke2 Ke6 ( 13...e4 ist nur Remis) ] 7.Kb4 f5 8.Kc4 [ 8.Kxa4 e4 9.fxe4 f4 kleiner Durchbruchtrick, der weiße König ist viel zu weit weg] 8...f4 9.Kd3 Kxc5 10.Kc3 Kd5 11.Kd3 e4+ 12.fxe4+ Ke5 13.Ke2 Kxe4 14.Kf2 Kd4 mit Gewinn des a-Bauern und der Partie 0-1

 

   Die CD eignet sich laut Klappentext für "Fritz-Freunde, die sich die Grundlagen der Bauernendspiele erspielen wollen, wie für starke Vereinsspieler, die ihre technischen Fähigkeiten gegen Fritz prüfen und Ihren (!?) Horizont erweitern möchten". Wenn man in der Fritz8-Hilfe nachschaut, sieht man, dass "starke Vereinsspieler" mit einer Wertungszahl von 1700 taxiert werden. Das angepeilte Niveau merkt man auch bei den Erklärungen, die sehr ausführlich sind - zu ausführlich für die Besseren. Der Anfänger wird sowas dankend lesen wollen, sehr gut fand ich z.B. die Erklärungen zum Dreiecksmanöver. Einige der Endspiele mit mehr als je einem Bauern (etwa 55 insgesamt, in beiden Datenbanken sind etwa 140 Stellungen mit Königen und Bauern - eher mager) sind sicherlich auch für die stärkeren Spieler lehrreich und auch für diese gedacht (hier beschränken sich die Erklärungen eher auf Varianten statt auf wortreiche Erklärungen), aber auch da wechseln sich schwierige mit einfacheren, zuweilen trivialen Stellungen ab.

   Auf die CD wurden noch Videos mit den elementaren Matts gepackt, deren Sinn erscheint mir zweifelhaft, zumal das kaum irgendwo angekündigt wird: Man sollte erwarten, dass jemand, der Bauernendspiele üben will, die elementaren Matts beherrscht. Wer diese nicht kann, schaut sich keinesfalls Bauernendspiele als Nächstes an, zumindest nicht besonders ausführlich. Der Nutzen des sonstigen Materials ist sogar für stärkere Spieler auch noch vorhanden, ein bisschen Übung schadet ja nie, für fast jeden bis zu einer DWZ von etwa 2000 ist etwas dabei. Ich hätte vom Autor mehrerer Taktikbücher aber mehr Bauerndurchbruchkombinationen erwartet, schließlich ist der typische Anfänger von solchen "Tricks" wohl am meisten begeistert.

   Die CD leistet das, was sie verspricht: Der Anfänger erfährt, um was es in den einfachen Bauerendspielen geht, Fortgeschrittene können ihr Wissen testen. Für den Preis von etwa 25 Euro sollte man allerdings mehr erwarten können. Für weniger gibt es bereits Endspielbücher, in denen alle wichtigen Endspiele drin sind, z.B. Bernd Rosens "Fit im Endspiel" (mit einer ähnlichen Zielgruppe). Mit einem Buch ist es nicht so bequem, man muss die Stellungen selbst eingeben, Manches ist vielleicht nicht so ausführlich erklärt - dafür muss man nachher nicht immer hoffen, dass der Gegner kooperativ alle Figuren abtauscht, um in bekanntem Terrain zu landen.


Kurzum: Eine Erklärung der Grundlagen der Bauernendspiele und der einfachen Matts

Zielgruppe: Anfänger und Fortgeschrittene (DWZ bis etwa 1700)

Besonderheit: Endspiele gegen Fritz&Co aktiv üben

 

 

Die CD stellte ChessBase, Mexikoring 35, 22297 Hamburg, für die Rezension zur Verfügung


Antwort des Autors:

Hallo Schachfreunde,

durch Zufall habe ich von Ihrer Rezension über meine bei ChessBase erschienen CD über Bauernendspiele erfahren. Leider weicht die Beurteilung erheblich von anderen Rezensionen ab. Dies mag auch daran liegen, dass Herr Miklos einige Dinge selbst falsch eingeschätzt hat.

Wer - wie ich - lange Jahre Anfänger unterrichtet hat, weiß, dass es durch aus Sinn macht, ihnen nicht nur gleich elementare Bauernendspiele beizubringen, sondern ihnen zuerst einmal auch z.B. das Mattsetzen zu erklären.

Auch unterschätzt Herr Miklos bei weitem die Mühen, die in eine solche CD einfließen (Preisleistungsverhältnis). Wahrscheinlich liegt es mit daran, dass Herr Miklos die Analysearbeit etwas unterschätzt.

Für eine Unterstellung halte ich den Satz: " Die Lösungen von Weteschnik sind meistens richtig, bei manchen komplexen Stellungen leider nicht ".

Sicherlich kann eine solche schwierige Arbeit nicht völlig fehlerfrei sein. Das aber gerade die einzige Analysestellung des Rezensenten hier Fehler aufweist (s. Anhang) und meine wahrscheinlich doch richtig ist, mag bezeichnend sein...

In der Hoffnung auf mildere (und genauere) Urteile für künftige Autoren,

Freundliche Schachgrüße

Martin Weteschnik


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