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Durch Abtausch zum Sieg

Thomas Henrichs: Damengambit Abtauschvariante

Rezension von Joachim Kick, Februar 2005

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Thomas Henrichs: Damengambit Abtauschvariante

ChessBase 2004
etwa 25 €
ISBN3-937549-16-1
Sprache: Deutsch, Englisch
Systemvoraussetzungen: Pentium 166, 32 MB Ram, Windows XP, Windows 2000, Win ME Windows 98, CD-Laufwerk

Bewertung des Rezensenten: Bewertung 4 aus 5

 

   Thomas Henrichs ist Internationaler Meister, besitzt eine DWZ von 2373. Mit der CD über die Abtauschvariante im Damengambit legt seine erste Autorenarbeit vor.

   Seit Jahrhunderten sind die Schachspieler auf der Suche nach einer geeigneten Bekämpfungsmethode des Damengambits. Gegen die Laskervariante oder die Tartakowervariante haben sich die Weißen bisher immer schwer getan, eine überzeugende Lösung auf der Suche nach einem Vorteil zu präsentieren. Aus diesem Grund war die Abtauschvariante schon immer eine Alternative auf der Suche nach weißem Vorteil. Viele verschiedene Bekämpfungsmethoden stehen dem Weißspieler zur Verfügung, je nach Mode oder persönlichem Stil. Dies macht diese Variante zu einer gefährlichen Waffe gegen das Damengambit.

   Nach einer kurzen Einführung erfährt der Leser im Strategieteil, welche Ideen der Weißspieler und der Schwarze mit der sogenannten Karlsbader Struktur verbindet. Der typische Plan bei dieser Bauernstruktur ist der Minoritätsangriff des Weißen. Aber darüber hinaus hat Weiß einige andere, nicht so offensichtliche Pläne. Hier ist der Zentrumsangriff zu nennen, aber auch die aggressive Variante mit heterogenen Rochaden, sowie die Bildung des Vorpostens mit Se5 nebst f4. Jede einzelne Idee wird in einem Datenbanktext besprochen. Obwohl der Autor mehr mit der weißen Seite sympathisiert, legt er eine erstaunliche Neutralität an den Tage und bespricht sehr genau und differenziert die schwarzen Gegenspielideen. Allein gegen den Minoritätsangriff legt er 7 verschiedene Ideen vor, mit denen Schwarz Aussicht hat, die Eröffnung unbeschadet zu überstehen. Sehr gut gefällt mir auch der Hinweis welche Leichtfiguren Weiß im Vorteilssinne tauschen muss und welche Leichtfiguren Schwarz behalten sollte, um die Karlsbader Struktur remis zu halten.

   Anschließend folgt der Variantenindex. Nach einer kurzen Einleitung über die Ideen geht es in die Theorie. Hier unterscheidet der Autor danach, ob Weiß den Königspringer nach f3 oder e2 stellt, sowie nach kurzer und langer weißer Rochade.

 










Variantenindex 1

Der Leser findet hier auch eine Betrachtung der Varianten nach 1.d4 d5 2.c4 e6 3.Sc3 Le7 Der Weiße kann in dieser Variante nicht ohne weiteres die Hauptvarianten der Abtauschvariante erreichen. Nach 4.Sf3 Sf6 5.cxd5 exd5 6.Lg5 c6 droht Schwarz, mit Lf5 seine Eröffnungsproblem vollständig zu lösen. Aus diesem Grund muss 7.Dc2 folgen wonach Schwarz mit g6 erneut die Läuferentwicklung vorbereitet und ausgleicht.

 

   Deshalb soll Weiß bereits im 4. Zug auf d5 tauschen und ed: 5. Lf4 spielen. Diese Idee kann zu äußerst scharfen Partien führen. Der Leser erfährt an dieser Stelle einiges an Ideen zu dieser Variante. Anbei eine fantastische Partie aus dem Jahr 2004:

 










Lautier,Joel (2676) - Vaganian,Rafael A (2623) [D31]
Moscow Aeroflot op, 25.02.2004
[Henrichs]

1.d4 d5 2.c4 e6 3.Sc3 Le7 4.cxd5 exd5 5.Lf4 c6 6.e3 Lf5 7.Sge2 Sd7 8.f3 Ein seltener Zug. Vaganian findet nun eine neue, sehr interessante Figurenaufstellung die ihm gutes Gegenspiel am Königsflügel gibt. A rare move. Vaganian now finds a new and interesting piece set-up, which gives him good counterplay on the kingside. [8.Sg3 Lg6 9.Le2 Db6 10.Dd2 h5!? ; 8.h3 h5!? ] 8...Lg6N 9.Lg3 [9.e4?! dxe4 10.fxe4 Sgf6<=> Das weiße Zentrum ist eher eine Schwäche, besonders beim Zustand der weißen Figurenentwicklung. The white centre is rather a liability, especially when one considers the level of development of the white pieces. ] 9...Sh6!? 10.Lf2 Ld6 11.g4? Das sieht zu optimistisch aus. Schon nach dem nächsten Zug wird deutlich, das die weiße "Badewannen" Formation bei weitem nicht so solide ist, wie sie auf den ersten Blick vielleicht wirkt. That looks too optimistic. It will be clear immediately after the next move that the white formation (so reminiscent of a bath tub!) is not so solid as it may look at first sight. [Solider und besser ist mit Sicherheit More solid and better is certainly 11.g3 nebst Lg2 und 0-0. z.B.: followed by Lg2 and 0-0. e.g..: 11...De7 12.Lg2 0-0 (12...Sf5?! 13.e4 dxe4 14.fxe4 Sh6 15.h3 (15.e5 Lb4 ) 15...0-0 16.0-0+/= ) 13.0-0 mit etwa gleichen Chancen. with roughly equal chances. ] 11...f5! Sollte Lautier diesen naheliegenden Konter unterschätzt haben? Schwarz übernimmt schon die Initiative, da die weißen Bauern am Königsflügel und im Zentrum anfällig sind. Did Lautier undervalue this apparent counter? Black takes over the initiative, for the white pawns on the kingside are vulnerable. 12.h3 [12.gxf5 Sxf5 13.Db3 Sb6 14.0-0-0 0-0-/+ Die weißen Bauern e3/f3 sind empfindlich schwach. The white pawns e3/f3 are perceptibly weak. ] 12...0-0 13.Lg2 De7 14.0-0 fxg4 15.hxg4 Dg5 16.Dd2 Tae8 17.Tae1? Txf3!! Ein völlig korrektes Zerstörungsopfer. An absolutely correct destroying sacrifice. [17...Sb6 18.b3 ] 18.Lxf3 Sxg4 19.Lg3 [19.Lg2 Sh2!-+ ; Die beste Verteidigungschance war The best chance for the defence was 19.Lxg4 Dxg4+ 20.Lg3 Sb6!? (20...Lxg3 21.Sxg3 Dxg3+ 22.Dg2 Txe3 23.Dxg3 Txg3+ 24.Kf2! Td3 25.Te7<=> ) 21.b3 (21.e4!? Lxg3 22.Sxg3 Dxg3+ 23.Dg2 Dxg2+ 24.Kxg2 dxe4-/+ ) 21...Lxg3 22.Sxg3 Dxg3+ 23.Dg2 Txe3 24.Txe3 Dxe3+ 25.Df2 Dxf2+ 26.Kxf2 Sd7 27.Kg3 Sf6-/+ und mit 3 Bauern gegen die Qualität wird sich Schwarz langfristig durchsetzen. and with 3 pawns for the exchange Black will break through in the long run. ] 19...Sxe3 20.Kh1 Lh5! 21.Lxh5 Dxh5+ 22.Kg1 Dh3 23.Tf2 Lxg3 24.Sxg3 Dxg3+ 25.Tg2 Sxg2 26.Txe8+ Kf7 27.Tc8 Se3+ 28.Kh1 Sf6 0-1

 

 










Variantenindex 2

Konkret entstehen die Hauptvarianten nach der Zufolge 1.d4 d5 2.c4 e6 3.Sc3 Sf6 4.Lg5 Le7 5.cxd5 exd5 6.e3 0-0 7.Dc2 Sbd7 8.Ld3 c6 Weiß hat an dieser Stelle die Wahl: 9.Sf3 oder 9.Sge2 Te8 10.0-0 Sf8 11.f3 (11.Tab1 ; 11.Tae1 ; 11.Tad1 ; 11.Tae1 ; 11.a3 Diesen Zug empfiehlt er den Weißspielern, da er sehr flexibel ist und nicht unbedingt als Auftakt zu einem Minoritätsangriff anzusehen ist. Sehr erfreulich, dass hier nicht nur Varianten fließen, sondern auch viele Details besprochen werden) 9...Te8 10.0-0 Sf8 hier erfährt der Leser vieles über   11.Tab1 11.h3 ; 11.Lxf6 ; 11.Se5 ; 11.Tae1 ; 11.a3.

 

   Wer nach dem Studium der Varianten seinen Wissensdurst noch nicht gestillt hat, dem serviert Thomas Henrichs alle Partien der bisherigen Weltmeister, in denen die Abtauschvariante auf das Brett kam. Allein schon die Tatsache, dass restlos alle Weltmeister die Abtauschvariante im Damengambit angewendet haben, trotz sehr unterschiedlicher Spielweisen, beweißt das unendliche und reichhaltige Potential, welches diese Eröffnung bietet.

   In 45 Trainingsbeispielen erhält der User anschließend die Gelegenheit, sein Wissen zu vervollständigen und zu überprüfen. Die Aufgaben sind gegliedert nach Strategien und sind auf einem ansprechenden Niveau. Siehe Aufgabe:

 










Training 02 - MA
[Henrichs]

1...a5! Das ist Spasskys Idee und in dieser Stellung, wo Schwarz den einzigen schwarzfeldrigen Läufer auf dem Brett hat der beste Verteidigungsplan. Das Vorpostenfeld auf b4 kann eine wichtige Rolle spielen, und dem weißen Springer fehlt das Feld a4 um nach c5 zu hüpfen. Excellent! The idea comes from Spassky and, in this position where Black has the only white-squared bishop on the board, it is the best choice. The outpost on b4 certainly has a role to play, and the white knight does not have control of a4 in order to hop on to c5. [1...axb5?! 2.axb5 Ld7 3.bxc6 bxc6 4.Sa4 Nach 1...a5 wären die a-Bauern auf dem Brett geblieben, und dem weißen Springer hätte dieses gute Feld nicht zur Verfügung gestanden. After 1...a5 the a-pawns would have stayed on the board, and the white knight would not have had at its disposal this good square. 4...Ta5 5.Sd2 Dc7 6.Sb3 Ta7 7.Sac5 Lc8 8.Txa7 Dxa7 9.Ta1 Dc7 10.Sa6 Db6 (10...Lxa6 11.Txa6 Tc8 12.Lf5+/- und der Bauer c6 fällt. and the pawn on c6 falls,) 11.Sbc5 Ld6 12.Tb1 Da7 13.Sb4 (13.Lf5 ) 13...De7 14.Sxc6 Der weiße Minoritätsangriff hat zur Eroberung des wichtigen Bauern c6 geführt. Nun jedoch erhält Schwarz einige Chancen am Königsflügel. White's minority attack has led to the win of the important c6-pawn. Now however Black gets some chances on the kingside. 14...Dg5 15.Kh1 Sh4 16.Tg1 Laut einiger Quellen mit klarem weißem Vorteil. With clear advantage to White, according to some sources. 16...Sf5? (Doch hat Schwarz hier die starke Angriffsfortsetzung But here Black has the strong attacking continuation 16...Dh6! ) 17.Se5 f6 18.Sf3 Dh5 19.Te1+/- Sg3+? 20.fxg3 Lxg3 21.Tf1 Txe3 22.Se4! dxe4 23.Dxc8+ Kf7 24.Db7+ 1-0; Nikolic-Ljubojevic, Amsterdam 1988 1-0; Nikolic-Ljubojevic, Amsterdam 1988; 1...c5? ist an dieser Stelle keine gute Idee. is not a good idea at this point. 2.dxc5 Lxc5 3.Tfd1 Le6 4.Sxd5! Lxd5 5.Lxg6+- ; 1...cxb5?! Diese Verteidigungsidee ist nur selten gut. Zudem ist Schwarz hier schlecht entwickelt. This defensive idea is only rarely a good one. Also, here Black is very badly developed. 2.axb5 a5 3.Tfc1 (3.b6!? ) ] Eine mögliche Folge wäre One possible continuation might be 2.bxc6 bxc6 3.Se2 Ld7 4.Tfc1 Lb4 5.Lf5 Tc8= Das Schließen von a- und b-Linie erleichtert Schwarz die Verteidigung erheblich. Dieses Verteidigungsverfahren ist immer dann zu beachten, wenn Schwarz den weißen Damenläufer durch Abtausch erhalten hat und seinen eigenen Königsläufer behält. Closing the a- and b-files makes it much easier for Black to mount a defence.This defensive procedure must always be taken into account whenever Black has exchanged off White's queen's bishop and retained his own king's bishop.

 

   Der Variantenbaum ist sehr wertvoll, wenn es um die Häufigkeit und den Erfolg einer bestimmten Fortsetzung geht. Leider erhält der Leser in den ersten Zügen den Eindruck, dass die Abtauschvariante für den Weißspieler fast schon gewonnen ist, denn die Erfolgsquote bewegt sich in den Eröffnungszügen bei weit über 60 %. Die normale weiße Erfolgsquote liegt bei ca. 54 %.

   Die CD enthält über 31.000 Partien, davon sind rund 800 kommentiert, 155 Partien vom Autor. Sie ist geeignet für den fortgeschrittenen Spieler ab ca. DWZ 1900. Die CD erhält 4 Sterne. Sie beinhaltet alles, was eine moderne Eröffnungs CD ausmacht. Toller Strategieteil, gut ausgewählte Trainingsaufgaben und viele kommentierte Partien.

   Was allerdings nicht gut gelungen ist, das sind die Variantenübersichten. Während im Strategieteil Ideen und ganze Partien präsentiert werden, fehlen diese Züge im Variantenindex teilweise völlig. Hier möchte der Leser natürlich wissen, welche Verbesserungen in den verschiedenen Partien möglich gewesen wären. Leider ein unnötiger Schönheitsfehler in einer gelungenen CD.

 

 

die CD stellte ChessBase, Mexikoring 35, 22297 Hamburg, für die Rezension zur Verfügung


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