BubuMatthias Burkhalters Buchrezensionen Juni 2000 |
Was lesen heute unsere Junioren? Nicht Schachbücher, sondern die Erlebnisse von Harry Potter der Erfolgsautorin Joanne K. Rowling. Diese absoluten Renner können auch mit Plastik-Tarnumschlag bezogen werden, so dass sich Erwachsene im Zug unbemerkt der Lektüre von Kinderbüchern widmen können. Auf dem Umschlag des Bandes Der Stein der Weisen" habe ich nun aber eine Absonderlichkeit entdeckt, die allerdings durchaus üblich ist. Auf dem dargestellten Schach hat das Brett mindestens zehn Linien. Meist bewirkt die Not der Grafiker aber eher eine Verkürzung, vor allem bei Holzschnitten älterer Zeiten, wo wir auch schon Schachbretter mit bloss fünf Linien gefunden haben. Edward Winter hat in seinen berühmten Chess Notes sicher schon die Frage gestellt, wo das Schachbrett mit den meisten und den wenigsten Reihen publiziert worden ist!? Eine Ehre für uns Schachspieler ist natürlich, dass Harry und seine Kameraden auf dem Weg zum Stein der Weisen eine Schachpartie spielen müssen, um ans Ziel ihrer Wünsche zu gelangen.
Tony Gillam hat 423 Partien der Männer- und der Frauenolympiade von 1933 gesammelt. Ausser auf Zeitschriften konnte er sich dabei auf zwei seltene Turnierbücher von Kashdan und Pokorny stützen. Aus politischen Gründen war das Turnier mässig besetzt, so dass von den 15 Teams schliesslich das Team der USA vor der Tschechoslowakei und Schweden siegte. Im Siegerteam dabei waren Kashdan, Marshall, Fine, Dake und Simonson. Die Schweiz war leider nicht vertreten.
Über das Sowjet-Schach ist viel geschrieben worden und wird noch viel geschrieben werden. Wir erinnern uns noch an Soviet Chess. Chess and Communism in the U.S.S.R." von D.J. Richards, der 1965 eine Verquickung von Schach und Politik publizierte. Heute ist Klassenkampf im Schach nicht mehr gefragt, obwohl immer noch Bauern gegen Könige antreten. Rolf Volands Strategen im Hinterland, das UdSSR-Schach 1941-1945" aus dem Jahr 1998 ist allerdings immer noch politisch gefärbt. Der vorliegende Band lässt die Politik rechts liegen und ist primär eine Anhäufung von biographischen Fakten aber auch Fiktionen. Dass der junge Aljechin von Trotski gerettet worden sei, ist nämlich mehr als ungewiss. Das Buch bringt zahlreiche weitere interessante Anekdoten. Das insgesamt sehr interessante Buch wird abgerundet von 249 gut kommentierten Partien und 23 Fotos sowjetischer Meister. Durch den hohen Dollarkurs ist der Preis aber mehr als ansehnlich!
Larry Christiansen ist einer der wenigen amerikanischen Top-Grossmeister, der in Amerika geboren worden ist. 1993 wurde er im amerikanischen Team Weltmeister. Sein Stil ist stark taktisch geprägt, Angriff ist seine mächtigste Waffe. Das vorliegende Buch bringt dem Leser in methodisch geordneten Kapiteln diese Erkenntnisse näher. Schön ist auch das Kapitel How not to Attack!", das immerhin aufzeigt, dass mit dem Kopf durch die Wand nicht immer das Ziel erreicht wird.
Von Gambit Publications gibt es noch zahlreiche weitere Ausgaben. Nach dem Ausscheiden von Batsford ist der neue Verlag der Marktbeherrscher im englischen Sprachraum. Für die Qualität sorgen die drei Gründer John Nunn, Murray Chandler und Graham Burgess. Nähere Infos über zahlreiche weitere Neuerscheinungen findet man unter www.gambitchess.co.uk.