Grünfeld-Indisch für Vereinsspieler Knut Neven: Grünfeld-Indisch von Joachim Kick, Dezember 2003 Kommentare zur Rezension können im Schach-Forum präsentiert werden |
ChessBase 2003, ca.
30 Euro
CD-ROM ISBN: 3-935602-88-x
Systemvoraussetzungen: Pentium-PC, 32 MB RAM, Win98/2000/ME/XP,
CD-Laufwerk
140 MB auf der Festplatte
Sprache: Deutsch, Englisch
Bewertung des Rezensenten:
Grünfeldindisch ist eine sehr dynamische und aggressive Antwort auf 1.d4. Schwarz bekämpft das weiße Zentrum mit taktischen Mitteln und versucht, unter allen Umständen ein Gegenspiel aufzuziehen. Sehr lange und forcierte Varianten sowie Materialopfer, um die Initiative zu erlangen, sind oft an der Tagesordnung. Kein Wunder, dass Garry Kasparov, Peter Svidler und Peter Leko die schwarzen Farben vertreten und die Grünfeldverteidigung nach einer kleinen Pause auf hohem Niveau wieder hoffähig gemacht haben.
Nachdem das aktuellste und fantastische Buch über Grünfeld von Jonathan Rowson aus dem Jahre 1999 bezüglich seiner Aktualität überholt schien, war es an der Zeit, die letzten 4 Jahre in die Eröffnungstheorie einfließen zu lassen, zu sammeln und zu sortieren und zu Papier, sorry, auf eine CD zu bringen. Dieser Aufgabe hat sich Knut Neven angenommen, der bereits bei ChessBase zwei CDs über Französisch mit und ohne Sc3 herausgebracht hat. Knut Neven kann hier von einem reichen Erfahrungsschatz profitieren, da er selbst Grünfeld im Fernschach mit Schwarz anwendet.
Die CD richtet sich an Vereinsspieler. Knut Neven hat über 60000 Partien gesammelt und in drei große Datenbanken (D70-D79, D80-D89 und D90-D91) zusammengefasst. Insgesamt erwarten den User über 2200 kommentierte Partien, davon 200 vom Autor selbst kommentiert. Eine Lerndatenbank mit 600 Partien, ein Variantenbaum und ein Eröffnungskurs mit 39 Kapiteln vervollständigen die CD. Alle wichtigen Varianten werden angemessen besprochen. Genau an dieser Stelle liegt der Kritikpunkt an dieser CD. Für den stolzen Preis hätte ich an manchen Stellen doch mehr Details erwartet. Die CD verschafft dem Vereinsspieler einen Überblick über das Partienmaterial. Doch wie oben erwähnt, ist Grünfeld eine sehr dynamische und taktische Eröffnung. Ein Überblick genügt in vielen Varianten nicht, da die Lebensfähigkeit mancher Variante von einigen taktischen Nuancen abhängt. Dazu ist die geringe Anzahl der Kapitel nicht ausreichend. Hier hätte ich mir in den Kapiteln, in denen die Varianten besprochen werden wesentlich mehr detailliertere Varianten gewünscht, dazu reichen 39 Kapitel einfach nicht aus.
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Grünfeld-Indisch
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Grünfeld-IndischDie Varianten mit Le3 werden ebenfalls sehr spärlich behandelt. Insbesondere das Abspiel mit 9... b6! wird mit zwei Sätzen vorgestellt. Sehr merkwürdig an dieser Stelle der Hinweis des Autors, dass Spieler, die diese Variante spielen möchten diese Variante weiter erforschen sollten. Dabei ist doch der Stand der Theorie in dieser Variante, soweit ich das beurteilen kann, ziemlich ausgereizt. 1.d4 Sf6 2.c4 g6 3.Sc3 d5 4.cxd5 Sxd5 5.e4 Sxc3 6.bxc3 c5 7.Le3 Lg7 8.Dd2 Da5 9.Tb1 b6 |
Ein letzter Kritikpunkt soll noch erwähnt werden: Folgende ausführlich kommentierte Partie stellt derzeit den aktuellen Stand einer kritischen Variante des Lf4-Grünfeldinders dar: Dreev-Svidler, 2002. Eine ausgleichende Variante ist hier nicht in Sicht. Zumindest wird vom Autor nichts davon erwähnt. Ganz im Gegenteil, er erwähnt, dass der Nachziehende in diesem Abspiel keine großen Sorgen hat. Jedoch ist der Schwarze in einer nur zwei Wochen nach dieser Partie gespielten Partie in Tregubov - Oral an der Aufgabe gescheitert, einen Ausgleich für Schwarz zu finden.
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Dreev,A (2676) - Svidler,P (2690) [D82]
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Trotz aller Kritik ist es eine gute CD. Die ausgesuchten Beispiele entsprechen nicht dem Gesamtniveau. In den Kapiteln über die Fianchettovariante bringt der Autor dem User die Problematik der Zugumstellung sehr nahe. Hier kann der Anziehende durch die Wahl des Zeitpunktes, wann er Sf3 oder Sc3 spielt sehr wohl die Variante beeinflussen.
Positiv sind die drei Partiedatenbanken. Das Partiematerial ist sehr umfassend und auch sehr aktuell. Keine Variante wird vernachlässigt oder ausgelassen. Natürlich findet der User in jeder Datenbank einen umfassenden Eröffnungsschlüssel in gewohnter CB-Qualität und hat somit leichten Zugang zu der gesuchten Verzweigung. Hier findet man, wie oben erwähnt, über 2000 kommentierte Partien. Dadurch ist es leicht möglich, sich ein Bild von einer bestimmten Variante zu machen. Dies ist beim Studium einer Eröffnung sehr wichtig. Einerseits sollte man den aktuellen Stand der Variante kennen, andererseits ist die Entwicklung der Varianten und somit die Historie von großer Bedeutung. Dies ist bei der Grünfeld CD leicht möglich. Leicht wird dies dem User durch die Baumdatenbank gemacht. Hier kann man einfach Erkenntnisse über die Häufigkeit, den Erfolg, die Performance sowie den Eloschnitt der Spieler gewinnen. Insbesondere der Elodurchschnitt der Spieler ist wichtig, um zu erkennen, welche Züge auf Vereinsniveau und welche Varianten auf Großmeisterebene üblich sind. Leider sind bei der Baumdatenbank nicht immer die üblichen Züge ganz oben. Es wäre leicht, wenn die häufigsten Züge immer oben angereiht wären. So aber ist beim 1. Zug ganz oben 1. c3 angegeben. Hier kommt man nicht zur Hauptvariante. Hier hätte ein bisschen mehr Mühe dem User einiges an Aufwand und Zeit erspart.
Eine Partie, die mich schon vor vielen Jahren begeisterte, fehlt allerdings. Deshalb hier zur Demonstration der schwarzen Möglichkeit die Partie Granda-Kasparov von Dubai 1986:
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Granda - Kasparov [D77]
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In der Trainingsdatenbank hat man die Möglichkeit, sein Wissen anhand ausgewählter Partien zu testen. Mit 45 Trainingsstellungen liegt die CD ganz passabel. Gut gefallen hat mir, dass es sich nicht nur um taktische Probleme handelt, die gestellt werden. Oft sind die Fragen strategischer Natur. Dies erscheint wichtig, denn trotz des forcierten und taktischen Charakters von Grünfeld sind viele strategische Probleme zu lösen.
Fazit: Eine gelungene umfassende Partiensammlung von hohem Niveau. Falls Sie beabsichtigen, mit Schwarz die Grünfeldverteidigung anzuwenden, kommen Sie ohne diese CD nicht aus. Zu viele Umbewertungen sind seit 1999 aufgetaucht. Leider wird der Wert der CD dadurch reduziert, dass bei den Datenbanktexten (Kapiteln) die Liebe zum Detail nicht bei allen Kapiteln zu erkennen ist. Dies hätte man bei diesem anspruchsvollen Preis erwarten können. Um Grünfeld auf Vereinsniveau (bis DWZ 2100) anzuwenden, mag die CD ausreichen. Für anspruchsvollere User ist einiges an Eigenarbeit zu leisten, um Grünfeld auf hohem Niveau zu spielen. Mit dieser CD erhält er aber das Handwerkszeug dazu.
Die CD stellte ChessBase, Mexikoring 35, 22297 Hamburg, für die Rezension zur Verfügung