Kreative Autodidakten am Rande EuropasPortugiesische Schachfreuden zwischen Frust und Lustvon Harald Fietz unter Mitarbeit von IM António Fróis (Lissabon-Amadora) und Michael Burghardt (Berlin), August 2004 |
Ende Mai gewann der FC Porto die Fußball-Championsleague; drei Wochen lang gaben sich soeben die besten europäischen Ballkicker mit ihren Nationalmannschaften in Portugal ein Stelldichein. Doch wie schaut es mit dem Schach im kleineren Teil der iberischen Halbinsel aus? Während beim großen Bruder der Schachboom und die Berichterstattung über viele geschlossene und offene Spitzenveranstaltungen schon seit mehr als einer Dekade anhält, dringt über das Schachleben der Portugiesen, die wie die Spanier seit 1986 Mitglied der EU sind, wenig nach Mitteleuropa. 10,1 Millionen Portugiesen leben am Atlantik auf den drei Territorien: dem kontinentalen Teil auf der Halbinsel und den Azoren und Madeira, zwei Inselgruppen als autonome Regionen der 1910 gegründeten Republik. Doch weltweit sprechen 200 Millionen Menschen Portugiesisch und in der frühen Neuzeit drang eine Stimme bis weit zum europäischen Kulturleben vor.
In Odemira, einer 215 Kilometer südlich von Lissabon gelegenen Kleinstadt mit heute etwa 25000 Einwohnern, lebte Anfang des 16. Jahrhunderts der Apotheker Pedro Damiano, der 1512 - sechs Jahrzehnte nach der Gutenberg'schen Erfindung des Buchdrucks - in Rom ein bahnbrechendes Schachbücher veröffentlichte. Es basierte auf den neuen Schachregeln, die das königliche Spiel vollständig veränderten (verlängerte Zugmöglichkeiten für Dame und Läufer, Zweifelderanzug der Bauern, Rochade-Recht, En-passant-Regel), und gab insbesondere Tipps zu den Konsequenzen für die drei Partiephasen. Allein in den ersten 50 Jahren folgten sieben Nachdrucke und selbst im 19. Jahrhundert maß man den Betrachtungen zum "dynamisierten" Spiel noch erhebliche Bedeutung zu, als Tassilo von Heydebrand und der Lasa, der Berliner Topspieler als Mitglied des "Plejaden"-Septetts, späterer preußischer Diplomat in Brasilien, Schachautor und Inhaber einer großen Schachbuchsammlung (heute im polnischen Kórnik aufbewahrt), im Jahr 1859 eine kommentierte Übersetzung unter dem Titel "Die Schachpartien und Endspiele des Portugiesen Damiano, nebst der Kunst, aus dem Gedächtnis zu spielen" herausgab. Assoziiert man Philidor mit Merksätzen zur Bauernführung, so proklamierte Damiano - über 200 Jahre früher - Hinweise zur Harmonie des Figurenspiels und zeigte Kombinationsfallen (in der englischen Schachterminologie spricht man noch heute von "Damianos Matt" beim Hineinziehopfer eines Turms mit anschließendem Damenmattfinale).
Dem Vorfahren zu Ehren ein Denkmal im Stadtpark seiner Heimatstadt Odemira: Der Apotheker Damiano begründete Anfang des 16. Jahrhunderts die portugiesische Schachtradition und sorgte mit seinem Schachbuch europaweit für Diskussionen über Spielkultur. Foto: Michael Burghardt
Dann wurde es lange ruhig um Schach an der europäischen Peripherie. Für weltweite Beachtung sorgte ausgerechnet das Stranden eines der größten Schachheroen in den Wirren des Zweiten Weltkriegs. Alexander Aljechin nahm als Schachhandelsreisender schon in den 1930er Jahren immer häufiger an Spieltischen faschistischer Diktaturen Platz. Das Kriegstreiben verschlug das Schachgenie notgedrungen auch auf die iberische Halbinsel in Diktatorenhand - ein Schachkönig als Randfigur! Im Januar 1940 besuchte er - auf der Rückkehr per Schiff von der Schacholympiade in Buenos Aires - als erster Schachweltmeister überhaupt Portugal und gab ein Simultan in Lissabon. Gegen Kriegsende offenbarte der Gang der Historie den Zwiespalt in der Person des vierten Weltmeisters: Würde er als Kollaborateur auf eine würdige Rückkehr in die internationale Schachgemeinschaft hoffen dürfen? Anzeichen für die Teilnahme an einem Londoner Turnier und gar ein Match mit Mihail Botwinnik nahmen keine konkreten Formen an; Spanien war 1945 - wie oft zuvor - sein bevorzugter Aufenthaltsort und Anfang 1946 weilte er zu einem Match mit dem langjährigen Freund Francisco Lupi erneut in Portugals Kapitale. Er gewann zwar knapp mit 2,5:1,5, doch die allgemeine Ungewissheit marterte seinen Lebensgeist. Am 23. März fand man ihn, wie ein 2001 in portugiesischer Sprache erschienenes Buch "Xeque-Mate no Estoril" von Dagoberto Markl detailreich beschreibt, erstickt an einem Stück Fleisch auf seinem Hotelzimmer im mondänen Estoril bei Lissabon. Der portugiesische Schachverband beanspruchte den Leichnam und organisierte die Bestattung vor Ort. 1956 folgte - u.a. im Beisein Botwinniks - die Umbettung nach Paris auf den Friedhof Montparnasse. Das autoritär regierte Portugal blieb schachlich weiterhin eine Diaspora.
Seit 1932 herrschte nach Putschwirren in den 20er Jahren der frühere Universitätsprofessor für Ökonomie António de Oliveira Salazar als diktatorischer Ministerpräsident. Mit einer Mischung aus privatwirtschaftlicher Orientierung und staatlichem Interventionismus auf der Ideologie eines "stolzen Isolationismus" einerseits und der machtpolitischen Absicherung durch einen Apparat von 10000 Staatsschutzpolizisten - organisiert nach dem Vorbild der deutschen Gestapo - andererseits, regierte Salazar bis zu einem Unfall 1968 (!). Schach führte in den Nachkriegsjahrzehnten ein absolutes Schattendasein mit ca. 300 Organisierten. Einzige Persönlichkeit mit internationaler Reputation war Joaquim Durão (geb. 1930), der auf internationalen Veranstaltungen auch Bobby Fischer, Mihail Tal oder Tigran Petrosjan gegenübersaß (u.a. bis 1984 bei zehn Olympiaden, wo der 18-Jährige 1958 in München bei Portugals erster Teilnahme am Länderwettbewerb dabei war). 13 Mal gewann der heutige Präsident des portugiesischen Schachverbandes die Landesmeisterschaft und bereiste über 80 Länder. Sein Spielstil zeichnet sich durch eine optimistische Angriffshaltung aus, wie das sicher nicht fehlerfreie Treffen mit der spanischen Schachlegende Arturo Pomar (geb. 1931) veranschaulicht.
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Durao, J - Pomar, A
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Anfang der 80er Jahre lagen die undemokratischen Jahre bereits zurück, denn der Bruch mit den politischen Strukturen gestaltete sich radikaler als im Nachbarland Spanien. Am 25. April 1974 führte die "Nelkenrevolution" des Militärs, dass die Unabwendbarkeit des abzustreifenden Kolonialerbes akzeptierte, auch zu einer kulturellen Erneuerung, womit das nationale Schach Aufschwung nahm - zusätzlich gepuscht durch den Fischer-Boom und die großen Karpow-Kortschnoi-Kasparow-Duelle. In drei Jahrzehnten wuchsen die Mitgliederzahlen seither auf 4500 (davon 3500 Männer und 1000 Frauen - allerdings mit einem hohen Jugendanteil durch zeitweilig intensive Unterrichtsbemühungen an Schulen - siehe unten). Die Generation der in der 60er und 70er Jahren Heranwachsenden erlebte nicht nur das gesellschaftliche Klima der Gezeitenwende, sondern stillte neuen Wissensdurst. Von 1976 bis 1981 berichtete im A4-Format "Revista Portuguesa Xadrez" monatlich; ab 1982 folgte in Tageszeitungslayout "Xadrez Actualidades", was einige Seiten den Bridge-Kartenfreunden abtrat. Solche Informationsquellen sind heute bereits Nostalgie. Nur zwei Presseorgane melden jetzt regelmäßig über das königliche Spiel. IM Luís Santos schreibt in der Tageszeitung "A Capital" dienstags eine ganze Seite. Dem nationalen Meister António Pereira dos Santos stehen täglich 50 Zeilen in "Diário de Notícias" für eine Partie und Text zur Verfügung. Ansonsten kämpft jeder allein mit der Informationsbeschaffung, was im Internet-Zeitalter einfacher geworden ist.
Der langjährige Vorkämpfer in der internationalen Arena: Joaquim Durão - hier während des "Berliner Sommer" 1987 - gewann nicht nur 13 Landestitel, sondern saß auch Größen wie Fischer, Tal und Petrosjan gegenüber. Foto: Harald Fietz
So verwundert es nicht, dass die besten Spieler ihre Leistungen als Autodidakten entwickelten. Den erste Großmeistertitel schaffte 1995 António Antunes (geb. 1962), der im folgenden Jahr mit Elo 2545 die höchste jemals von einem Portugiesen erreichte Wertungszahl schaffte, sich aber 1998 vom Schach abwandte und heute im Börsensektor tätig ist. Dem gleichen Jahrgang gehört der zweite GM, António Fernandes (Elo 2418 im Hauptberuf Bankkaufmann), an; das GM-Trio komplettiert der vier Jahre jüngere Profi Luis Galego (Elo 2489). Dem IM-Titel des Vorkämpfers Durão folgten weitere acht Spieler, darunter der momentane Landesmeister Diogo Fernando (23 Jahre, Elo 2436). Den Frauenbereich führt die amtierende Landesmeisterin 21-jährige Catarina Leite (einzige Frauen-IM mit Elo 2210) an. Rekordhalterin ist die 42-jährigen Isabel Pereira dos Santos, Schwester des Zeitungsschreibers António, mit zehn Titeln. Zu den reisefreudigsten Schachaficionados zählt Co-Autor António Fróis, der im Mai 2004 zu einem der Turniere beim kubanischen Schachfestival zum Gedenken Capablancas eingeladen wurde. Hier eine typische Leistung mit Balance zwischen positionellem und taktischem Stil.
Wandertouren durch Europa und den latein- und mittelamerikanischen Raum gehören zum täglichen Brot der wenigen Profispieler. "Wir sind nur ein halbes Dutzend," bedauert Fróis. Im Jahr 2003 gab es daheim bloß zwei geschlossene Zehn-Spieler-Turniere mit klassischer Bedenkzeit: ein vom Schachverband ausgerichtetes Turnier mit Kategorie acht (Elo-Schnitt 2439) in Vila Real de Santo António, welches der kanadische GM Kevin Spraggett für sich entschied und ein Kategorie-neun-Turnier (Elo-Schnitt 2464) in der Gemeinde Maia, organisiert durch die Schachabteilung des Boavista Porto Fußballclub, der für seine Trikots mit Schachmuster bekannt ist. Hier gewannen der israelische GM Michael Oratovsky, der früher in Hamburg beheimatete armenische GM Karen Movsziszian und der seit 15 Jahren in der nordportugiesischen Region ansässige Spraggett. Der frühere WM-Kandidat bot Ende der 80 Jahre den damaligen Koryphäen Andrei Sokolov und Artur Jussupow in Kandidatenmatchs Paroli: er hielt Solokov bei 4:4, gewann im Schnellschach-Tiebreak, unterlag dann aber dem heutigen deutschen Spitzenspieler bei 3:3 in der entscheidenden Partie mit Materialvorteil durch einen Einsteller mit Springergabel gegen König und Dame. Verheiratet ist er mit der Schwester des Rechtsanwalts António Ferreira (FM Elo 2242). Letzterer sekundierte dem heute 49-Jährigen und schrieb zusammen mit Pedro Paulo Sampaio ein Buch über die Portugiesische Eröffnung (1.e4 e5 2.Lb5), welches Co-Autor Michael Burghardt 1993 in überarbeiteter Fassung ins Deutsche übersetzte.
Immer wieder zählt die Mannschaftsmeisterschaft zu den Höhepunkten des nationalen Schachlebens. "Das ist unser lebendigster Wettbewerb," schwärmt Fróis. Die Landes- und Stadtmeisterschaften (in den Hochburgen Lissabon und Porto) bieten heutzutage - da praktisch keine Geldpreise zur Verfügung stehen - eher der zweiten Garde eine Chance. Der Teamwettbewerb in der 1. Division ist allerdings von größerem Anreiz, da - wie in anderen mediterranen Staaten (u.a. Spanien, Griechenland, Serbien, Bosnien) - ein zentrales Event stattfindet, welches reichlich Titelträger anziehen will. Der Unterbau umfasst je zehn Teams in Nord- und Südgruppe und die dritte Klasse acht regionale Zehnerstaffeln. Diese Ligen spielen von Januar bis Mai. Oben gibt es bei den Viererteams (bis zu zwei Nicht-EU-Ausländer möglich) an den ersten beiden Brettern Möglichkeiten für GM-Normen, Brett drei eignet sich für IM-Anwärter. Regelmäßige GM-Gäste in der zehn Mannschaften umfassenden ersten Liga sind u.a.: Alfonso Romero und Javier Moreno aus Spanien, Daniel Campora aus Argentinien, Wladimir Georgiev aus Bulgarien, Nikola Mitkov aus Mazedonien oder Oleg Korneev aus Russland. Auch der Deutsche Romuald Mainka spielte schon mal mit. Ihren Titel verteidigen will Anfang August 2004 die "Grupo de Xadrez da Guarda" aus der nordportugiesischen Provinz nahe der spanischen Grenze, welche von Spraggett angeführt wird.
Der kanadische Portugiese: Großmeister Kevin Spraggett fühlt sich schon lange im Norden Portugals wohl und ist als Schachkompetenz bei Jung und Alt respektiert. Hier lauscht auch Co-Autor António Fróis (rechts) während des Schnellschachturniers in Odemira den Tipps des ehemaligen WM-Kandidaten. Foto: Michael Burghardt
Im Jugendbereich entdeckte die Schachlehrer in den vergangenen Jahren - ähnlich wie andere Länder (z.B. der Türkei) - den pädagogischen Wert des Schachspiels und hielt flächendeckend freiwillige Schulstunden zum Erlernen der Regeln und der Grundkenntnisse ab. 15000 Heranwachsenden bis 18 Jahren durchliefen allein in der Stadtregion Lissabon die Trainingskurse, welche natürlich von regionalpolitischen Bildungsprogrammen und Prioritäten der lokalen Entscheidungsträgern abhängen. Und die Auswirkungen für das organisierte Schach sind spürbar: von den 3500 männlichen Mitgliedern sind etwa 2700 unter 18 Jahre und im Damen- und Mädchenbereich ist die Zahl noch höher - nur 50 von 1000 Spielerinnen sind volljährig. Als größte Talente gelten die 14-jährige Ana Baptista (in 2003 Gewinnerin der U14 bei der Jugendmeisterschaft der Europäischen Union) und der 13-jährige Ruben Pereira (Elfter bei der letztjährigen U12-Jugendweltmeisterschaft). Mit weniger als zehn Lenzen hatte die junge Lissabonnerin bereits ein besonderes Erlebnis, wenngleich die Partie seinerzeit verloren ging.
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Kasparov,G - Baptista,A
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Ansonsten etablierte sich im nationalen Schachkalender Schnellschach mit ungefähr 40 Turnieren pro Jahr als Notlösung, um der Passion zu frönen.
Zwei "Geheimtipps" sind - gerade auch für auswärtige Schachhungrige - das Schnellschachturnier in Odemira und das Turnier mit FIDE-Bedenkzeit in Bragança. In Damianos Geburtsort fand bereits in 17. Auflage ein Schnellturnier der besonderen Art statt (mit einem der wenigen, potenten Sponsoren, der Bank "Caixa Geral de Depósitos"): Einerseits ziehen die ersten Preise von 1250 - 1000 - 750 Euro Profis von nah und fern an (diesmal 11 GMs und 9 IMs), anderseits gibt es viele Preise für das Schachvolk (11.-30. Platz je 60 Euro, 31.-50. Platz je 50 Euro und zahlreiche Kategorie- und Mannschaftspreise). Für 13,50 Euro gehört natürlich nach Landessitte ein üppiges Abschlussbuffet dazu. Allerdings sollte rechtzeitig gebucht werden; am 22./23. Mai 2004 waren die Übernachtungskapazitäten mit 230 Teilnehmern fest in Schachhand. Der Zieleinlauf konnte internationaler nicht sein: Es gewann Mitkov vor Gilberto Hernandez (Mexiko), Mladen Palac (Kroatien), Ibragim Khamrakulov (Uzbekistan), Sergio Rocha (Portugal), Petr Velicka (Tschechien) und Manuel Rivas (Spanien) - alle mit 7,5 Punkten aus neun Partien.
Reizvoll für eine Schach-Urlaub-Kombination könnte im nächsten Jahr das heuer vom 10.-13. Juni zu zweitem Mal ausgetragene Open der Schachfreunde des "Convento de Balsamão" sein. Für drei Doppelrunden stehen in dem Elo-ausgewerteten Open 80 Schlafplätze in den Mauern des Klosters, wo auch gespielt wird, bereit (80 Euro für Essen und Quartier und 20 Euro Startgeld). Daneben bekommt man die geschichtsträchtige Landschaft in Bragança, dem nordöstlichsten Distrikt des Landes, geboten. Die sechs Runden in 2004 verliefen bei 50 Teilnehmern ausgeglichen. Vier Spieler mit moderaten Elo-Zahlen erzielten fünf Punkte und gewannen vor dem Favorit Frois als einzigen Spieler mit 4,5 Punkten: Stephane Silva (2161), Roman Chemeris (2197), Edgar Pereira (2096) und António Diogo (1944). Mutige, deutsche Amateure sollten also Chancen haben. Informationen bietet die Internetseite vom Mitorganisator maisxadrez.com, was mit "mehr Schach" übersetzt wird.
Und oft entwickeln sich beim Schach in kleinen Ländern oder Regionen mit besonderem Stolz eröffnungstheoretische Spezialitäten. Die bereits erwähnte Portugiesische Eröffnung baut vor allem auf den Überraschungseffekt. Einen Vorteil als Weißspieler schlägt man damit selten raus, obwohl die Einheimischen gerne munkeln, dass Spraggett sie vielleicht als Coup in einer entscheidenden Schnellpartie gegen die eröffnungsbeschlagenen UdSSR-Spitzenspieler anwenden wollte. Von größerer Bedeutung sind die portugiesischen Beiträge zur Skandinavischen Eröffnung.
Entgegen dem sofortigen Wiedernehmen mit der Dame, kultivieren einige Spitzenspieler aus lusitanischen Gefilden die Variante mit 2... Sf6 3.d4 Lg4. Auch im internen Wettstreit steht die schwarzen Spielart immer wieder an, und so lieferten sich zwei der engagiertesten Verfechter vor einem Dutzend Jahren ein besonders wildes Gefecht.
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Damaso,R (2450) - Santos,C (2325)
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Vieles ist - selbst im frühen Partiestadium - noch umstritten. Skandinavisch-Kenner Curt Hansen kommt auf seiner 2002 erschienenen ChessBase-CD - abseits der für Schwarz günstigen Zugfolge nach 4.Sf3 Dxd5 5.Sc3 Df5! - zu folgender Einschätzung: "Ich bin mir gar nicht so sicher, wen Schwarz auf das Glatteis führt: seinen Gegner oder nicht doch sich selbst? ... Schwieriger ist seine Situation nach 5.Le2, wenig erstrebenswert ist nämlich für Schwarz 5... Sc6 6.h3 Lh5 7.c4! gefolgt von d4-d5." Prominente Schachgrößen sind natürlich auf die Versiertheit der Experten eingestellt, können aber selbst mit Nebenvarianten bisweilen krass unter die Räder kommen. Zwei Beispiele sollen dieses südländische Potpourri einer nordischen Eröffnung kurzweilig abschließen.
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Movsesian,S (2630) - Damaso,R (2465)
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Kobalija,M (2590) - Galego,L (2429)
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Es gibt noch viel zu entdecken für Portugal-Interessierte. Leider sind die wichtigsten Internetseiten bislang nur in der Landessprache verfasst. Doch mit etwas Wortgewandtheit bieten folgende Portale Surfvergnügen: www.maisxadrez.com (Infos, Turnierhinweise u.v.m.), www.infoxadrez.com (Partien, Fernunterricht und aktuelle Ergebnisse), www.fpx.com.pt (portugiesischer Schachverband), www.axlisboa.pt (Schachverband von Lissabon), www.axp.pt (Schachverband von Porto) und http://luissantosxadrez.no.sapo.pt (Seite von IM Luís Santos).
Und zwischendurch eine Partie zocken ...
Aber vielleicht will man als Lissabon-Besucher mal einfach zwischendurch einige Partien in der pulsierenden Metropole am Fluss Tejo zocken. Dann ist das Schach- und Poolbillard-Café mit dem bezeichnenden deutschen Ausdruck "Zeitnot" eine gute Adresse. Man findet es in der Rua João Saraiva, No. 13 (2. Etage), 1700-248 Lisboa im Stadtteil Alvadade in der Nähe der gleichnamigen U-Bahnstation (mit landestypischen Öffnungszeiten wochentags 17.00 - 3.00 und am Wochenende 14.00 bis 4.00 Uhr bzw. im Internet unter www.zeitnot.pt). Aber taktisch beschlagen sollte man, damit unter der Sonne Portugals nichts anbrennt, schon sein ...
(erschien zuerst in Schachmagazin 64, Nr. 13 / 2004, S. 355-57)