Das Zwölf-Stunden-Blitzturnier 1999Das beliebte Marathon-Blitzturnier |
Ein paar Schachpartien aus dem Turnier:
1 | Schlosser,P | - | Rehl,T | Vorrunde | 1 | : | 0 |
2 | Schlosser,P | - | Peredy,F | Endrunde | 1 | : | 0 |
3 | Schlosser,P | - | Czebe,A | Endrunde | 1 | : | 0 |
4 | Enders,P | - | Meijers,V | Endrunde | 1 | : | 0 |
5 | Epischin,W | - | Fritz 5.32 | Finale | 0 | : | 1 |
6 | Fritz 5.32 | - | Epischin,W | Finale | 1 | : | 0 |
Online-Partien erstellt mit ChessBase
Der Stichkampf um den ersten Platz: GM Wladimir Epischin (links) gegen GM Klaus Bischoff
GM Wladimir Epischin gegen Fritz 5.32
Bullet-Weltmeister IM Roland Schmalz
GM Philipp Schlosser
GM Janis Klovans, Senioren-Weltmeister (rechts), gegen Lutz Schäfer (Rochade Kuppenheim)
"Wladimir Epischin kann als einziger nach zwölf Stunden Fritz schlagen. Er ist ein russischer Bär - die schlafen nur im Winter", äußerte Viesturs Meijers vor dem Kuppenheimer Marathon-Blitzturnier. Der lettische Internationale Meister lag am Ende nicht ganz richtig. Zwar verteidigte Epischin seinen Vorjahrestitel beim Sparkassen-Cup gegen die 89 Konkurrenten, die Bürgermeister Werner Trauthwein in der Knöpflestadt willkommen hieß, aber gegen das Schach-Programm "Fritz 5.32" hatte der Großmeister keine Chance. Der Russe unterlag dem auf einem 400-Megahertz-Rechner laufenden Computer-Weltmeister glatt mit 0:2.
Hatte der ehemalige Weltranglistenzehnte im Vorjahr erst in der Verlängerung mit 1,5:2,5 den kürzeren gezogen, blieb Epischin diesmal in 39 und 21 Zügen chancenlos. "Eigentlich hatte ich mir schon etwas ausgerechnet, aber ich war zu müde", bekannte der Turniersieger nach der letzten Partie. An seinen Nerven hatte auch ein Stichkampf mit Klaus Bischoff gezehrt. Der sechsfache Turniersieger kam ebenso in 54 Duellen auf 47 Zähler. Danach einigten sich die beiden Großmeister darauf, die 1700 Mark Preisgeld und das Chessbase-Megapaket zu teilen. Letzteres ging insofern leicht vonstatten, weil das Duo die 999 Mark teure Software schon zu Hause hat und sie daher gerne verkaufte. Ein Schachfreund nutzte die Gelegenheit, um zum Schnäppchenpreis von 600 Mark seinen Computer aufzurüsten.
Im direkten Vergleich spielten Bischoff und Epischin so nur noch den aus, der gegen "Fritz" um weitere 1500 Mark antritt. "Ich war am Anfang zu nervös", gestand Routinier Bischoff und beklagte das "saumäßige" Niveau im Stichkampf. "Die erste Partie hätte ich gewinnen müssen, die zweite Epischin. Doch es kam genau umgekehrt", analysierte der Solinger Bundesligaspieler. Im dritten Vergleich genügte dem Russen ein Remis mit den schwarzen Steinen, während sein Gegner nach der Auslosung mit sechs anstatt fünf Minuten Bedenkzeit einen Sieg erzwingen mußte. Daher vermied Bischoff durchaus mögliche Zugwiederholungen, um erst im Turmendspiel bei jeweils einem Bauern die Aussichtslosigkeit seines Unterfangens einzusehen. Gewohnt stoisch ertrug Bischoff das Aus durch das 1,5:1,5. "Ich sehe gegen Fritz ohnehin keine reelle Chance, wenn selbst schon Garri Kasparow und Judit Polgar ausgeruht gegen ihn verlieren."
"Wir sind nach zwölf Stunden leer, ohne Power - und Fritz hat die Powerbooks", tröstete sich der Cosieger mit einem Wortspiel. Weniger Federlesen machte der 37jährige dafür mit den menschlichen Gegnern. Die Schwächephase von Epischin nachts um 3 Uhr, als der bis zur 30. Runde ungeschlagene Tabellenführer gleich fünf der nächsten sechs Partien verlor, nutzte Bischoff. Zeitweilig führte er mit bis zu 2,5 Zählern Vorsprung vor Internet-Weltmeister Roland Schmaltz. Doch der später Drittplazierte und der "russische Bär" rückten immer näher heran. "Ich gab selbst nach den völlig unnötigen 1/6 nicht die Hoffnung auf und kam am Schluß in Fahrt", kommentierte Epischin seine abschließenden 16,5/17.
Trotz der auf rund 8000 Mark gesteigerten Geld- und Sachpreise sank die Teilnehmerzahl beim 11. Sparkassen-Cup erstmals unter 100. Darüber tröstete die Rochade Kuppenheim jedoch die Besetzung hinweg: Peter Enders (Erfurt), Zoltan Varga (Ungarn), der Baden-Badener Karpow-Akademieleiter Philipp Schlosser und Janis Klovans (Lettland) schraubten die Zahl der Großmeister auf die Rekordzahl sechs, der ELO-Durchschnitt der zehn besten Teilnehmer lag bei knapp 2500. Der ehemalige Senioren-Weltmeister Klovans sorgte dabei für zwei Überraschungen: Zum einen verpaßte der 64jährige die Finalrunde nach 25 Partien und mußte sich letztlich mit Platz eins in der B-Gruppe bescheiden.
Zum anderen unterlag der älteste Teilnehmer dem jüngsten. Das Kuppenheimer Nachwuchstalent Florian von der Ahé verlor in den ersten neun Runden, weil er meist trotz seines bereits erstaunlich gut angelegten Spiels am Schluß die Zeit überschritt. Doch ausgerechnet gegen den Großmeister gelang dem Elfjährigen die Sensation. Anschließend akzeptierte Florian von der Ahé leichten Herzens noch manche folgende Niederlage und Platz 28 in der C-Gruppe.
Bester Spieler der Rochade war Velimir Kresovic. Er schlug sich im Meisterfeld mit 22 Punkten und Platz 27 in der Topgruppe achtbar. Die Nummer zwei der Schachgemeinschaft durfte sich vor allem den Skalp von Turniersieger Wladimir Epischin an den Gürtel hängen. Rang 28 sicherte sich unser Mitglied Axel Aschenberg (20,5), der inzwischen für Oberliga-Konkurrent Konstanz ans Brett geht. In der B-Gruppe wurde Robert Miklos (29,5) als Elfter ebenfalls noch mit einem Sachpreis bedacht, Lutz Schäfer (23) belegte Rang 20.
Nr. | Name | Verein | Punkte |
1. |
Wladimir Epischin | Rußland | 47,0 |
2. |
Klaus Bischoff | Solingen | 47,0 |
3. |
Roland Schmalz | Eppingen | 45,5 |
4. |
Zoltan Varga | Ungarn | 44,5 |
5. |
Robert Rabiega | König Tegel | 44,5 |
6. |
Philipp Schlosser | Passau | 44,0 |
7. |
Peter Enders | Erfurt | 43,0 |
8. |
Viesturs Meijers | Lettland | 43,0 |
9. |
Gyula Izsak | Ungarn | 41,5 |
10. |
Igor Solomunovic | Bos.-Herzeg. | 40,0 |
11. |
Mladen Muse | Lichtenrade | 40,0 |
12. |
Attila Czebe | Ungarn | 38,5 |
13. |
Michael Hoffman | Castrop-Rauxel | 38,0 |
14. |
Torsten Lang | Bann | 37,5 |
15. |
Andreas Schenk | Bühlertal | 36,5 |