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Die Eröffnung der Weltmeister

Sakaev, Semkov: The Queen`s Gambit Accepted

Rezension von Joachim Kick, Januar 2004

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Sakaev, Semkov: The Queen`s Gambit Accepted

Chess Stars 2003
ISBN 954-8782-33-6
221 Seiten; 23,50 €
Sprache: Basic English

Bewertung des Rezensenten: Bewertung 3 aus 5

 

   Das angenommene Damengambit ist derzeit sehr in Mode. Ruslan Ponomariov, Vishy Anand und sogar Garry Kasparov haben diese Variante in ihr Repertoire aufgenommen. Bis jetzt existiert kein überzeugender Weg zu weißem Vorteil. Im angenommenen Damengambit können sehr komplexe Stellungen mit weißem Isolani aufs Brett kommen. Ebenso kann diese Eröffnung unter Umgehung des Mittelspiels gleich ins Endspiel führen. Hier findet jede Schachspieler "seine" Stellung.

   Semko Semkov konnte den Großmeister Konstantin Sakaev für die Mitarbeit an diesem Buch gewinnen. Die Absicht war, ein Werk zu schreiben, das dem Leser so viele Antworten wie möglich gibt, aber die unwichtigen Varianten ausklammert. Damit soll die Konzentration auf das Wesentliche möglich sein und der Leser vor unnötigem Ballast geschützt wird.

   Der Leser findet in diesem Buch alle wichtigen Varianten aus weißer Sicht. Die Autoren lassen dem Weißspieler allerdings die Wahl im dritten Zug. Hier werden 3. e4, 3. Sf3 und 3. e3 behandelt, so dass jeder an dieser Stelle sich seine Lieblingsvariante suchen kann und dennoch ausführlich informiert wird. Am Ende eines jeden Kapitels bekommt der Leser einen Überblick und eine Bewertung des Materials. Dies erleichtert das Suchen und ermöglicht eine schnellere Orientierung.

   Die Variante nach 1.d4 d5 2.c4 dc: 3.Sf3 Sf6 4.e3 e6 5.Lc4: c5 6. O-O a6 wird sehr ausführlich behandelt. Kein Wunder, kommt doch diese Stellung in den letzten 2 Jahren fast ständig aufs Brett. Ausführlich werden hier die Verzweigungen 7. e4, Lb3, Ld3, dc:, De2 und a4 unter die Lupe genommen. Die Autoren haben die besten Varianten gesucht und präsentieren sie dem Weißspieler. Nach wie vor finden wir hier keine vollständige Arbeit über die möglichen Verzweigungen beider Seiten. In der Variante mit 7. a4 haben die Autoren leider nur mit ganz wenigen Ausnahmen die Empfehlungen von Khalifman aus dem Buch "Opening for White according to Kramnik", Band 4, Chess Stars 2002, übernommen. Nur einige wenige Aktualisierungen wurden vorgenommen.

 










Angenommenes Damengambit

1.d4 d5 2.c4 dxc4 3.Sf3 Sf6 4.e3 e6 5.Lxc4 c5 6.0-0 a6

 

   Auf über 80 Seiten wird die Variante 1. d4 d5 2. c4 dc: 3. e4 behandelt mit den Verzweigungen 3. .. c5, e5, Sf6, Sc6. Hier ergeben sich unglaublich dynamische Stellungen mit interessanten und überraschenden Wendungen. Die Variante mit 3. .. c5 ist inzwischen wieder aus der Mode, da es einen klaren Weg zu weißen Vorteil gibt. Leider fehlt in diesem Buch die Partie Shirov - Motylev, 2001, die einige Rätsel aufgibt. Um dem Leser diese Partie nicht vorzuenthalten, hier ist sie, mit den Kommentaren aus der MegaBase von ChessBase:

 










Shirov,A (2706) - Motylev,A (2641) [D20]
FIDE-Wch k.o. Moscow (3.3), 02.12.2001
[Huzman]

1.d4 d5 2.c4 dxc4 3.e4 c5 4.d5 Sf6 5.Sc3 b5 6.Lf4 La6 7.Sf3 b4 8.Lxb8 bxc3 [ 8...Dxb8 9.Da4+ Sd7 10.Dxa6 bxc3 11.bxc3 Db2 12.Td1 Dxc3+ 13.Sd2+/- ; 8...Txb8 9.Da4+ Dd7 10.Dxa6 bxc3 11.bxc3 Sxe4 12.Se5+/- ] 9.Da4+ Dd7 10.Dxa6 cxb2 11.Tb1 Txb8 12.Se5? [ 12.Lxc4! ist hier der bessere Zug. Wusste Shirov das nicht? Und weshalb spielt Motylev im naechsten Zug nicht den einzig moeglichen Zug? 12...Tb6 13.Da3 Sxe4 14.Txb2 Db7 15.Txb6 Dxb6 16.0-0 f6 17.Da4+ Kd8 18.d6 e5 19.Le6 Db7 20.Da5+ 1-0, Nielsen - Karjakan] 12...Db7?? [ 12...Dc7! 13.Da4+ Sd7 14.Sxc4 g6 15.Dc6 Kd8 16.e5 1/2-1/2 Fellner,W-Olbrisch,M/GER-ch23 sf9 corr 1991/Corr 2000 (16)] 13.Txb2! [ 13.Txb2 Dxb2 ( 13...Dxa6 14.Txb8+ Dc8 15.Txc8# ) 14.Dc6+ Kd8 15.Sxf7# ] 1-0

 

   Eine Partie voller Fehler, obwohl sie nur 13 Züge dauerte. Aber in dieser Variante entstehen oft hochtaktische Stellungen, perfekt für den taktisch veranlagten arbeitsfreudigen Spieler. Leider fehlt hier wieder eine für mich ganz entscheidende Partie: Kramnik - Sadvakasov, Astana, 2001. Aus diesem Grund für die Leser auch diese Partie (aus der MegaBase von ChessBase):

 










Kramnik,V (2797) - Sadvakasov,D (2585) [D27]
Astana Astana (7), 28.05.2001

1.d4 d5 2.c4 dxc4 3.Sf3 Sf6 4.e3 e6 5.Lxc4 c5 6.0-0 a6 7.a4 Sc6 8.De2 Dc7 9.Td1 Ld6 10.dxc5 Lxc5 11.b3 0-0 12.Lb2 e5 13.Sc3!N e4?! 14.Sg5 Ld6? [ 14...Lg4 15.Sd5 Lxe2 16.Sxc7 Lxd1 17.Sxa8 Lh5 ( 17...Lc2 18.Tc1 Sb4 19.La3 Sd3 20.Txc2 Lxa3 21.Sb6 Se5= ) 18.Lxf6 ( 18.Sc7 Le7 19.Tc1 Tc8 20.Sxa6 ( 20.Sce6|^ ) ) 18...Lg6! '!?' Ftacnik. ( 18...gxf6 19.Sxe4 Le7 20.Sb6+- ) 19.Lxg7 ( 19.Lb2 Txa8 20.Td1 Le7 21.Sh3 Td8 22.Txd8+ Sxd8 ( 22...Lxd8 23.Sf4+/- ) 23.Sf4 Lf5+/= ) 19...Kxg7 20.Sc7 Kf6 21.Sh3 Td8 22.Sf4 Sa5<=> ; 14...De7 15.Sd5 Sxd5 16.Txd5 b6 17.Sxh7 Kxh7 18.Dh5+ Kg8 19.Tg5+- ] 15.Sd5! Sxd5 16.Txd5 '!' Ftacnik. Ftacnik: 'White pieces are dangerously grouping on the squares leading to the black's king.' [ 16.Dh5 Ftacnik 16...Lf5 17.Lxd5 Lg6+/= ] 16...Lxh2+ 17.Kh1 Le5 [ 17...h6 18.Dh5 ( 18.Sxe4 Le5 19.Tad1 Lxb2 20.Dxb2 Le6= ) 18...Le5 19.Sxf7 Txf7 20.Lxe5 De7 21.Tad1 Le6+/= ] 18.Dh5 Lf5? [ 18...h6 19.Txe5 ( 19.Sxf7 Txf7 20.Lxe5 ( 20.Txe5 Sxe5 21.Lxe5 De7 22.Dxf7+ Dxf7 23.Lxf7+ Kxf7 24.Tc1+/- ) 20...De7 ( 20...Sxe5 21.Txe5+- ) ) 19...Sxe5 20.Sxf7 Txf7 ( 20...Sxf7 21.Dg6+- ; 20...Sxc4 21.Sxh6+ Kh7 22.Sf7+ Kg8 23.Dh8+ Kxf7 24.Dxg7+ Ke6 25.Dxc7 Sxb2 26.Db6+ Kf7 ( 26...Ke7 27.Dd4 Txf2 28.Kg1 Te2 29.Kf1+- ) 27.Tc1+- ) 21.Lxe5 De7 22.Dxf7+ ( 22.Dg6 Dh4+ 23.Lh2 Df6 ( 23...Dxf2 24.Td1+- ) 24.Dxf6 gxf6 25.Lf4 Lg4 ) 22...Dxf7 23.Lxf7+ Kxf7 24.Tc1+/- ] 19.Sxf7! Txf7 [ 19...Lxb2 20.Txf5 g6 ( 20...Lxa1 21.Sg5+ ( 21.Se5+ Kh8 22.Sg6# ) 21...Kh8 22.Dxh7# ) 21.Sd8+ ( 21.Dh6 gxf5 22.Sd8+ ) 21...Kg7 22.Se6++- ; 19...Dxf7 20.Txe5+- ] 20.Dxf5 g6 [ 20...Lxb2 21.Td7+- Kh8 22.Dxf7 De5 23.Tad1+- ; 20...Txf5 21.Td8# ; 20...Kh8 21.Lxe5+- ] 21.Lxe5 1-0

 

   Wie ich finde, auch eine fantastische Partie. Umso überraschender, dass diese Variante ignoriert wird zugunsten von 11. Ld2. Ansonsten sind die beiden Autoren recht treffsicher bei der Wahl der besten Züge.

   Nur kurz wird die Variante 4. e3 untersucht. Dieser Zug führt oft mit Zugumstellung zu den Varianten mit Sf3 und Sf6 nebst e3. Insofern hat der Zug 4. e3 nur bedingt eigenständige Bedeutung.

   Leider hat das Buch auch noch einige zusätzliche Mängel: Zunächst einmal fehlt das Quellenverzeichnis. Das ist heutzutage fast schon Pflicht in einem Eröffnungsbuch. Darüber hinaus fehlen in diesem Buch vollständige Partien. Irgendwann nach 12-15 Zügen wird der Leser mit seiner Stellung allein gelassen. Das ist zwar mit den großen Datenbanken von heute kein Problem mehr, dennoch erwartet man von einem Buch zumindest ein paar ganz wichtige Partien.

 

Fazit: Das Buch erhält 3 Sterne. Aufgrund der genannten Mängel und des anspruchsvollen Preises des Buches kann ich nicht mehr Punkte vergeben. Zwar ist die Arbeit der Autoren solide und entspricht ungefähr ihrem Vorhaben, das Wichtige zu nennen und das Unwichtige wegzulassen. Aber um ein Verständnis für die Eröffnung und ihre Stellungsbilder zu bekommen wären ein paar Informationen mehr ganz hilfreich. Das bedeutet auch, dass dieses Buch für Leser mit einer DWZ unter 2000 nicht geeignet ist. Denn gerade diese Leser erwarten von einem Buch ein bisschen mehr als nur Varianten.

 

 

das Rezensionsexemplar stellte die Firma Niggemann (Industriestraße 10, 46359 Heiden) zur Verfügung


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