Züge neben ZügenBerliner Bahnhofsbesucher staunten am Tag des SchachsText und Fotos von Harald Fietz, Oktober 2004 |
Bahnhöfe scheinen ideale Orte der Schachwerbung. Leipzig machte vor Jahren tolle Erfahrungen, Berlin wählte am 28. August 2004 den Ostbahnhof als Standort für seinen bereits zum dritten Mal ausgetragenen Vergleich "Jung gegen Alt" am Tag des Schachs. Viele Ab- und Anreisende, Wartende und in- und ausländische Touristen auf dem Weg zur nahen East Side Gallery lugten fasziniert und neugierig, ihren Ehepartnern, Freundinnen und Kindern erklärend, was da ganz Junge gegen etwas Ältere trieben, warum Mädchen Rentner ins Schwitzen bringen.
"Schneller als die Polizei erlaubt," meinte ein Zuschauer beim packende Blitzfinish zwischen dem jüngsten, 12-jährigen Teilnehmer, Georg Kachibadze, und dem Berliner Seniorenmeister von 1997, Horst Strehlow, welches neben dem früheren Berliner Verbandspräsidenten Alfred Seppelt (links mit Anzug) und Friedrich Baumbach (vorne, Fünfter von rechts) reichlich Normalpublikum und sogar einen Wachmann in Bann zog.
Am Ende hatten jedoch die Altmeister - wie in den beiden Vorjahren - bei den 15-Minuten-Partien die Nase vorne: So deutlich wie noch nie mit 43,5:26,5. Zu den besten Senioren avancierten Friedrich Baumbach und Reinhard Postler mit sechs Punkten aus sieben Partien, bei den Jugendlichen holten Konstantin Bubolz und Atila Figura mit 5,5 Punkten aus sieben Partien die meisten Zähler. Bevor es ein fünfrundiges Turnier nach Scheveninger System gab, kam es zu einem Mannschaftsvergleich an zehn Brettern mit Zwei-Partien-Minimatches. Eine interessante Konstellation bot sich zwischen der deutschen U-18-Meisterin Stefanie Schulz und Ex-Fernschachweltmeister Baumbach. Nachdem die Spandauerin dem Oberligaspieler von SC Friesen Lichtenberg in einem Leichtfigurenendspiel eine Auftaktniederlage zufügte, baute die 16-Jährige wiederum eine gewinnträchtige Stellung auf. Doch dann passierte, was jeder kennt - man wundert sich dennoch immer wieder ...
Die deutsche U-18-Meisterin Stefanie Schulz hätte den früheren Fernschachweltmeister Friedrich Baumbach auch beim zweiten Mal besiegen können, aber es war Schnellschach ...
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Schulz,S - Baumbach,F [B20]
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Am Ende waren sich alle einig: Ein toller Tag auf und neben den Brettern. Vielleicht sollte sich die Deutsche Bahn mal überlegen, ob mit Zugartisten nicht trefflich Marketing möglich ist.
(erschien zuerst in Schachmagazin 64, Nr. 17 / 2004; S. 472)