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Matthias Burkhalters Buchrezensionen Juli 2002

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Ein Blick nach Asien

 

Kaum hatte ich meine letzte Rezension ins Internet gestellt, erhielt ich Rückmeldungen, dass das Buch übers deutsche Arbeiterschach schon 2001 erschienen sei. Zudem schrieb mir fast gleichentags die Witwe des verstorbenen Autors. Ich werde zu gegebener Zeit also auf das Buch von Gerhard Willeke zurückkommen, das inzwischen auf meinem Schreibtisch liegt, aber dermassen umfangreich ist, dass ich erst in Norwegen in das rote Werk schauen werde.

In dieser Nummer bespreche ich zwei israelische Publikation von Wadim Teplizkij. Der Ukrainer ist am 18. Juni 1927 in Kiew geboren und schon längst nach Israel emigriert. Dort gibt der "Schachhistoriker und Journalist" Dutzende von Büchern heraus, so unter anderem über Isaak Lipitzkij und andere weniger bekannte sowjetische Meister. Die israelischen Publikationen sind sauber gedruckt und gebunden, der Inhalt einigermassen gut recherchiert, die Illustrationen hingegen sind willkürlich und zum Teil mangelhaft. Es sind zu viele Fotokopien und Fotos aus Büchern übernommen, da die Originale wohl fehlten. Hier zwei Publikationen vom letzten Jahr:

 

Wadim Teplizkij: Schachmati i musika
Softback 173 S., Optima Olber International, Tel Aviv 2001, Fr. 22.-

 

Schach und Musik ist sicher ein Thema, das einen gewissen Reiz hat, das aber auch schon verschiedentlich abgehandelt worden ist. In den alten Turnierbüchern wird mit Begeisterung von den Schlussfesten geschrieben, wenn Mark Taimanow in die schwarz-weissen Tasten griff oder der grosse Smyslow eine Arie losschmetterte. Zwei Begabungen auf einmal scheinen aussergewöhnlich zu sein. Die heutige junge Grossmeistergarde hat allerdings mit klassischer Musik wenig am Hut. Als Lieblingsbands werden Hardrocker und auch russische Avantgarde-Popmusiker genannt. Auch moderne und modernste Musik ist eben anspruchsvoll und nicht nur ein Krebskanon von Bach oder sein Musikalisches Opfer (spielte der gute alte Seb wohl auch schon Schach mit Opfern?).

Zurück zum Buch: Kapitel mit Grossmeistern, die Musik machten und Musikern, die Schach spielten, sind eine Selbstverständlichkeit. Es folgen auch Partien zwischen Musikern z.B. Prokofiew und Oistrach oder Partien zwischen Richard Strauss und Zuckertort, Wien 1906 (ob die wohl authentisch ist, denn Strauss gewann)?

Der herausragende Star unter den Doppelbegabungen erhält aber bloss eine kurze Erwähnung, denn François André Danican Philidor war wirklich in beiden Kategorien Weltspitze. Als Kind aus einer Berufsmusikerfamilie errang er die Schachweltmeisterschaft, die es aber ja leider zu jener Zeit noch nicht gab. Seine 23 Opern waren seinerzeit aber auch sehr beliebt. Mehr dazu im ausgezeichneten Nachschlagewerk von Beat Rüegsegger: Persönlichkeiten und das Schachspiel (Seite251).

Insgesamt ist das Büchlein von Teplizkij wohl recht interessant, gesamthaft aber zu wenig umfassend und in der Abfolge des Inhalts zu beliebig. Zudem ist mein gymnasial erlerntes Russisch nicht weiter gediehen als die üblichen Lateinischkenntnisse der Literaner, so dass ich vieles eher erahne als verstehe.

 

Wadim Teplizkij: Isaak Vistanezkij: Schisn w schachmatach [Ein Leben fürs Schach]
Softback 143 S., Tel Aviv 2001, Fr. 22.-

 

Isaak Ilitsch Vistaneckis wurde am 29. September 1910 im Baltikum geboren. Als 90jähriger verstarb er am Silvester 2000 in Israel. Vistaneckis war ein starker Meister, der seine Klinge mit Mikenas und anderen Grossmeistern kreuzte. 1930 wurde er litauischer Meister, was sicher seine Spielstärke belegt. 1980 wanderte er nach Tel Aviv aus und wurde Trainer des starken Leumit-Bank Teams. Der markante Glatzkopf hinterliess einen bleibenden Eindruck in Israel. Sein Grabstein weist auf das Schachwerk des Meisters hin. Sein bekanntester Schüler, Eduard Rosentalis, kommt im Buch ebenso zur Sprache, wie viele andere Meister auch. Das Buch enthält sehr viele Fotos und interessantes Material. Die meisterlichen Partien mit den guten Diagrammen erschienen mehrheitlich noch nicht. Wer Schachbiographien sammelt, kommt um dieses sympathische Büchlein nicht herum.


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