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Das Zwölf-Stunden-Blitzturnier 1998

Das beliebte Marathon-Blitzturnier

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Die Schachpartien aus dem Finale:

1 Epischin,W - Fritz 5.00

0

:

1

2 Fritz 5.00 - Epischin,W

0

:

1

3 Epischin,W - Fritz 5.00

0,5

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0,5

4 Fritz 5.00 Epischin,W

1

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Online-Partien erstellt mit ChessBase

 

Rochade Kuppenheim 12h-Blitz 98

GM Wladimir Epischin

 

 

Rochade Kuppenheim 12h-Blitz 98

IM Roland Schmalz


Epischin ließ Fritz 5 entkommen

   Der für das Finale gesetzte Champion hatte Glück, daß seinem Widersacher zwölf Stunden Denkarbeit in den müden Gehirnwindungen saßen. So knapp wie beim zehnten Kuppenheimer Sparkassen-Cup stand das Schach-Programm Fritz noch nie vor einer Gesamtniederlage. Allerdings hieß sein Gegner auch Wladimir Epischin, der noch vor wenigen Jahren zu den Top Ten der Weltrangliste zählte. "Die dritte Partie hätte kein Remis ergeben dürfen. Die muß ich gewinnen", haderte der Russe nach der verpaßten Chance, seine Preissumme in dem denkwürdigen Endspiel auf 1.800 Mark aufzustocken.

  Die Nummer eins der schwedischen Computer-Weltrangliste wurde seiner Favoritenrolle zunächst nur in der ersten Partie gerecht. Trotz der weißen Steine mußte Epischin bereits nach 25 Zügen die Waffen strecken. Das Programm Fritz 5 hatte seine Dame mitten auf dem Brett gefangen. "Sehr gut gespielt", kommentierte die Koryphäe und streckte die Waffen. Hochmotiviert ging er das zweite Duell an und führte das Elektronenhirn dank einer Meisterleistung vor. Den Fans, die den Computer umlagerten, stockte der Atem, als Epischin zwar den 1:1-Ausgleich vor Augen hatte, aber seine Zeit davonzurennen drohte. Als die Uhr lediglich noch acht Sekunden anzeigte, gab aber Fritz 5 auf. Ein Matt in acht Zügen war nicht mehr zu parieren.

  Nach der ersten Schlappe des Spitzenproduktes der Hamburger Firma Chessbase folgte die schicksalhafte Partie drei. Epischin versäumte einen Bauerngewinn mit ausgezeichneten Chancen auf einen 2:1-Sieg. "Mir fehlte die Zeit", knurrte der in Wismar lebende Großmeister ob der verpaßten Möglichkeit, "das Turmendspiel wäre gewonnen gewesen. Aber ich hätte dafür zwei Minuten gebraucht." Obwohl er dann in der vierten Partie im taktischen Bereich vorgeführt wurde und mit 1,5:2,5 unterlag, zeigte sich Epischin versöhnlich: "Ich fühle mich nach der zwölfstündigen Strapaze ziemlich müde, aber das Turnier war schön", erklärte der 32jährige angesichts der erklecklichen Preise, 800 Mark sowie ein Chessbase-Megapaket im Wert von 1.000 Mark.

  Lediglich die Unruhe in der B-Gruppe störte den Spitzenspieler von Empor Berlin in seiner Konzentration. "Das kostete mich Punkte", bemängelte Epischin. Für die Organisatoren war der Zwist in der ersten Trostrunde schwer zu lösen, da nach vielen Stunden Schach offenbar doch schnell bei dem ein oder anderen die Nerven blank liegen. Jedenfalls eskalierte zum ersten Mal ein Disput, weil sich die beiden Spieler offenbar schon seit langem nicht "riechen" können: Der angetrunkene Peter Haller (Chaos Mannheim) geriet mit dem vereinslosen Horst Schmidt aneinander. Haller soll am Ende der Partie Schmidt die Figuren ins Gesicht geschleudert haben (was darauf hindeutet, daß Schmidt gewann, obwohl auch Haller den Punkt reklamierte). Schmidt reagierte nicht gelassen, sondern warf den Tisch um und verfolgte seinen Widersacher. Da beide Seiten den Fall unterschiedlich schilderten und Dritte keine exakte Aufklärung geben konnten, wer den Ärger heraufbeschwor, beließ es die Rochade Kuppenheim bei "gelben Karten" für die Streithähne.

  Der am Morgen munter vor sich hingrölende Chaos-Mannschaftskamerad Hallers, Andreas Bäuschlein, stand ebenfalls vor einem "Platzverweis", bevor die letzte Runde dem Drama ein Ende setzte. Mit 105 Schachspielern aus 13 Nationen, die die Nacht mit 54 Blitzpartien in Angriff nahmen, verzeichnete der Sparkassen-Cup bei der zehnten Auflage die bisher schlechteste Teilnehmerzahl. Qualitativ ließ das Feld jedoch erneut nichts zu wünschen übrig. Erstmals gingen vier Großmeister an den Start, wobei der aus rund 2.000 Kilometern Entfernung angereiste Lette Normunds Miezis (6.), der Leiter der Baden-Badener Schach-Akademie, Philipp Schlosser (8.), und der Russe Michail Iwanow als 13. ihre Aussichten auf den ersten Rang bereits vor Einbruch der Morgenröte begraben mußten.

   Das Niveau des Feldes demonstriert ein weiterer Blick auf den Endstand: So belegte der gebürtige Schwede Roland Ekström, der noch vergangene Woche beim WM-Zonenturnier die Schweiz vertrat, nur Platz elf. Mancher Akteur, der um die 2300 ELO besitzt, fand sich nach den 29 Partien der Vorrunde in der B-Gruppe wieder. Der Durchschnitt der besten 30 Akteure lag etwa bei einer ELO von 2370.

  Neben den badischen Nachwuchskräften Rolf Schlindwein (Baiertal-Schatthausen) und Roland Schmaltz (Bad Mergentheim) bot ein dritter Internationaler Meister beim Sparkassen-Cup Epischin Paroli: Nach den 29 Begegnungen der Vorrunde und fünf Partien der Meistergruppe führte Robert Rabiega noch ohne Verlustpunkt! Erst im 35. Duell stoppte ihn der weltbeste Internet-Spieler, Schmaltz, wonach Rabiega in ein tiefes Loch fiel. Nur ein Remis in vier Partien warf ihn 2,5 Zähler hinter Epischin zurück. Doch der Berliner steckte nicht auf, bezwang kurz vor Schluß den Russen im direkten Duell - Epischin unterlief im frühen Mittelspiel ein anfängerhafter Fehler, der zum Matt führte - und kam punktgleich (beide 48,5:5,5) ein. Knapp dahinter folgten Schlindwein (48:6) und Schmaltz (47:7). Die zwei Preisgelder in Höhe von 1.000 und 600 Mark teilten sich die beiden Topspieler, die Stichkämpfe um das Finale gewann Epischin leicht mit 2:0. "Bei mir war die Luft raus, nachdem ich nochmals aufgeschlossen hatte", begründete Rabiega, dessen Fairneß selbst im Moment der Niederlage beeindruckend war, seine plötzlich so zahme Vorstellung.

  Beim zehnten Sparkassen-Cup konnte die Rochade Kuppenheim dank ihrer Sponsoren etwa doppelt soviele Geld- und Sachpreise ausschütten, wie die Schachgemeinschaft an Startgeldern (rund 3.200 Mark), die zudem das Frühstücksbüffet beinhalteten, einnahm. Dadurch erhielten die drei Trostrundensieger Torsten Lang (keine Vereinsangabe), Memnun Pasic (Vimbuch) und der Wittlicher Wolfgang Stelzer Fritz 5-Programme. Weil auch Schach Niggemann die Veranstaltung im großen Stil unterstützte, gingen beim kleinen Jubiläum nicht nur an die Besten der Trostrunden, sondern auch an alle preisgeldlosen Akteure der Meisterrunde Bücher.


Endstand nach 54 Runden:

Nr. Name Verein Punkte

1.

Wladimir Epischin Rußland

48,5

2.

Robert Rabiega König Tegel

48,5

3.

Rolf Schlindwein Baiertal

48,0

4.

Roland Schmaltz Bad Mergentheim

47,0

5.

Igor Solomunovic Bos.-Herzeg.

43,0

6.

Normunds Miezis Lettland

42,0

7.

Karl-Heinz Podzielny Solingen

42,0

8.

Philipp Schlosser Passau

41,5

9.

Viesturs Meijers Lettland

39,5

10.

Michail Kekelidse Georgien

39,5

11.

Roland Ekström Schweiz

38,0

12.

Arnd Janoszka Steinbach

37,5

13.

Michail Iwanow Rußland

36,5

14.

Gerd Euler Wetzlar

36,0

15.

Karl-J. Muranyi Bonn

35,5

16.

Christian Maier Zähringen

34,0

17.

Jochen Wege Steinbach

34,0

18.

Andreas Schenk Bühlertal

33,0

19.

Rainer Buhmann Remisdemi Mannheim

33,0

20.

Hajo Vatter Zähringen

32,5

21.

Emery Peterson USA

31,5

22.

Rüdiger Segen Minden

30,5

23.

Michael Stockmann Weilburg

30,5

24.

Mark Helbig -

28,5

25.

Bernd Schmider Lahr

27,5

26.

Roland Wutzke Langenau

25,5


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